Wattenscheid.
Am Tag nach der niederschmetternden Nachricht aus Hamburg verformte sich das, was zunächst zwischen den Zeilen nur spekulativ anzunehmen war, zu deutlich lesbaren Lettern. Dem in der Gesamtheit ihrer Bedeutung höchst dramatischen Rücktritten zweier Aufsichtsrats-Mitglieder der SG Wattenscheid 09 sowie dem Rückzug des Hamburger Technologie-Startups Haalo aus der vereinbarten Kooperation ist offensichtlich ein massiver Streit in der Vereinsführung vorausgegangen.
Das belegen unter anderem interne Mails und Kommunikations-Mitschnitte, die dieser Redaktion vorliegen. Daraus ist zu lesen, dass Oguzhan Can, der Aufsichtsratsvorsitzende des Vereins, Christof Wieschemann zum Rücktritt aus dem Gremium drängen wollte. Später soll er auch Lukas Bennemann, der zeitgleich mit Wieschemann die SGW verlassen hat, in diese Forderung eingeschlossen haben.
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Peter Jaeger fällt ein vernichtendes Urteil
Am Mittwoch hatte sich Haalo-Geschäftsführer Peter Jaeger in einer Pressemitteilung zitieren lassen. Die Grundlagen der Kooperation mit der SG Wattenscheid seien irreversibel erschüttert – zu dieser Erkenntnis sei der ehemalige Microsoft-Manager nach gründlicher Recherche der Gründe für die Rücktritte gekommen. Etwas mehr als zwei Monate nach der feierlichen Bekanntgabe einer mit ambitionierten Zielen gestarteten Zusammenarbeit fällte Jaeger damit ein ganz und gar vernichtendes Urteil für die Verantwortlichen des Regionalligisten.
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Das Chaos, das seine Worte stark verklausuliert andeuten, hat den Geschäftsführer des Startups zu einem drastischen Schritt gezwungen. Schließlich waren die Rücktritte für die Kooperation maßgeblich: Wieschemann und Haalo-Gesellschafter Bennemann waren maßgeblich an dem Zusammenschluss beteiligt.
Verbindlichkeiten plagen den Club
Rechtsanwalt Wieschemann bedauert den Rückzug des Unternehmens, mit dessen Hilfe die SGW eigentlich zu einem finanzstarken Club werden sollte. „Ich war von der Zusammenarbeit überzeugt, weil sie dem Verein große Möglichkeiten geboten hat“, erklärt der Jurist im Gespräch mit dieser Redaktion und betont zusätzlich: „Die Verantwortlichen des Unternehmens haben keinen beherrschenden Ansatz verfolgt.“ Genau darauf habe er Wert gelegt. Ein Verein, so Wieschemann, sei nur dann ordentlich zu führen, wenn er „strukturell und finanziell unabhängig“ ist. Mit diesem Anspruch begründet er auch seinen Rücktritt: „Ich habe erkennen müssen, dass es mir nicht mehr möglich war, diesem Ziel im Aufsichtsrat Geltung zu verschaffen.“
Das kann nur heißen: Wegen der nach dem Haalo-Rückzug verhinderten großen Einnahmequelle ist der Verein nun finanziell wieder von Oguzhan Can abhängig. Das soll sich ändern. „Derzeit eruieren wir andere Finanzierungsmöglichkeiten“, erklärt der SGW-Boss und bittet um Geduld: „Zum jetzigen Zeitpunkt können wir dazu noch keine Angaben machen.“
Verein zweifelt Kündigung des Vertrages durch Haalo an
Am Abend eskalierte der Verein den Disput dann aber nocheinmal und teilte in einer Pressemitteilung mit, dass der Vertrag mit Haalo aus Wattenscheider Sicht weiter Bestand habe. “ Es besteht ein rechtsgültiger Gesellschaftervertrag, dessen einseitige Kündigung nicht möglich ist.“ Der Verein prüfe den Sachverhalt, heißt es wolkig weiter und sei an einer „einvernehmlichen Lösung“ interessiert.
Offenbar drängt die Zeit: Wie aus dem internen Schriftverkehr hervorgeht, plagen den Regionalligisten fällige Verbindlichkeiten. Can beschwichtigt: „Es sieht zwar nicht so aus, aber ich habe alles im Griff.“