Der FCR 2001 Duisburg will die drohende Insolvenz vermeiden. Dazu muss er sich entweder dem MSV Duisburg oder dem VfB Homberg anschließen. Jennifer Oster hat mit dem FCR Duisburg den DFB-Pokal und den UEFA-Cup gewonnen. Sie hält dem Verein auch jetzt die Treue.
Duisburg.
Andere würden jetzt vielleicht pikiert reagieren, aber Jennifer Oster ist nicht der Typ dafür. Jemand hat mal über die Mittelfeldspielerin des FCR 2001 Duisburg gesagt, sie sei vielleicht die beste Fußballerin in der Frauen-Bundesliga, die es nie zur deutschen Meisterschaft gebracht hat. An der Stelle lächelt Jennifer Oster: „Das kann schon sein.“
Es hat halt nie ganz gereicht in Duisburg. Jahrelang war der Verein dicht dran am Titel, aber am Ende lag immer einer der beiden großen Frauen-Klubs aus Frankfurt oder Potsdam vorn. Ein Wechsel? Jennifer Oster winkt ab, sie spielt seit zehn Jahren in Duisburg, ganz bewusst. Es hat wohl etwas mit Heimat zu tun. Sie hat die guten Zeiten mitgenommen, den DFB- und den Uefa-Pokal gewonnen, immerhin. Und nun akzeptiert sie die schlechten Zeiten: Ihr Verein kämpft ums Überleben. Auf dem Platz wird man das schon in den Griff bekommen, die Geschichte neben dem Platz ist eine andere, ist die heiklere. Aber eine Kapitänin geht nicht von Bord. Jetzt nicht, gerade jetzt nicht.
2011 schien alles machbar
Vielleicht ist dieser Verein typisch für den Frauenfußball, für seine Probleme, seine Fehler, aber auch seine liebenswerten Seiten. Während der WM 2011 im eigenen Land hatten alle auf den Boom gehofft. Über 15 Millionen Menschen saßen damals vor den Fernsehern und sahen der Nationalelf zu. Der FCR 2001 stellte sechs Spielerinnen, mehr als jeder andere Verein. Alles schien machbar.
Wer heute zum FCR 2001 möchte, muss in den Duisburger Süden fahren, dorthin, wo er am wenigsten nach Süden aussieht. Die Zufahrt zum Vereinsgelände ist schnell verpasst, das größere Schild weist auf die Duisburger Betriebssportler hin, man teilt sich die Anlage. Zwei Container bilden die FCR-Geschäftsstelle, alles wirkt ein wenig provisorisch, ein wenig unfertig. Aber man würde den paar Frauen und Männern Unrecht tun, die in ihrer Freizeit den Karren überhaupt noch ziehen. Vergnügungssteuerpflichtig ist das alles nicht. Nicht mehr.
Oster war immer mit dabei
Der FCR war mal eine der drei, vier besten Adressen im Frauenfußball, Martina Voss hat für den Verein gespielt, Inka Grings, Linda Bresonik, Simone Laudehr. Und immer war Jennifer Oster dabei. Früher, sagt sie, konnte sie sich schon mal auf dem Platz verstecken. „Heute muss ich die Küken führen.“ Jennifer Oster ist 27.
Der Aufschwung nach der WM 2011 kam nicht, und der FCR musste auch deshalb büßen. Ein bisschen hat der Verein über seine Verhältnisse gelebt, entscheidender war wohl, dass der Hauptsponsor seine Gelder um die Hälfte gekürzt hat. Das reicht im Frauenfußball, um auf den Abgrund zuzuschlittern. Inzwischen ist der Konkursverwalter am Werk, von Vereinsseite darf niemand etwas sagen. Es ist nicht mit dem Geld geprasst worden, dazu war nie genug da. Es geht wohl um eine Schuldenlast von 300 000 Euro. Damit lässt sich bei den Männern nicht mal mehr ein einziger Durchschnitts-Profi finanzieren. Für den FCR 2001 bedeutet sie jedoch möglicherweise das Aus.
Die Stadt hat den Verein gerettet – vorerst
Es wäre schon zu Ende gewesen, wäre die Stadt nicht vor der Saison mit 200 000 Euro eingesprungen. Deshalb kann der Verein weiter spielen, der Etat für die laufende Saison liegt bei gut 580 000 Euro. Nicht für die Mannschaft, für den gesamten Verein. Man hat sie mühsam zusammen gekratzt, aber das Geld reicht gerade einmal für das Nötigste. Schulden abtragen? Wovon? Die Renovierung einer Wohnung für eine neue Spielerin übernahm ein Fan-Klub. Das Essen an den Spieltagen liefern ebenfalls die Fans.
In dieses Korsett eingezwängt, kämpft der FCR ums Überleben. Eine Chance bleibt, die letzte: Alle Mannschaften, auch die Bundesliga-Damen, gehen in einen anderen Verein über und fangen dort schuldenfrei an. Der VfB Homberg und der MSV Duisburg haben Interesse, Gespräche laufen. Spielt man in der Rückrunde nicht als VfB oder MSV, droht das Aus.
20 000 in der MSV-Arena
Jennifer Oster wird auch diesen Wechsel mitmachen, Duisburg ist Duisburg. Ach ja, absteigen darf man natürlich auch nicht. Die Saison ist zwei Spieltage alt, der FCR hat einen Sieg und eine Niederlage eingefahren. Geht es so weiter, reicht es. „Wir packen das“, sagt Jennifer Oster, die Kapitänin.
Der Absturz ist manchmal schwer zu fassen, auch für sie. 2009 spielte der FCR auf dem Weg zum Gewinn des Uefa-Pokal sogar mal in der MSV-Arena vor über 20 000. „Ein Wahnsinnsjahr“, nickt Oster. Aber geblieben ist nichts Zählbares, nur die Erinnerung. Zu einem Titel wird es in Duisburg so schnell nicht mehr reichen. Aber in schlechten Zeiten zu überleben: Auch das ist eine Meisterschaft.