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Di Matteo und Schalke – Protokoll eines Missverständnisses

Di Matteo und Schalke – Protokoll eines Missverständnisses

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Foto: Getty
Wie Roberto Di Matteo in seinen acht Monaten auf Schalke wenig einlöst und scheitert. Heldt nimmt die Verantwortung auf sich, betont aber: „Ich habe ihn nicht falsch eingeschätzt.“

Gelsenkirchen. 

Als Schalke 04 im vergangenen Oktober Roberto Di Matteo verpflichtet hatte, glaubte der Klub, den perfekten Trainer für die Zukunft gefunden zu haben. „Roberto hat eine Spielphilosophie, steht für Disziplin und weiß mit Stars umzugehen“, schwärmte Manager Horst Heldt damals. Und Vereinschef Clemens Tönnies betonte gar, dass er sich persönlich von den Qualitäten Di Matteos überzeugt habe: „Er ist ein Spitzentrainer.“

Auch diese Redaktion schrieb nach der Präsentation von Di Matteo: „Es hat auf Schalke selten einen neuen Trainer gegeben, der so gut vorbereitet und zugleich so einnehmend und bestimmt wirkte.“ Und in einer anderen Zeitung wurde Di Matteos Verpflichtung damals sogar als der für die Bundesliga „größte Coup seit der Unterschrift von Pep Guardiola beim FC Bayern“ gefeiert.

Heute, keine acht Monate später, ist Roberto Di Matteo auf Schalke schon wieder Geschichte. Am Dienstag bestätigte der Klub die Trennung von dem 44 Jahre alten Italiener. Das Protokoll eines ganz großen Missverständnisses.

In Wahrheit griff Di Matteo nie durch

Roberto Di Matteo ist ein Mann der leisen Töne, schon nach seiner ersten Trainingseinheit haben wir ihn als „Flüster-Trainer“ bezeichnet. Den Verantwortlichen hatte bei den Vorstellungsgesprächen jedoch sein klares Auftreten imponiert, das in dem Satz gipfelte: „In der Kabine kann es nur einen Boss geben.“

Doch in Wahrheit griff er nie durch – auch nach schlechten Leistungen fuhr er niemals aus der Haut und erweckte so den Eindruck, Konflikten lieber aus dem Weg zu gehen. Vielleicht wollte er schwierige Charaktere so bei Laune halten, doch Disziplin und Leistungsbereitschaft konnte er der Mannschaft nicht vermitteln. Bei einem Typen wie Kevin-Prince Boateng griff er viel zu spät durch – in der Zwischenzeit hatte Max Meyer, der sich wochenlang klein gehalten fühlen musste, längst sein Selbstvertrauen verloren.

Anfangs hatte man geglaubt, die besonnene Art von Di Matteo könnte im ständig aufgeregten Schalker Umfeld eine beruhigende Wirkung haben. Doch auch das war ein Trugschluss, weil es Di Matteo total verpasste, Begeisterung und Emotionen zu entfachen. Schalke spielte so leidenschaftslos, wie es der Trainer vorlebte.

Nur ein taktischer Akzent

Der Italiener setzte lieber auf Taktik, aber auch da war er nicht das erhoffte Genie. Nur mit seiner Umstellung auf das 3-5-2-System setzte er im November einen Akzent. Damit spielte Schalke zwar nicht attraktiv, aber eine Zeit lang wenigstens effektiv. Im Frühjahr kehrte er zum 4-2-3-1 zurück, hatte damit aber überhaupt keinen Erfolg mehr.

Ein genauer Zeitpunkt, wann es für Di Matteo und Schalke aus dem Ruder lief, ist schwer auszumachen. WAZ-Leser Norbert Borchert aus Gelsenkirchen schrieb schon Ende November nach der 0:5-Demütigung gegen den FC Chelsea in einem von uns veröffentlichten Brief an die Redaktion: „Ich kann Ihnen jetzt schon mein Fazit sagen: Di Matteo wird sich auf Schalke als ganz großer Flop entpuppen.“

Schalke hatte da noch volles Vertrauen in Di Matteo, dessen größter Erfolg der Sieg mit dem FC Chelsea in der Champions League im Jahr 2012 war. Auch von diesem Triumph mag man sich bei der Verpflichtung blenden gelassen haben, doch auf Schalke führen andere Wege zum Erfolg als bei Chelsea. Am Dienstag konstatierte Horst Heldt, dass sich im Laufe der Monate das Bild von einer gemeinsamen Zukunft, das man sich anfangs gemacht habe, verändert habe. „Ich bin überzeugt, dass ich ihn nicht falsch eingeschätzt habe“, sagte der Manager zwar, aber er räumte vor allem ein: „Es war ein Missverständnis, das ich zu verantworten habe.“