Schock-Rekord beim TÜV! Die Zahl der aufgedeckten Täuschungsversuche bei der Theorie-Prüfung zum Führerschein ist in den ersten drei Quartalen dieses Jahres um 38 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Doch wie wird sich durch die Prüfung getrickst? Ein Fahrlehrer aus Duisburg packt jetzt aus.
Vorfahrtregeln, Gefahrenlehre und das richtige Verhalten in bestimmten Situationen: Wer einen Führerschein haben möchte, der muss sich zunächst durch ganz viel Theorie quälen. Doch das hat wichtige Gründe. Immerhin ist es im Straßenverkehr nicht ungefährlich. Tagtäglichen schockieren uns Unfallmeldungen, bei denen Autofahrer und Insassen sterben oder schwer verletzt werden.
Umso wichtiger ist es, sicheres Autofahren zu lernen – das sieht auch Norbert Nierth, Inhaber der „Fahrschule Nierth“, aus Duisburg so. „Autofahren ist viel zu gefährlich, als dass man sich durch die Prüfungen mogeln darf“, betont er. „Tricks bei Fahrschülern ist ein großes Thema momentan. Das hat in den vergangenen Jahren extrem zugenommen.“
Technisierung hat großen Anteil
Und diese Aussage ist nicht nur eine bloße Vermutung des Fahrlehrers – sondern vom TÜV mit Zahlen belegt: Nach den Erhebungen der TÜV Dekra gab es in den ersten drei Quartalen dieses Jahres bereits satte 2.711 Täuschungsversuche bei den Theorieprüfungen! Das sind 38 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Dabei handelt es sich um Erst- und Wiederholungsprüfungen für alle Fahrerlaubnisklassen ohne Mofa-Prüfungen.
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„Das hängt vor allem mit der Technisierung zusammen, weil alles sehr klein wird, wie zum Beispiel Mikrofone und Ohrstöpsel. Da gibt es Personen, die haben einen kleinen Knopf am Hemd und da ist eine Kamera drin, die auf den Bildschirm guckt, sodass eine externe Person liest und über einen kleinen Knopf im Ohr die Antworten geben kann“, klärt der Fahrlehrer gegenüber DER WESTEN auf. In 30 Prozent der Täuschungsfälle wurden in den ersten drei Quartalen 2023 technische Hilfsmittel eingesetzt.
Betrug fängt schon in der Fahrschule an
Doch die Prüfer wissen sich inzwischen zu wehren. Damit der „Knopf-im-Ohr“-Trick funktioniert, muss das Handy des Prüflings eingeschaltet sein. Wie Nierth berichtet, gebe es inzwischen elektronische Geräte, welche die eingeschalteten Handys der Fahrschüler vor der Prüfung orten. Nierth: „Das kommt immer häufiger vor. Sollte jemand sein Handy eingeschaltet haben und es sollte sich während der Prüfung bemerkbar machen, dann wird die Prüfung als abgebrochen bewertet. Der Kandidat wird sofort herausgezogen. Das ist das, was ich von den Prüfern höre. Und das finde ich auch richtig so.“
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Doch der Betrug bei der Führerschein-Theorie fängt eigentlich schon in der Fahrschule an, wie Nierth weiter beschreibt. In vielen Fahrschulen ist es Alltag, dass Fahrschüler erst zur theoretischen Prüfung angemeldet werden, wenn sie über eine Lern-App bei einer Prüfungssimulation eine bestimmte Punktzahl erreicht haben. „Jetzt gibt es ein Programm über Google, was sich in diese App reinhackt und dann immer die richtigen Antworten vorgibt. Das heißt im Klartext, ich kann also die App so bearbeiten, dass ich 100 Prozent richtig habe“, so der Fahrlehrer.
DIESER Trick ist sogar noch dreister
Doch nicht nur eine App auf dem Handy wird genutzt, um die potenziellen Prüflinge vorher auf ihre Eignung für die Theorie-Prüfung zu testen. Auch in der Fahrschule selbst wird häufig an PC oder Laptops getestet – auch in der „Fahrschule Nierth“. „An unseren Laptops müssen sich die Fahrschüler mit ihrem Account einloggen und die Prüfungsbögen absolvieren. Und da fangen sie auch schon teilweise an zu tricksen – zum Beispiel mit dem Handy zwischen den Beinen. Und dann werden die Antworten gegoogelt.“ Mittlerweile müssen die Fahrschüler bei Nierth ihre Handys vor der Vorprüfung am Schreibtisch in der Fahrschule abgeben.
Doch nicht nur mit Hilfe der Technik und dem Internet wird in der Theorieprüfung getrickst – es geht sogar noch dreister: Wie der TÜV in einer Pressemitteilung schreibt, sind ein Drittel der Täuschungsversuche sogenannte Stellvertreterprüfungen, bei denen anstelle des Fahrschülers eine andere Person bei der Prüfung antritt (33 Prozent).
Das droht den Tätern
Bisher müssen die Täter aber kaum mit ernsthaften Konsequenzen rechnen. „Wer bei der Fahrprüfung betrügt, ist eine potenzielle Gefahr für die Verkehrssicherheit“, sagt Richard Goebelt, Fachbereichsleiter Fahrzeug und Mobilität beim TÜV-Verband. „Die zuständigen Fahrerlaubnisbehörden sollten den rechtlichen Rahmen ausschöpfen und eine Sperrfrist bis zur nächsten Prüfung von bis zu neun Monaten verhängen. Das ist längst nicht überall gängige Praxis.“ Eine abschreckende Wirkung dieser erst seit dem vergangenen Jahr geltenden Sanktionsmöglichkeit sei derzeit nicht zu erkennen. Auch eine Überprüfung der grundsätzlichen Fahreignung mit Hilfe einer MPU komme bei Täuschungsversuchen in Betracht.
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Damit solche Tricksereien erst gar nicht notwendig sind, hat Nierth einen wichtigen Tipp für alle Fahrschüler: „Lernt einfach vernünftig, setzt euch mit eurem Fahrlehrer in Verbindung. Hört auf das, was euer Fahrlehrer sagt. Und vor allem: Lernt nicht nur auswendig, sondern versucht es auch zu verstehen, was dir da lernt. Dann gibt es auch weniger Probleme später bei der praktischen Prüfung.“