Seit Jahren steht Katar wegen Menschenrechtsverletzungen und seines autokratischen Systems in der Kritik. Medienberichten zufolge sollen tausende Arbeiter beim Bau von Stadien für die WM 2022 gestorben sein.
Kurz vor dem Start der WM 2022 ist die Kritik noch heftiger geworden. Denn eine skandalöse Aussage des katarischen WM-2022-Botschafters Khalid Salman sorgte für Aufruhr bei den Menschen in Deutschland und weltweit. Homosexualität sei „haram“, also eine Sünde, und ein „geistiger Schaden“, sagte er.
Und nicht nur von außen wird der Golfstaat kritisiert, sondern auch von innen. Ein Katari offenbart sich gegenüber der Redaktion und verrät uns, warum er sich als Einheimischer inzwischen für sein Land schämt.
WM 2022: Katari packt aus – „Ich schäme mich“
Der Mann will seinen Namen nicht verraten, denn er lebt in einem Land, in dem Kritik an Staatsoberhäuptern und Regierung lebensgefährlich sein kann. Seine Familie lebt seit mehreren Generationen in Doha, der Hauptstadt von Katar, erzählt er. In dieser Zeit habe er den Aufstieg des Landes erlebt und gefeiert.
Dass Katar die WM ausrichtet, sieht er auch immer noch als einen Meilenstein in der Modernisierung des Landes. Doch inzwischen hegt er starke Zweifel, wie er erzählt. „Ich hatte mich am Anfang sehr gefreut, dass wir die WM 2022 organisieren werden. Dadurch hätten wir unsere Kultur und unser Land schön der Welt präsentieren können. Doch vieles ist inzwischen schief gelaufen. Katar wird nun nicht mehr als ein fortschrittliches Land gesehen, sondern als ein Land, das mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht wird“, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion.
WM 2022: Katari schämt sich über Aussagen von WM-Botschafter
Ob in Katar tatsächlich Menschenrechte missbraucht wurden und werden, will er nicht bestätigen – aus Angst vor Vergeltung. Aber er macht immer wieder Andeutungen: „Sowas kann in einem arabischen Land leicht passieren“, meint er.
Die Aussage des katarischen WM-Botschafters Khalid Salman sieht er als „großen Fehler“. Dass danach kein offizielles Statement oder eine Entschuldigung folgten, hat für ihn das Problem nur verschlimmert. „Ich schäme mich für diese Aussage. Wir haben uns inzwischen modernisiert. Der Islam entstand als eine der Weltreligionen vor mehr als tausend Jahren und passt nicht mehr ganz in die heutige Zeit“, erzählt er im Gespräch mit der Redaktion.
Offiziell heißt es, alle Menschen seien in Katar willkommen, egal welcher Religion sie folgen. Dass das nicht nur leere Versprechungen sind, hofft auch der Katari, der sich unserer Redaktion offenbart. Denn mit ihm gibt es etliche Einheimische, die Aussagen wie die des Botschafters Salman nicht teilen.
Mehr Themen:
Ob in Katar wirklich jeder willkommen ist, wird sich bald zeigen. Am 20. November beginnt dort die Fußball-Weltmeisterschaft.