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Warum Biathlon-Star Magdalena Neuner mit 25 aufhört

Warum Biathlon-Star Magdalena Neuner mit 25 aufhört

Die Gerüchte und Spekulationen um ein baldiges Karriereende waberten schon länger, nun machte Biathlon-Königin Magdalena Neuner reinen Tisch: Die 24-Jährige erklärte ihren Rücktritt zum Saisonende – und hofft auf Normalität und eine eigene Familie.

Essen. 

Allein die Art und Weise ihrer Rücktrittsankündigung erzählt viel über Magdalena Neuner. Sie wählte nicht Beckmann, Kerner, Jauch, nutzte nicht Gala oder Bunte, die ganz sicher mit vielen bunten Bildern und noch bunteren Geschichten Karriere und Leben der „Gold-Lena“ ausgeleuchtet hätten. Nicht einmal die Bild-Zeitung, die sich gerne (und nicht zu Unrecht) damit brüstet, Stars machen – und im Zweifel auch vernichten – zu können, bekam die Nachricht exklusiv serviert.

Am Dienstagmorgen stellte die 24-jährige Magdalena Neuner einfach einen Text auf ihre eigene Homepage und erklärte ihren Rücktritt zum Saisonende. Die Gerüchte und Spekulationen um ein baldiges Karriereende waberten schon länger, nun machte Neuner stickum reinen Tisch.

Das Mädchen aus dem bayerischen Wallgau, das längst zur Ikone ihres Sports geworden ist. „Die Königin des Biathlon“, wie Langlauf-Coach Jochen Behle meinte, ist am Ende vor allem ein Mensch. „Ich habe einfach das Gefühl, dass die Zeit reif ist für eine Veränderung und mich nach dem Sport etwas Neues, ganz Tolles erwartet“, schrieb Neuner.

Neuner muss nichts mehr beweisen

Sie hat mit 24 Jahren sportlich alles erreicht, ist Doppel-Olympiasiegerin, zehnmalige Weltmeisterin und gewann zweimal den Gesamtweltcup. Sie muss niemandem mehr etwas beweisen, sich selbst erst recht nicht. „Ich weiß, was bei mir zu Hause in der Vitrine steht – und das ist nicht wenig. Es gibt eigentlich nichts mehr, das ich unbedingt gewinnen muss“, sagt Neuner. Es ist keine Selbstbeweihräucherung, sondern nüchterne Zustandsbeschreibung. Und so nutzt Neuner die Heim-WM 2012 in Ruhpolding (29. Februar bis 11. März), um einen Schlussstrich zu ziehen.

Und ein neues, ein anderes, ein gewöhnliches Leben zu führen: „Ich sehne mich nach Normalität, nach ein wenig mehr Ruhe und danach, einfach mal die Dinge machen zu können, die ich in meinem Sportlerleben nie machen konnte“, schrieb Neuner. Und zu diesem neuen Leben sollen auch eigene Kinder gehören. „Irgendwann spielt auch das Thema Familienplanung für mich eine Rolle.“ Mit ihrem Freund Josef ist sie seit zwei Jahren liiert. Groß aufgetaucht ist der „Sepp“ öffentlich aber nicht.

Bittere Erfahrungen mit dem Starrummel

Sie hat ihre Jugend dem Sport, auch der Öffentlichkeit opfern müssen, galt schon mit 14 als „Jahrhunderttalent“, wurde Junioren-Weltmeisterin und debütierte im Januar 2006, mit 18 Jahren, im Weltcup. Sie wurde 41.. In Ruhpolding, eben dort, wo sechs Jahre später ihre Laufbahn enden wird. Dazwischen liegt ein Sportlerleben, reich an Erfolgen, an Werbeverträgen, die sie zur Millionärin machten und ihr Unabhängigkeit garantieren, aber ebenso reich an bitteren Erfahrungen mit Starrummel und den Versuchen, sie zu vereinnahmen. „Mich hat das so aufgeregt, dieses Goldmädel zu sein“, sagte Neuner, „die kleine blonde Lena, die Süße aus Wallgau.“

Es gab Momente, da hatte sie „nicht mal Lust, den Müll vor die Tür zu bringen, weil da immer jemand war.“ Die Touristen wurden in Bussen durch das 1400-Seelen-Dorf gekarrt, hielten punktgenau vor dem Haus, und dann knipsten junge Verehrer wie begeisterte Rentner munter drauf los. Neuner hat ihre Pflichten als öffentliche Person stets erfüllt, die PR-Auftritte professionell, sympathisch und zunehmend routiniert abgespult, genossen aber hat sie es immer weniger.

Sie mochte das Bild des Harfe spielenden Mädchens, der Strickliesel, der personifizierten Bodenständigkeit, das sie einst selbst in jugendlicher Naivität geprägt hatte, nicht mehr als alleiniges Abziehbild ihres Lebens akzeptieren. Sie machte Dessous-Bilder, weil sie raus wollte „aus der alten Schublade“. Sie ist nicht mehr die knuddelige Gold-Lena. Sie ist eine junge Frau. Mit einem eigenen, echten Leben.