Zu den zahlreichen Abgängen in diesem Sommer beim FC Schalke 04 gehörte auch Nassim Boujellab. Dabei wäre das einstige Talent aus der Knappenschmiede sehr gerne bei den Königsblauen geblieben.
Im Exklusiv-Interview mit DER WESTEN verrät Boujellab, wie es zu seinem bitteren Abschied beim FC Schalke 04 kam. Zudem freut er sich auf seine neue Aufgabe bei Arminia Bielefeld und träumt dabei auch von der Bundesliga.
FC Schalke 04: Ex-Talent Boujellab im Exklusiv-Interview
Sein Vertrag beim FC Schalke 04 ist abgelaufen, aber allzu lange musste Nassim Boujellab nicht nach einem neuen Verein suchen. Beim Zweitliga-Absteiger Arminia Bielefeld will der Marokkaner jetzt endlich durchstarten. Warum er ausgerechnet die Ostwestfalen ausgewählt hat, wie schmerzhaft der Abschied aus Gelsenkirchen war und welche zwei S04-Legenden er besonders vermissen wird, verrät der 24-Jährige im DER WESTEN-Interview.
Nassim, du hast dich Arminia Bielefeld angeschlossen. Was sind deine Ziele mit dem Drittligisten?
Boujellab: „Ich habe hohe Ziele. Auch wenn es sehr früh ist, das zu sagen, bin ich sehr davon überzeugt, dass wir Großes schaffen können. Wir haben den richtigen Trainer an unserer Seite, der den richtigen Fußball spielt und uns bisher sehr gut auf die 3. Liga vorbereitet. Ich glaube, jeder weiß auch, dass Bielefeld nicht dahin gehört, wo Bielefeld aktuell ist. Wir sind alle sehr ehrgeizig. Durch die harte Arbeit wird sich dann zeigen, wo es uns hinführt.“
Warum genau Arminia Bielefeld? Hattest du noch Angebote von anderen Klubs?
„Ich hätte in die 2. Liga gehen können. Aber ich bin ehrlich: Das Ziel von mir und meinem Berater war nicht, dass ich jetzt auf Krampf in die 2. Liga komme. Ich wollte einen Neustart. Mir war es wichtig, einen Verein zu finden, der mir Vertrauen gibt und von mir überzeugt ist. Die Gespräche mit Mitch Kniat [Anm. d. Red. Trainer von Arminia Bielefeld] und Michael Mutzel [Anm. d. Red. Sport-Geschäftsführer] haben mir dann klar gezeigt: Hier möchte ich hin.
Du hattest jetzt knapp sechs Monate kein richtiges Mannschaftstraining mehr. Bist du bei Bielefeld gut eingestiegen?
„Ich hatte natürlich Trainingseinheiten bei der 2. Mannschaft von Schalke. Etwas mehr als sieben Monate war ich ohne Spielpraxis, habe jetzt am vergangenen Wochenende mein erstes Testspiel für die Arminia absolviert. Da habe ich gemerkt, wie wichtig Spielpraxis ist. Ich brauche auf jeden Fall die Vorbereitung, um dahin zu kommen, wo ich mich selbst sehe.“
Wie ist der erste Eindruck von deinem neuen Team und von deinem Trainer?
„Dafür, dass die komplette Mannschaft fast neu ist, ist es wirklich überragend. Wir verstehen uns sehr gut, wir kommen alle gut miteinander klar. Das Trainingslager wird dann nochmal sehr wichtig für uns sein. Der erste Eindruck ist echt super. Die Jungs sind alle super, tolle Charaktere. Ich bin überzeugt, dass wir viel leisten können.“
Hinter dir liegen aufregende Monate, gar zwei sehr ereignisreiche Jahre. Nach deiner Leihe in Helsinki bist du sicherlich mit viel Hoffnung zurück zum FC Schalke gekommen. Wie bitter war es dann für dich, als Cheftrainer Thomas Reis dir sagte, dass er ohne dich plane?
„Tatsächlich kam die Nachricht, dass ich nicht mehr bei den Profis trainieren soll, nicht von Thomas Reis, sondern vom Vorstand. Natürlich war das schade für mich und meine Familie. Ich habe dann bis zuletzt in der zweiten Mannschaft trainiert. Zu dem Zeitpunkt war meine Frau hochschwanger. Wir haben Gott sei Dank ein gesundes Kind bekommen, aber das war schon die ganze Zeit im Hinterkopf. Ich habe mir dann viele Gedanken gemacht und bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich einen Neustart im Leben brauche.“
Du kamst zu einem Zeitpunkt zurück, als Schalke schon fast sang- und klanglos abgestiegen war. Da hättest du sicherlich gerne mithelfen wollen, oder?
„Auf jeden Fall. Ich glaube, jeder der mich kennt, weiß, dass ich Schalke wirklich sehr in mein Herz geschlossen habe. Ich bin diesem Verein auch sehr dankbar für alles. Da ging es mir auch nicht um das Finanzielle. Hätte ich die Chance bekommen, dann hätte ich alles für den Verein getan. Deshalb war ich dann sehr enttäuscht, wie alles abgelaufen ist.“
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Du warst knapp neun Jahre bei S04 unter Vertrag. Was waren deine schönsten Momente im königsblauen Trikot und woran blickst du ungern zurück?
„Die schönsten Momente für mich waren, als ich damals noch in der 2. Mannschaft war. Damals wollte ich zum VfL Bochum wechseln, wo Thomas Reis noch Trainer war. Dank Gerald Asamoah habe ich mich aber dann für einen Verbleib entschieden. Er hat mich dazu motiviert. Ich habe auf ihn gehört und habe dann eine tolle Saison in der Reservemannschaft gespielt. Dann wurde ich schnell hochgezogen. Das ging alles so schnell, dass ich mich an kaum etwas erinnere (lacht). Dann war mein erstes Heimspiel gegen Hannover. Ein paar Tage später stand ich dann gegen Werder Bremen im DFB-Pokal in der Startelf. Es gibt definitiv mehrere schöne Momente, die ich niemals vergessen werde. Worauf ich nicht so gerne zurückblicke, war natürlich der Abstieg vor zwei Jahren.“
Zwei Personen, die dir in Gelsenkirchen immer unter die Arme gegriffen haben, waren Gerald Asamoah, den du gerade schon genannt hast, und Mike Büskens. Wie sehr wirst du die beiden vermissen und hoffst du, weiterhin in Kontakt mit ihnen zu bleiben?
„Der Kontakt wird definitiv für eine lange Zeit bleiben – wenn nicht sogar für immer. Beide wissen, dass ich ihnen sehr dankbar bin. Sie haben mir den Schritt zu den Profis einfacher gemacht, in dem sie mich auch ein bisschen zurückgehalten habe, damit ich nicht überfliege.“
Büskens und Asamoah werden von vielen Talenten immer wieder gelobt. Das ist schon wichtig, dass diese zwei Legenden weiterhin im Verein beschäftigt sind.
„Definitiv. Vor allem für die jungen Spieler, die dann hochkommen. Ich kann von meiner eigenen Erfahrung sagen, dass „Buyo“ und „Asa“ diese Talente im Griff haben werden. Sie kümmern sich um dich, sagen dir, dass du es schätzen solltest, was du gerade für eine Chance bekommst. Beide haben in ihren Karrieren sehr viel durchgemacht und wissen das am besten.“
Gab es in den vergangenen Monaten, vielleicht sogar Jahren, einen Moment, wo du selbst gezweifelt hast, ob der Traum von der Profikarriere weitergeht? Schließlich stand dein Name oft in den Schlagzeilen und das leider nicht immer positiv.
„Das meine ich. Das ist leider auch das Problem, das du im Profifußball und in der Gesellschaft so ein bisschen mit dir trägst. Jeder Mensch macht Fehler in seinem Leben. Ich sage auf keinen Fall, dass das richtig war, was ich in Ingolstadt gemacht habe. Ob es bewusst war oder nicht: Das macht man einfach nicht. Dass man dann aber deswegen so verurteilt wird, ist schon hart. Das sind aber Erfahrungen, die man mitmacht im Leben. Deswegen bin ich dem Trainerteam in Bielefeld so dankbar, dass sie mir das Vertrauen geben, weil sie sportlich von mir so überzeugt sind. Sie wissen ganz genau, dass ich nicht so ein Typ bin, wie ich eingeschätzt werde. Es ist sehr schade, dass Leute so von mir denken. Umso besser ist es für mich, dann auf dem Platz zeigen zu können, was ich draufhabe.“
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Noch zum Abschluss: Wenn man den Lieblingsverein verlassen muss, heißt es ja noch lange nicht, dass man nicht zurückkehren kann. Ist es dein Traum, irgendwann wieder für S04 aufzulaufen?
„Langfristig kann ich mir das sicher vorstellen. Mein Traum ist es auch, irgendwann einmal wieder in der Bundesliga spielen zu können. Aber jetzt konzentriere ich mich auf meine Aufgabe in Bielefeld mit meinen neuen Mannschaftskollegen. Wenn wir erfolgreich spielen, wird die Zukunft zeigen, wo unsere Reise hingeht.“