Rottach-Egern.
Neben dem Platz gibt sich Florian Neuhaus noch zurückhaltend. Wenn da etwa Christoph Kramer und Fabian Johnson gemeinsam scherzen, sich mit Wasser aus der Eistonne nass spritzen, dann steht er nur daneben, fast etwas schüchtern.
Anders auf dem Platz. Da wird aus dem zurückhaltenden 21-Jährigen ein Draufgänger, der den Ball fordert, ihn verteilt, Zweikämpfe gewinnt. Auch deswegen zählt er zu den Gewinnern des Trainingslagers von Borussia Mönchengladbach. Spätestens hier am Tegernsee zeigt sich: Neuhaus kann eine der Überraschungen der kommenden Saison werden.
Erinnerungen an Luka Modric
Besonders anschaulich war das beim 2:1-Testspielsieg über den FC Augsburg. Da erinnerte Neuhaus mit seiner Übersicht fast schon an den kroatischen Weltklasse-Regisseur Luka Modric. Nur fand die Partie natürlich nicht auf der großen WM-Bühne statt, sondern auf dem Rasenplatz des bayerischen Kreisligisten FC Rottach-Egern. Also gemach.
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„Ich versuche, immer Gas zu geben“, meint die wieder zurückhaltende Version des Florian Neuhaus zwei Tage später im Mannschaftshotel. „Ich lasse mich einfach überraschen, was dabei rumkommt.“ Schon 2017 verpflichtete die Borussia den Mittelfeldspieler von 1860 München, verlieh ihn aber direkt an Fortuna Düsseldorf. Damit er Spielpraxis sammelt und auch durchs „Stahlbad 2. Bundesliga geht, wie es Neuhaus ausdrückt.
Garant für den Düsseldorfer Aufstieg
Bei der Fortuna reifte er zum Stammspieler. Er war nicht nur wegen seiner sechs Tore ein Garant für den Bundesliga-Aufstieg, weswegen sie ihn in Düsseldorf gerne behalten hätten. Nur zeigt der Bayer in Vorbereitung bislang, warum ihn auch die Gladbacher gerne wieder haben wollten.
„Bei Florian Neuhaus wussten wir, wer kommt. Er hat schon letztes Jahr in Düsseldorf gezeigt, was für ein guter Spieler er ist“, meint Trainer Dieter Hecking, der beim Gespräch über Neuhaus schon fast ins Schwärmen gerät. „Er gibt in jedem Training 100 Prozent. Wenn man die Laufwerte analysiert, ist er immer der, der mit Abstand am meisten läuft“, sagt Hecking. Hinzukomme ein sehr gutes Spielverständnis. „Er hat eine Duftmarke gesetzt in der kurzen Zeit.“
Ausgebildet wurde Neuhaus in der Jugend von 1860 München – wie viele andere Profis. Die Bender-Zwillinge Lars und Sven etwa. Oder Julian Weigl. Auch Kevin Volland hat bei 1860 gelernt. Doch da der Verein nur noch in der 3. Liga antritt, suchen die Talente irgendwann das Weite. Die Bundesliga-Klubs wiederum lassen ihre Scouts ganz bewusst am Trainingsgelände der Löwen nach den wechselwilligen Talenten suchen.
So entdeckte Gladbach auch Neuhaus. „Ich war beeindruckt, wie viel sie über mich wussten und seit wann sie mich beobachtet haben“, erzählt er. Deswegen war für ihn auch schnell klar, dass er einen Profi-Vertrag am Niederrhein unterschreiben wollte. „Ich habe jetzt nichts falsch gemacht, denke ich“, sagt Neuhaus.
Rückkehr nach Gladbach war abgesprochen
Auch der Umweg Fortuna Düsseldorf habe ihn weitergebracht. „Mit dem Aufstieg war die Saison natürlich perfekt. Im Nachhinein war die Leihe eigentlich das Beste, was mir passieren konnte“, erklärt er. Trotzdem sei ihm der Abschied von der Fortuna nicht schwergefallen. Denn: „Das war ja von Anfang an abgesprochen. Für mich war klar, dass ich nach der Spielzeit wieder bei Gladbach bin.“
Damit klingt Florian Neuhaus so abgeklärt, wie er sich auch auf dem Rasen gibt. Und diese Abgeklärtheit soll ihm nun dabei helfen, sich auf höchstem Niveau zu beweisen. „Der Fußball in der Bundesliga ist technischer und taktischer“, meint er, „aber das kommt mir ein Stück weit entgegen“. Auch die zurückhaltende Neuhaus-Version kann also selbstbewusst sein.