Marcel Heße mit totem Blick vor Gericht – Wie tickt der Doppelmörder von Herne?
Zum Prozessbeginn gegen den mutmaßlichen Doppelmörder von Herne stellt sich Beobachtern eine Frage:
Was für ein Mensch ist der schmächtige, blasse 19-Jährige?
Vor Gericht bleibt Heße eiskalt
Bochum.
Man will es nicht glauben. Das soll der brutale Doppelmörder von Herne sein? In natura sieht er noch schmaler, kleiner und harmloser aus, als auf den Fotos, die bislang kursierten.
Als Marcel Heße gegen 10 Uhr am Freitagmorgen den Gerichtssaal des Bochumer Landgerichts betritt, bricht das Blitzgewitter los. Alle im Raum wollen einen Blick auf den schmächtigen jungen Mann erhaschen, der seinen Nachbarsjungen Jaden (9) und seinen Bekannten Christopher (22) ermordet haben soll.
Chaos an der Sicherheitsschleuse
Stundenlang haben die Zuschauer gewartet, um hier sitzen zu dürfen.
Der Andrang ist gar so groß, dass das Gericht beinahe überfordert zu sein scheint. An der Sicherheitsschleuse vor dem Saal gibt es Gedränge und Geschimpfe, ein Rollstuhlfahrer passt nicht durch durch die Schleuse, die zahlreichen Medienvertreter kommen kaum in den Saal
Mit erheblicher Verspätung startet deshalb der Prozess. Und während dann endlich das Verfahren eröffnet wird, bleibt Marcel Heße vollkommen ungerührt. Roboterhaft und mit starrer Miene geht er zu seinem Anwalt Michael Emde. Bespricht sich kurz mit ihm, setzt sich.
Marcel Heße: feste Stimme, kindliches Gesicht
Nur einmal spricht er ins Mikrofon – mit einer festen Stimme, die so gar nicht zum kindlichen Gesicht passt. „Jawohl“ sagt er, als der Richter ihn fragt, ob die Personalien, die er vorliest, korrekt seien.
Ab da schweigt er, lässt seinen Anwalt Michael Emde für ihn reden. „Mein Mandant bittet seine unangemessene Kleidung zu entschuldigen“, sagt Emde im Namen von Heße. Ein Raunen geht durch den Zuschauerraum. Niemand aus seiner Familie sei bereit gewesen, ihm passende Kleidung zu bringen. Ein Wort des Bedauerns zu seinen Taten? Fehlanzeige.
Was geht im Kopf von Marcel Heße vor? Was ist er für ein Mensch?
Einen ersten Ansatz liefert die Aussage des Zeugen Rico B. (19). Er war mit Marcel Heße in der 9. Klasse an der Realschule Crange. „Er war das, was man einen Außenseiter nennt“, sagt Rico B. über Heße. Er habe sich stets abgesondert, war auf dem Schulhof oft allein.
Mitschüler: „Marcel Heße hat gestunken“
Stets habe er mit Katzenhaaren übersäte Militärkleidung getragen. Insgesamt sei er schmuddelig gewesen – habe sich nie die Zähne geputzt und auch sonst „am Körper gestunken“.
So oft haben seine Mitschüler ihn aber nicht gesehen. Marcel Heße habe nämlich insgesamt drei Monate des gemeinsam verbrachten Schuljahres geschwänzt, schätzt der Zeuge. „Um zu zocken“, so B. Rollenspiele im Internet, vermutlich World of Warcraft.
Heßes Blick bleibt tot
Auf all diese wenig schmeichelhaften Beschreibungen reagiert Heße überhaupt nicht. Sein Blick bleibt leer und tot. Er verzieht auch keine Miene, als ein Mitschnitt des Telefonats im Gerichtssaal abgespielt wird, das er am 9. März mit der Polizei geführt hat.
„Sie kennen sicherlich Marcel Heße“, sagt er dem Beamten in der Notrufzentrale. Minuten, nachdem er die Wohnung seines zweiten Opfers Christopher in Brand gesteckt hat. Kein Zittern in der Stimme, keine Spur von Aufregung – vielmehr süffisant ist der Ton, in dem Heße sich der Polizei stellt.
Jadens Mutter fixiert Marcel Heße mit ihren Blicken
Er blickt konstant zur Richterbank. Lässt sich auch nicht dadurch beirren, dass Jadens Mutter Jeanette R. ihn während der gesamten Sitzung unentwegt anstarrt. Fast trotzig die Arme verschränkt, lässt sie mit ihren Blicken den mutmaßlichen Mörder ihres kleinen Sohnes nicht los. Aus der Reserve lockt sie den 19-Jährigen damit nicht.
Auch Christophers Mutter Michaela W. schaut Heße an. Sie ist sichtlich mitgenommen. Fahrig dreht sie ihre Daumen umeinander, immer wieder hält sie die Hände vor den Mund. Sie scheint nicht fassen zu können, dass dieser blonde kleine Kerl mit der spitzen Nase und der großen Brille ihren Christopher getötet haben soll.
Kein Mitleid, keine Reue
Nur ein, zwei Mal während all der Stunden im Saal flackert sein Blick hinüber zu den Müttern seiner Opfer. Doch Mitleid oder gar Reue liegen nicht in seinem Blick.