Pretoria.
Bei der WM 2010 in Südafrika geht der Trend zum bunten Nylon-Pflaster, das auch bei Bastian Schweinsteiger beim 0: 1 der deutschen Nationalmannschaft gegen Serbien im Nacken klebte. Die DFB-Kicker schwören auf Kinesio-Tape.
Es ist noch gar nicht so lange her, da schworen die Spitzensportler auf das Nasenpflaster. Nicht nur Deutschlands Vorzeigeturner Florian Hambüchen, sondern auch Rad- und Fußballprofis erhofften sich von von dem Klebestreifen auf dem Riechkolben eine verbesserte Sauerstoffzufuhr und somit eine leistungsfördende Wirkung, was aber von der Wissenschaft widerlegt wurde.
Bei der WM 2010 in Südafrika geht der Trend nun zu einem bunten Nylon-Pflaster, dass auch bei Bastian Schweinsteiger beim 0: 1 der deutschen Nationalmannschaft gegen Serbien im Nacken klebte. Lukas Podolski hatte im Training ebenfalls schon einen blauen Tape-Verband am linken Knie. Es handelte sich jeweils um ein Kinesio-Tape. Der in Japan entwickelte Wunderverband, der aus feingewebter Baumwolle besteht, fördert die Durchblutung, soll die Muskulatur lockern und gereizte Stellen am Körper schützen.
Schweinsteiger ist Fan
„Ich hatte mir beim Training den Nacken verrenkt. Deshalb habe ich das Tape getragen“, erklärte Schweinsteiger, warum er gegen Serbien auf das elastische Pflaster vertraut hat. Seit 2005 haben die bunten Verbände im Leistungssport Einzug gehalten.
„Die permanente Stimulation fördert die Durchblutung und die Selbstheilungsprozesse im Körper werden aktiviert. Schon nach wenigen Augenblicken tritt Linderung ein“, erläutert Dr. Karsten Kühl, Orthopäde und Sportmediziner aus Stade, die Methode.
Erfreulicher Nebeneffekt: Die Muskulatur ist belastbarer und der Sportler leistungsfähiger, daher gehen auch Fußballer in der Bundesliga und der Nationalmannschaft immer häufiger getapt auf den Platz. Uwe Eplinius, Physiotherapeut des Hamburger SV, erhält von Nationalspielern wie Marcell Jansen oder Piotr Trochowski durchweg positive Rückmeldungen. „Wir kombinieren das auch oft mit den klassischen, starren Verbänden“, so Eplinius.
Zwar würden die Tapes in erster Linie bei akuten Schmerzen und Schwellungen eingesetzt, aber viele Spieler würden sie mittlerweile auch prophylaktisch unter den Stutzen tragen: „Wenn die Spieler sich insgesamt besser und sicherer fühlen, sind sie leistungsfähiger.“
Unsere Handball-Weltmeister setzten 2007 im eigenen Land bereits auf die asiatischen Wunderstreifen. Die deutschen Spieler, aber auch Bundestrainer Heiner Brand vertrauten auf die blauen, roten und hautfarbenen Klebestreifen, die therapeutisch exakt positioniert werden: Im Nacken, auf dem Rücken oder an der Beinmuskulatur der Sportler.
Auch bei der Fußball-Europameisterschaft vor zwei Jahren in Österreich und der Schweiz vor allem bei den Olympischen Spielen in Peking sah man auffällig viele Sportler mit Kinesio Tape. Das Kinesio Tape verbindet die Erfahrungen traditioneller Heilverfahren mit den Mitteln modernster Textiltechnologie, es fördert die Durchblutung und soll die Muskulatur lockern.
Den Weg nach Europa schaffte das Kinesio Tape ausgerechnet durch einen niederländischen Profi: Alfred Nijhus, ehemaliger Bundesliga-Spieler von Borussia Dortmund und des MSV Duisburg, spielte zum Ende seiner Karriere in der japanischen Liga und kassierte dort 1996 einen dicken Pferdekuss.
Statt Massagen und Medikamenten verordnete Klub-Therapeut Kenzo Kaze seinem europäischen Patienten jedoch ein Tape. „Der Druck hat sofort nachgelassen und drei Tage später stand ich wieder auf dem Platz“, sagte Nijhus. (sid)