Im WM-Viertelfinale trifft Deutschland am Samstag auf Japan. Nationalspielerin Linda Bresonik spricht über WM-Begeisterung, Medienrummel und ihren Versuch, das Privatleben abzuschotten.
Wolfsburg.
Die Sache mit der Motte muss natürlich geklärt werden. Mitten in der Frauenfußball-Weltmeisterschaft hat Linda Bresonik ihren ganz speziellen Ausgleichssport entdeckt. Die Außenverteidigerin des FCR 2001 Duisburg, die am Samstag um 20.45 Uhr (live im ZDF und im DerWesten-Ticker) mit der deutschen Nationalelf im Viertelfinale auf Japan trifft, ist neulich auf Mottenjagd gegangen.
Frau Bresonik, man hört, Sie seien ängstlich, wenn es um Insekten geht. Neulich sollen sie im Mannschaftshotel auf eine Motte gestoßen sein…
Linda Bresonik: Das war ein riesengroßes Ding. Die saß im Bad. Ich werde dann wirklich schnell hysterisch. Ich hoffe, die ist in Düsseldorf geblieben und nicht mit nach Wolfsburg umgezogen. Auf solche Begegnungen kann ich bei der WM gut verzichten.
Von Motten mal abgesehen: Wie fühlt sich so eine WM im eigenen Land an?
Bresonik: Für mich ist das Reizüberflutung pur. Man hatte vorher so seine Vorstellungen, aber die kommen nicht an das heran, was wir gerade erleben. Das ist alles viel intensiver als gedacht. Es beginnt mit den vollen Stadien, mit dieser Begeisterung. Und geht weiter mit dem Medienrummel. Das ist eine neue Dimension für uns.
Sie selber tauchen in den Schlagzeilen bislang nicht auf, obwohl sie im Team absolut unumstritten sind.
Bresonik: Damit habe ich gar kein Problem, im Gegenteil. Ich fühle mich mit meiner Rolle im Fußball und in der Nationalmannschaft sehr wohl. Mich zieht wenig in die Öffentlichkeit, ich muss auch nicht dauernd erkannt werden. Bis jetzt ist mir das sogar bei dieser WM ganz gut gelungen.
Anderen weniger. Birgit Prinz stand jetzt eine Woche lang im Mittelpunkt aller Debatten.
Bresonik: So etwas hat noch keine von uns vorher erlebt. Das hat sie sehr getroffen. Aber wissen Sie was?
Was?
Bresonik: Ich fand Birgits Auftritt vor der Presse am Donnerstag sehr beeindruckend. Wir haben uns das im Hotel am Fernseher angeschaut, und ich fand das richtig toll. Zuzugeben, dass man mit dem Druck nicht klar kommt, den man sich selber macht und der von außen gemacht wird. Für mich war das ganz stark und sehr authentisch. Ungelogen, ich habe vom Zusehen eine Gänsehaut bekommen.
Sie selber haben vor Jahren ähnliche Erfahrungen gemacht. Ihre privaten Beziehungen zu Ihrer Mitspielerin Inka Grings und später dann zum ehemaligen Fußball-Profi Holger Fach wurden kräftig ausgewalzt.
Bresonik: Das habe ich mir damals bestimmt nicht ausgesucht. Ich habe daraus bis heute zwei Konsequenzen gezogen: Ich stehe nicht mehr zu jedem Thema zum Interview zur Verfügung und überlege sehr genau, was ich aus meinem Privatleben preisgebe.
Abgehakt, lassen Sie uns über Fußball sprechen.
Bresonik: Prima. Sprechen wir über Japan.
Bitte sehr…
Bresonik: Das wird eine ganz schwere Geschichte. Ich merke, wie sehr es seit zwei, drei Tagen kribbelt. Vermutlich, weil es das erste K.o.-Spiel ist und das Turnier jetzt richtig los geht. Außerdem schätze ich Japan als Mannschaft unheimlich. Die spielen einen großartigen Fußball.
Sie wohnen wieder Tür an Tür in einem Hotel mit dem nächsten Gegner, mit den Japanerinnen…
Bresonik: Ja, komisch, nicht wahr? Das fand die Bundeskanzlerin auch, als sie uns in Wolfsburg besucht hat. Die konnte das gar nicht verstehen. Übrigens, das ist auch so etwas, was ich mit Reizüberflutung meinte. Da lernt man mal eben Frau Merkel kennen. Das ist doch der Knaller, oder?
Im Verein spielen Sie mit Kozue Ando zusammen. Am Samstag sind sie Gegnerinnen.
Bresonik: Und das, obwohl Kozue Geburtstag hat. Aber wir haben uns noch nicht getroffen, das Hotel ist ja groß. Und Geschenke gibt’s morgen auch nicht.
Kein Gedanke daran, dass es ja möglicherweise auch schief gehen könnte?
Bresonik: Das erste Alles-oder-nichts-Spiel gleich verlieren? Auf keinen Fall. Wir wollen immer mindestens ins Halbfinale, das werden wir auch hier schaffen.
Mit den USA und Brasilien treffen zwei der großen Favoriten schon im Viertelfinale aufeinander. Prima?
Bresonik: Na klar. Wir haben uns hier in Wolfsburg den Sieg der Schwedinnen gegen die Amerikanerinnen angeschaut, vielleicht treffen wir ja im Halbfinale auf Schweden. Die waren eine Halbzeit lang großartig, dann sind sie konditionell ein wenig eingebrochen. Das ist trotzdem eine gute Mannschaft. Aber wenn ich mir schon aussuchen kann, ob ich lieber gegen Schweden oder die USA spiele, dann sage ich: Schweden. Für mich bleiben die USA ein Titelkandidat.
Diese WM hat ja einen eigenartigen Rhythmus. Die deutschen Spiele beginnen sehr spät, trainiert wird am frühen Abend, fast jeder Vormittag ist frei. Haben Sie nicht schon zu viel Zeit, um sich einen Kopf um die WM zu machen?
Bresonik: Schwierige Frage. Man muss lernen, abzuschalten.
Wie?
Bresonik: Das macht jede, wie sie möchte. Ich habe ein Laptop dabei, schaue schon mal eine Serie an. Bevor Sie fragen: Im Moment ist es „Gossip Girl“.
Wir haben tierisch begonnen, wir hören tierisch auf. Sie haben mal erzählt, sich nach dem Fußball selbstständig machen zu wollen, vielleicht sogar mit einem Hundesalon. Wer kümmert sich denn um Ihren Hovawart, wenn Frauchen die WM spielt?
Bresonik: Keine Sorge, Emma geht’s gut. Die ist bei meinem Opa in besten Händen.