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Urteil nach Jugendstrafrecht? Warum Marcel Heße dennoch sehr lang im Gefängnis sitzen könnte

Urteil nach Jugendstrafrecht? Warum Marcel Heße dennoch sehr lang im Gefängnis sitzen könnte

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Marcel-Heße-Prozess auf der Zielgeraden

Urteil nach Jugendstrafrecht? Warum Marcel Heße dennoch sehr lang im Gefängnis sitzen könnte

Marcel-Heße-Prozess auf der Zielgeraden

Am vorletzten Prozesstag werden die Abschlussplädoyers im Bochumer Landgericht gehalten.

Bochum. 

Es gibt so gut wie nichts, was man zu seinen Gunsten auslegen kann. Beim besten Willen nicht.

Zweifel daran, dass Marcel Heße die Taten begangen hat, die ihm die Staatsanwaltschaft vorwirft, gibt es im Grunde nicht mehr. Heße hat eingeräumt, den neun Jahre alten Jaden und einen Tag später den 22 Jahre alten Christopher getötet zu haben. Kurz nach den Morden hat er Bilder seiner Opfer per Whatsapp verschickt und sich im Internet seiner Taten gerühmt.

Grausamkeiten bis ins kleinste Detail

Fast viereinhalb Monate hat die Große Strafkammer am Landgericht Bochum geprüft, was da im März 2017 passiert ist; welches Motiv Heße gehabt haben könnte.

Bis ins kleinste grausame Detail hat das Gericht die Taten aufgedröselt. Unzählige Zeugen haben ausgesagt. Auch damit das Gericht sich ein Bild davon machen kann, wie Heße tickt; ob es irgendeinen Aspekt gibt, der seine Schuldfähigkeit mindern könnte. Denn das Gericht steht jetzt vor der Aufgabe, ein gerechtes Urteil zu finden.

Nach all den Zeugenaussagen und Gutachten ist klar: Da scheint nichts zu sein, was Heße von seiner Schuldfähigkeit befreit.

Marcel Heße muss voll verantwortlich gemacht werden

Vielleicht hat er vor der Tat Alkohol getrunken – sicher ist das nicht. Und wenn, dann reicht die Menge nicht aus, um seine Zurechnungsfähigkeit anzweifeln zu können.

Vielleicht war Heße suizidgefährdet; daran gibt es indes Zweifel.

Zwar wurde ihm eine dissoziale Persönlichkeitsstörung bescheinigt – aber nicht in einem Maße, dass seine Schuldfähigkeit gemindert werden könnte.

Marcel Heße muss voll für seine Taten verantwortlich gemacht werden, das hat der Prozess gezeigt.

Urteile nach Erwachsenenstrafrecht sind extrem selten

Strittig ist aber, ob Heße nach Jugendstrafrecht oder Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden soll. Zur Tatzeit war der Angeklagte 19 Jahre alt. Bei einem so jungen Menschen ist es üblich, nach Jugendstrafrecht zu verfahren – Urteile nach Allgemeinstrafrecht sind extrem selten.

Nun kann man sagen: Dieser Fall ist kein gewöhnlicher. Die unfassbare Grausamkeit, mit der Heße gemordet hat, die Kaltblütigkeit, die er bis heute zeigt und die Tatsache, dass er eine Stadt und eine ganze Region tagelang in Angst und Schrecken versetzt hat, machen den Fall zu etwas Besonderem. Daran allerdings darf nicht gemessen werden, nach welchem Strafrecht Heße verurteilt werden muss.

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Einzig und allein die Frage, ob bei dem jungen Mann eine Reifeverzögerung vorliegt, darf dabei eine Rolle spielen. Die beiden Gutachterinnen Sabine Nowara und Astrid Rudel kamen zu dem Schluss: Heße ist wie ein Erwachsener zu behandeln.

Ihre Argumente: Heße habe sich in seinen Aussagen und in seinem Verhalten von seinen Eltern distanziert. Er habe klare Zukunftspläne gehabt und habe zumindest vor den schrecklichen Morden regelkonform gelebt.

Verteidiger von Marcel Heße: „Das Gutachten ist Mist“

Heßes Verteidiger Michael Emde hatte das Gutachten in seinem Plädoyer am vorletzten Prozesstag angezweifelt – mit deutlichen Worten: „Das ist Mist.“ Dass ein Jugendlicher als erwachsen gilt, weil er sich von den Ansichten seiner Eltern abgrenzt, sei absurd. Die Zukunftspläne von Heße seien außerdem völlig unrealistisch gewesen. „Da ist jemand, der ganze Nächte hindurch Ballerspiele spielt. sich auf fragwürdigen Internetseiten wie 4chan rumtreibt und tagsüber mit einem Holzschwert auf Bäume eindrischt. Und der hat keine Reifeverzögerung?“, fragte Emde rhetorisch.

Er wünsche sich ein Urteil nach Jugendstrafrecht vom Gericht, so Emde abschließend; seine Argumente sind in der Tat nicht von der Hand zu weisen.

Falls das Gericht ihm folgen sollte: Heißt das, dass Marcel Heße trotz seiner furchtbaren Taten schon nach wenigen Jahren wieder frei kommen kann? Denn eine lebenslange Haftstrafe könnte Heße dann in der Tat nicht bekommen. Die Höchststrafe für Heranwachsende bei Mord mit besonderer Schwere der Schuld liegt bei 15 Jahren.

Sadistische Persönlichkeitsanteile

Aber: Das Gericht kann in seinem Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten. Sowohl Staatsanwalt Danyal Maibaum als auch Heßes Verteidiger Michael Emde hatten das in ihren Plädoyers bereits anklingen lassen.

Das würde sich auch mit dem psychologischen Gutachten decken. Denn die Gutachterinnen sehen eine ungünstige Gefahrenprognose: Die sadistischen und dissozialen Persönlichkeitsanteile ließen sich nur schwer korrigieren. Noch in der Haft hatte Heße von Gewaltfantasien berichtet. Es ist also nicht auszuschließen, dass er auch nach Verbüßung einer Haftstrafe noch als gefährlich gelten kann.

Auch wenn Marcel Heße nach Jugendstrafrecht verurteilt wird, kommt er vielleicht nie wieder in Freiheit.