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Sky, DAZN & Co.: Fußball-Kneipe schlägt Alarm! „Selbstzerstörung“

Es ist ein regelrechter Hilfeschrei, den der Besitzer einer Fußballkneipe Richtung Sky, DAZN & Co. ablässt. Seine Worte sind drastisch.

© imago images/Kirchner-Media

Sky, DAZN, RTL und Co: wo du welche Fußballspiele siehst

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„Es ist eine Vollkatastrophe“, sagt Fernando Guerrero beim Blick auf den Kontoauszug. Er ist Besitzer vom „Eisen“. Einer Kneipe, die bei den Fans von Werder und St. Pauli Kultstatus genießt. Und einer der letzten Kneipen in der Bremer City, die noch Sky, DAZN & Co. zeigt.

Die Hansestadt ist dabei wahrlich kein Einzelfall. Deutschlandweit sind die Läden, die Fußball übertragen, weitestgehend verschwunden. Für Guerrero ist der Grund naheliegend. Sky, DAZN & Co. sind für Kneipen zum „selbstzerstörerischen Service“ geworden, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion deutlich – und macht den Pay-TV-Riesen schwere Vorwürfe.

Sky, DAZN & Co.: Fußballkneipe schlägt Alarm

Es war ein regelrechter Hilfeschrei, den Guerrero kürzlich auf Twitter absetzte. In aller Deutlichkeit ging er Sky und DAZN an. „Wir kennen außer uns eigentlich keine Kneipe im Bremer Viertel mehr, die diesen sebstzerstörerischen Service anbietet“, schreibt der 54-Jährige – und unterfüttert seine Ansage mit horrenden Zahlen. „Im Juni haben wir kein einziges Fußballspiel gezeigt und dafür 935 Euro an Euch gezahlt.“

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Dass diese Preise auch in der Sommerpause fällig werden, ist sein kleinstes Problem. Selbst mitten in der Saison kann seine Kneipe diese Unkosten praktisch nie wieder reinholen. Dabei profitiert sein Laden sogar noch von einer Traumlage. Als eine von wenigen Bundesliga-Spielstätten ist das Weserstadion noch fußläufig vom Hauptbahnhof erreichbar – und jeder Fan kommt dabei unweigerlich am „Eisen“ vorbei.

„Wir zahlen komplett drauf“

„Wir haben 17 Auswärtsspiele von Werder, bei denen wir voll sind. Damit machen wir Gewinn“, rechnet Guerrero vor. „Mit diesen 17 Spielen müssen wir die 12.000 Euro refinanzieren, die wir denen im Jahr bezahlen müssen“, wird er deutlich. „Bei den Heimspielen sind wir halbvoll, weil die anderen ins Stadion gehen. Die kommen nach dem Spiel zu uns – aber damit haben Sky und DAZN ja nichts zu tun.“

Fußball-Fans im Eisen Bremen. Foto: privat

„Wenn ein Laden wie wir das mittlerweile null refinanzieren kann, wie soll es dann den anderen gehen?“, fragt er sich. „Wir machen das nicht aus ökonomischen, sondern nur noch aus emotionalen Gründen. Wir zahlen komplett drauf. Kann das noch ein Geschäftsmodell sein?“

Sky-Kneipenbesitzer: Wir stören nur noch

Seine Theorie: „Wir waren nur in einem Moment gewollt: Als die Leute dieses neue Produkt, Fußball live im TV, kennenlernen sollten, angefüttert werden sollten. Als Multiplikatoren waren wir prima. Danach haben wir nur noch gestört. Für Sky ist die optimale Kundenstruktur: Ein Account, ein Kunde vor dem Fernseher. Als Kompromiss darf er noch seine ein, zwei Leute aufs heimische Sofa holen, die immer in jedem Werbespot zu sehen sind. Aber wenn 50 Leute bei uns in der Kneipe Fußballgucken, sind das 50 Leute, die alle auch einen Account haben könnten. Das ist der kommerzielle Schlüssel.“

Fernando Guerrero bleibt glühender Fußballfan, sieht die Fußballkneipe als „ganz wichtigen sozialen Raum, wo Menschen emotional in Kontakt kommen. Hier wird dir vor und hinter dem Tresen vermittelt: Wir verstehen dich, wir fühlen ähnlich.“ Gleichzeitig lassen Sky, DAZN & Co. diese Läden ausbluten. „Schon seit langer Zeit wird alles dafür getan, uns das Leben so schwer wie möglich zu machen. Wenn die nur noch einen Hauch von Restliebe zum Fußball hätten, wüssten sie: Das kann man den Fans nicht antun“, sagt er vorwurfsvoll.


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Auch er weiß, dass die Verbände diese Preisspirale immer neu befeuern. Schließlich haben die Rechte-Inhaber selbst große Probleme, die immensen Kosten zu refinanzieren. Deshalb lautet sein Appell: „Vielleicht solltet Ihr Euer Geschäftsmodell überdenken. Und beim Überdenken die DFL mit ins Boot nehmen. Ihr müsst der DFL keine Milliarden geben, für die Ihr uns dann aus- und zugrunde quetscht.“

Die Champions League, sagt Guerrero, beeindruckt im „Eisen“ schon lange keinen mehr. Dafür macht er den Fernseher meist gar nicht mehr an. „Jeder Fußballfan, der mit ein bisschen Emotionen im Herzen aufgewachsen ist, den lässt es doch total kalt, was Paris Saint-Germain und Manchester City anstellen.“ Sein Traum: Ein Pay-per-View-Prinzip, wie es auch bei Filmen und Serien schon Gang und Gäbe ist. „Ich kaufe mir das Spiel, dass ich in der Kneipe zeigen will.“ Aktuell ist das bestenfalls Zukunftsmusik. Ob er den selbstzerstörerischen Service bis dahin noch anbieten kann, weiß auch er nicht.