Ab Herbst übernimmt sie die deutschen Fußballfrauen. Grindel: „Martina ist mit ihrer Expertise und Persönlichkeit genau die Richtige“.
Essen/Frankfurt.
Hohe Ziele hatte Martina Voss-Tecklenburg schon immer. Als pfeilschnelle, technisch starke und vor allem bissige Außenstürmerin war die Fußballerin bereits in jungen Jahren ihrer Zeit stets voraus. 1983, mit 15 Jahren, stemmte Voss den DFB-Pokal in die Höhe. Zwei Jahre später auch den Meisterteller – als es noch keine Bundesliga gab, der Titel in einem Finale ausgespielt wurde und der kleine KBC Duisburg den gewichtigen FC Bayern München auf dem Trainingsrasen des MSV an der Westender Straße vor 7000 Zuschauern mit 1:0 besiegte.
Nichts für Prinzessinnen
„Fußball ist nichts für Prinzessinnen. Man muss sich durchsetzen und Schrammen aushalten können. Das gefällt mir“, sagte die damals 17-Jährige nach dem Triumph in Meiderich, in ihrer Jugendheimat. Das Streben nach hohen Zielen hat Martina Voss-Tecklenburg später zur Vizeweltmeisterin und Europameisterin gemacht. Aller Schrammen zum Trotz.
Ab Herbst nun lenkt die 50 Jahre alte gebürtige Duisburgerin als Bundestrainerin die deutschen Fußballfrauen. „Martina ist mit ihrer Expertise und Persönlichkeit genau die Richtige“, sagt DFB-Präsident Reinhard Grindel.
Diese Erkenntnis hatten sie an der Otto-Fleck-Schneise in Frankfurt vor zwei Jahren nicht, als die als Trainerin unerfahrene und später bei der EM 2017 gescheiterte Steffi Jones zur Nachfolgerin von Silvia Neid auserkoren wurde.
Streit kurz vor Olympia
Voss-Tecklenburg blieb außen vor. Ob da immer noch das abrupte Ende in der Nationalmannschaft kurz vor den Olympischen Spielen 2000 in Sydney eine Rolle gespielt hatte? Ein öffentlicher Streit mit ihrer Freundin Inka Grings, auch Teamkollegin in der Meisterschaftmannschaft des FCR Duisburg, kostete der damaligen Spielführerin ihre Karriere in der Nationalmannschaft – nach 125 Länderspielen.
Mit leichter Verspätung scheint für Voss die Zeit gekommen, das nächste hohe Ziel anzugehen. Vermutlich sogar das höchste, was sie als Trainerin erreichen kann. In Frankreich steht 2019 der WM-Titel auf dem Spiel – wenn sich denn die DFB-Auswahl unter Interims-Trainer Horst Hrubesch in den verbleibenden Partien Anfang September auf Island und auf den Färöer-Inseln mit Siegen qualifiziert.
Martina Voss-Tecklenburg will vor ihrem DFB-Engagement dies auch mit der Schweizer Auswahl schaffen, die sie seit 2012 immerhin zur WM und EM geführt hat. Spätestens nach den Play-offs im Herbst startet der Vertrag beim DFB, der mit dem EM-Turnier 2021 abschließt. Die Wolfsburger Co-Trainerin Britta Carlson (40), die schon Horst Hrubesch unterstützt, steht auch Voss zur Seite.
Aufsichtsrat bei Fortuna Düsseldorf
„Das Amt als Bundestrainerin ist für mich eine große Ehre, aber auch Verantwortung und gleichzeitig Verpflichtung“, sagt Voss-Tecklenburg, die seit 2009 mit dem Bauunternehmer Hermann Tecklenburg verheiratet ist. Ihr Vorteil: Sie kennt auch den Männerfußball, weiß sich durchzusetzen. 2003 arbeitete sie als Teammanagerin beim Oberligisten SV Straelen, gesponsert von Tecklenburgs Firma. Voss-Tecklenburg sitzt als gefragte kritische Stimme im Aufsichtsrat des Zweitliga-Spitzenreiters Fortuna Düsseldorf, ihre Tochter Dina arbeitet in der MSV-Geschäftsstelle.