Malik Fathis Weg von der Nationalelf in die Arbeitslosigkeit
Malik Fathi spielte für Deutschland unter Jogi Löw, jetzt ist er arbeitslos. Kriegt er bis Ende Januar keinen neuen Vertrag, endet seine Karriere.
Berlin.
Malik Fathi kommt zu Fuß. Er hat es nicht weit von seiner Wohnung zum Bahnhof Zoo. Ein Gespräch über das Leben als Arbeitsloser? Der gebürtige Berliner hat zunächst gezögert, ob er seine Geschichte erzählen will, wie er vom einstigen Nationalspieler unter Bundestrainer Joachim Löw zum prominentesten Fußball-Profi wurde, der auf der Suche nach einem neuen Klub ist. Fathi will nicht den Eindruck eines verzweifelten Bittstellers machen. Und als er dann in einem Berliner Café über seine Stationen bei Hertha BSC Berlin, Spartak Moskau, Mainz 05, Kayserispor und 1860 München spricht, wirkt er ebenso entschlossen wie realistisch, ebenso hoffnungsvoll wie selbstkritisch.
Malik Fathi ist kein Träumer. Seit dem Sommer steht er auf der Straße. Und Fathi weiß, wer mit 31 Jahren monatelang als Fußball-Profi ohne Vertrag ist, der hat es schwer, auf das Wechselkarussell aufzuspringen.
Fathi, der Berliner Junge, wurde direkt nach dem Abitur bei Hertha BSC Profi. Als Junior spielte er insgesamt 40 Mal für Deutschland, und 2006 machte er als Linksverteidiger sogar zwei A-Länderspiele unter Bundestrainer Joachim Löw. Es ist nicht einfach für ihn, mit seiner aktuellen Lage umzugehen. „Ich bin angepiekst und ein wenig traurig über meine Situation“, sagt er. „Aber ich hoffe, bis zum 31. Januar bei einem Klub einen Vertrag zu unterschreiben.“
Der 31. Januar markiert im übertragenen Sinne das Verfallsdatum des Fußball-Profis Malik Fathi. „Wenn ich bis dahin nichts gefunden habe, dann werde ich meine Karriere beenden“, erklärt er. Auch arbeitslose Profis dürfen nämlich nach Abschluss der Winter-Transferperiode Ende Januar nicht mehr verpflichtet werden. Und im nächsten Sommer hätte er dann endgültig keine Chance mehr. „Mein Alter von 31 Jahren wirkt ein wenig abschreckend auf die Vereine, zumal ich zuletzt nicht gespielt habe“, weiß er. Bei den Amateuren von Hertha BSC trainiert er voll mit.
Fathi hat in Moskau sogar Russisch gelernt
„Es ist ein Wechsel zwischen Hoffnung und Frust“, sagt er. „Ich merke im Training, dass ich topfit und gut genug für den Profifußball bin. Ich bin heißer denn je. So will ich nicht abtreten. Es ist auch eine Frage des Stolzes. Die meisten wollen das nicht zugeben, ich tue es.“
[kein Linktext vorhanden]Und so müht er sich gemeinsam mit seinem Berater, dem Essener Rechtsanwalt Ralf Bockstedte, einen Verein zu finden. Gespräche haben sie etliche geführt, aber vor einem Vertragsabschluss stehen sie noch nicht. Fathi ist offen für alles. „Ich bin ein Pragmatiker. Ich sage nicht, für mich kommt nur die erste Liga in Frage oder ich will eine bestimmte Summe X verdienen“, erzählt er. „Ich gehe nicht überall hin, aber das Wichtigste ist, ich komme zurück in den Profifußball.“
Fathi hat viel erlebt. Er gehörte zwar nicht zu Herthas Wedding-Gang um Kevin-Prince Boateng, doch Berlin ist seine Stadt, dort ist er geboren, dort lebt er und dorthin wird er auch nach einem eventuellen Wechsel zurückkehren. 4,5 Millionen Euro zahlte Spartak Moskau im Sommer 2008 für Fathi. Das Gehalt stimmte, die Champions League lockte, und Fathi wollte Neues erleben: „Moskau ist eine verrückte Stadt. Ich bin ein Typ, der sich der Kultur annimmt. Ich habe auch Russisch gelernt.“
2006 träumte Fathi von der Nationalelf
Doch dann geriet die Laufbahn des Malik Fathi ins Stocken. Von Moskau ging er zu Mainz 05, von Mainz wurde er erst zum türkischen Erstligisten Kayserispor, dann zu München 1860 ausgeliehen. In der Türkei wollte er Kultur und Sprache seines Vaters kennen lernen. „In der Türkei war ich der Deutsche, weil ich kein Türkisch konnte“, sinniert er. „Vielleicht hätte ich nicht so viel wechseln dürfen. Dieses Hin und Her war nicht optimal, zumal ich immer ein solider Spieler war. Ich war nie der Überflieger oder einer, der ganz unten war.“
2006 durfte er noch von einer großen Karriere in der Nationalelf träumen. Aber mehr als zweimal ließ ihn Löw dann nicht spielen. Als Deutschland im Sommer Weltmeister wurde, hat er sich mit seinen Ex-Kollegen gefreut, aber keine Wehmut gespürt. Es sei krass, auf welcher Erfolgswelle sie geschwommen seien. „Klar, es wäre toll gewesen, auch so große Erfolge gefeiert zu haben“, erzählt er. „Ich kann jedoch nicht sagen, wir sind gleich gut, wenn die einen Weltmeister geworden sind, während ich einen Verein suche.“
Weihnachtswunsch für Fathi ist ein neuer Klub
Im Moment erhält er 2000 Euro pro Monat Arbeitslosengeld. Sein sehnlicher Wunsch, der Weg zurück in den Profifußball, ist keine Frage der Finanzen. Er könne zwar nicht den Rest seines Lebens den Larry machen, doch habe er in seiner Karriere gutes Geld verdient, gibt er zu. Das Positivste an der Zeit ohne Job sei die Zeit, die er im Moment für seine Frau und seinen gerade geborenen Sohn habe. In Anlehnung eines DGB-Slogans aus dem Jahr 1956 zur Einführung der Fünf-Tage-Woche könnte man seine aktuelle Situation so beschreiben: „Am Samstag gehört Fathi uns.“ Der Familienmensch Malik Fathi wünscht sich trotzdem zu Weihnachten, dass er als Fußballer noch einmal in den Besitz eines Profiklubs gehen wird.