Abass Baraou mischt das Amateurboxen auf. Der 20-jährige Oberhausener ist Deutscher Meister im Weltergewicht und peilt Olympia in Rio an. Eine Teilnahme würde dem ehrgeizigen Boxer aber nicht reichen: „Wenn ich an einem Turnier teilnehme, will ich gewinnen.“
Oberhausen.
Abass Baraou trägt Kappe. Das machen viele in seinem Alter. Doch als der 20-Jährige sich an den Tisch im Café setzt, nimmt er sie ab. Aus Anstand, aus Höflichkeit. Nett ist Baraou aber nur privat. In seinem Sport teilt er heftig aus. Im Oktober wurde der Oberhausener Amateurboxer Deutscher Meister im Weltergewicht, seit November steigt er in der Bundesliga für BSK Seelze (bei Hannover) in den Ring. Er trainiert am Bundesstützpunkt in Berlin und arbeitet am Fachabitur. So zielstrebig war er aber nicht immer.
Herr Baraou, wollen Sie die Kekse neben Ihrem Kaffee nicht essen?
Abass Baraou:
Nein, ich muss ein bisschen aufpassen.
Worauf?
Baraou:
Ich darf nur 69 Kilogramm wiegen, sonst kann ich in meiner Gewichtsklasse nicht mehr antreten. Vielleicht nehme ich sie für meinen kleinen Bruder mit.
Boxt Ihr Bruder auch?
Baraou:
Nein, der spielt Fußball. Ich hoffe, er wird auch erfolgreich.
Wann wussten Sie, dass Sie Boxer werden wollen?
Baraou:
Das wollte ich eigentlich nie. Ich fand Boxen langweilig. Ich bin die ersten neun Jahre in Togo aufgewachsen. Da wollte ich auch Fußballer werden. Boxen
Kommt Ihr Name auch aus Togo?
Baraou:
Nein, Abass ist arabisch und bedeutet Löwe.
Den Reiz am Boxen hat Baraou nach dem ersten Sieg entdeckt
Das passt ja ganz gut zum Boxen. Wie sind Sie denn letztlich doch im Ring gelandet?
Baraou:
Naja, ich habe als Jugendlicher schnell gemerkt, dass ich mich gut durchsetzen kann…
Aber doch nicht bei Prügeleien auf dem Schulhof?
Baraou:
Leider doch.
Wirklich?
Baraou:
Ja. Dafür habe ich auch immer Ärger bekommen. Das war ja auch falsch.
Und wie kam der Wandel?
Baraou:
Ich bin immer in ein Jugendzentrum gegangen. Da gab es auch Boxtraining. Ich wollte da aber eigentlich gar nicht hin. Aber der Trainer, mit dem ich heute noch zusammen arbeite, hat gesagt: Entweder du kommst, oder ich vermöbel dich. (lacht) Da bin ich lieber mal hingegangen.
Hat Trainer Mohammed Guettari sofort gesehen, was Sie können?
Baraou:
Genau. Er sagt mir das zwar nicht immer, aber wir wissen das eigentlich beide. Ich habe ein Jahr bei „Ringfrei Oberhausen“ trainiert. Meinen ersten Kampf habe ich dann gewonnen – und den Reiz entdeckt.
Auf dem Schulhof haben Sie Ihre Fähigkeiten aber nicht mehr gezeigt?
Baraou:
Nein, nein. Ich bin viel ruhiger geworden. Habe an mir gearbeitet, mir neue Ziele gesetzt.
Was für Ziele zum Beispiel?
Baraou:
Kein bestimmtes. Ich will einfach einer von den ganz Großen werden.
Deutscher Meister ist da ein Anfang. Im Finale haben Sie gegen einen acht Jahre älteren Boxer gewonnen. Fühlt man sich da wie Rocky im Film?
Baraou:
Ja, irgendwie schon. Das war einfach eine riesige Befreiung. Ich bin dann gedanklich aber direkt wieder beim nächsten Kampf.
Rio ist Baraous großes Zukunftsziel
Von dem Schulhofprügler zum fokussierten Sportler – eine große Wandlung.
Baraou:
Ja, daran hat mein Trainer einen großen Anteil. Er hat fast mehr an meiner Persönlichkeit als an meinen Boxfähigkeiten gearbeitet. Disziplin und Bodenständigkeit sind für mich sehr wichtig. Leute, die sich früh ganz oben einschätzen, fallen immer am tiefsten.
Haben Sie Vorbilder?
Baraou:
Roy Jones Junior und Sugar Ray Leonard. Bei ihnen sieht der schwere Sport so locker aus. Sie bringen Boxen auf ganz andere Art rüber, das ist eine Kunst.
Sie boxen auch für die deutsche Nationalmannschaft. Ist Olympia 2016 in Rio Ihr Ziel?
Baraou:
Auf jeden Fall.
Und dann? Medaille?
Baraou:
Wenn ich an einem Turnier teilnehme, will ich auch Gold.