Veröffentlicht inDortmund

Bis zu 95 Prozent der Bauingenieure fallen an der TU Dortmund durch

Bis zu 95 Prozent der Bauingenieure fallen durch

studenten.jpg
Foto: dpa
Im Studiengang Bauingenieurwesen an der TU Dortmund gehört es offenbar zum festen Programm, Prüfungen nicht zu bestehen. Durchfallquoten erreichen teilweise über 90 Prozent. An anderen Unis wundert man sich über solche Zahlen, doch die Dortmunder Hochschule hüllt sich in Schweigen.

Dortmund. 

Michael (Name von der Redaktion geändert) studiert im achten Semester Bauingenieurwesen an der TU Dortmund, und er ist ratlos. Schaut er auf die Aushänge mit den Klausurergebnissen kann er es nicht fassen. Tragkonstruktionen III/IV: 53 Prozent durchgefallen, Bauverfahrenstechnik: 65 Prozent durchgefallen, Technische Mechanik I: 95 Prozent durchgefallen – zwei von 43 Studenten haben diese Klausur bestanden, der beste mit einer Note von 3,3. Kann das noch an mangelnden Leistungen seitens der Studenten liegen, oder ist etwas an der Lehre faul?

Michaels Erklärung: „Es geht gar nicht mehr darum, dass wir wirklich was lernen, es soll einfach nur noch ausgesiebt werden“. Er vermutet dahinter die Absicht der Hochschule, das Niveau des Ingenieur-Studiums mit aller Gewalt anzuheben.

„Was Bauingenieurwesen angeht, genießt Dortmund keinen besonders guten Ruf. Die Uni will den aber unbedingt verbessern und auch zu den TU9 gehören“, sagt er. TU9 ist ein Zusammenschluss der neun besten Technischen Hochschulen Deutschlands und – glaubt man Michael – wünscht sich auch die Dortmunder Hochschulverwaltung einen Platz in dem illustren Kreis.

Uni macht Druck – Klima der Angst

Dafür wird Druck gemacht, nicht nur in den Klausuren. Auch die Anforderungen bei Hausarbeiten oder Projektarbeiten seien nicht zu bewältigen. „Es herrscht ein Klima der Angst“, klagt Michael. Sollte die Uni versuchen, ihren Ruf zu verbessern, so geschehe momentan genau das Gegenteil. „Sehr viele brechen ab. Und die, die bleiben, brauchen sehr viel länger für das Studium.“ Die Uni Dortmund, so sein Vorwurf, spiele mit den Existenzen ihrer Studenten. Und das in einer Zeit, in der Deutschland nach Fachkräften nur so giert.

Im Vergleich mit Bauingenieur-Studiengängen an anderen Hochschulen sind Durchfallquoten von über 50 Prozent und Spitzenwerte von über 90 Prozent ungewöhnlich. Ergebnis-Listen der RWTH Aachen, einer der deutschen Spitzen-Unis für Ingenieurwissenschaften, die im Internet frei zugänglich sind, zeigen, dass es im Ausnahmefall mal 40 Prozent sein können.

Auf Anfrage bei der Uni Wuppertal antwortet die Pressestelle verwundert angesichts der Zahlen aus Dortmund, dass 30 bis maximal 40 Prozent der Studenten Prüfungen nicht bestehen. Im Master-Studiengang sei dieser Wert durchgehend einstellig.

Keine Stellungnahme der TU Dortmund

Die Uni Dortmund will sich zu den Zahlen und den Vorwürfen Michaels überhaupt nicht äußern. Weder zu Lehr-Inhalten noch Durchfallquoten werde man Stellung nehmen, heißt es bei der Pressestelle. Auch eine ganz allgemeine Nachfrage, ob die Uni ihre Lehre oder ihren Ruf verbessern will, bleibt in diesem Zusammenhang unbeantwortet.

In den Facebook-Gruppen der Studenten reagiert man mit Ironie und Galgenhumor. „Wow, TM1 Klausur haben ganze 2 Leute bestanden“, schreibt einer. Ein anderer kommentiert: „Ist ja richtig gut ausgefallen.“ Ein weiterer schreibt: „Die wissen, wie man Klausuren stellt.“

Fertig werden als Ziel

Michael will weiter versuchen, durchzukommen. Mal schafft er es, mal nicht. „Fertig werden“, ist sein Ziel, denn das sich an den Verhältnissen etwas ändert, daran glaubt er nicht so recht. „Nach der Klausur, durch die 95 Prozent durchgefallen sind, hat sich die Fachschaft an den Lehrstuhl gewandt, was aber nichts gebracht hat.“

Eine Rebellion traue man sich bei der Studentenvertretung nicht zu, das könne nach hinten losgehen. „Schließlich sind das auch alles noch Studenten, die irgendwann mal fertig werden wollen“.

Zahlen und Fakten

Für Bauingenieurwesen waren im Wintersemester 2013/2014 an der TU Dortmund 599 Studenten eingeschrieben. 72 Studenten erreichten 2012 ihren Abschluss, ein Jahr zuvor waren es 36, 2010 nur 28. (Quelle: Jahresstatistik der TU/PDF)