„Ich habe nur kurz das Messer aufblitzen sehen und auf einmal steckte es in meinem Körper“, erinnert sich Yasin Güler an den wohl schlimmsten Tag seines Lebens zurück. Am 18. April 2023 wird der damals 21-jährige Student im Duisburger John-Reed-Fitnessstudio Opfer eines willkürlichen und brutalen Terroranschlags.
DER WESTEN hat Yasin Güler zwei Jahre nach der Horror-Tat in Duisburg in dem Haus seiner Mutter in Oberhausen besucht. Er wirkt sehr aufgeräumt, hat bei der Begrüßung ein Lächeln im Gesicht. Auch wenn er heute über die Tat und den Angreifer spricht, hat der heute 23-Jährige seine Emotionen im Griff. Doch bis dahin war es ein langer Weg. Bei der Bewältigung hat vor allem eines geholfen: seinem Peiniger noch einmal gegenüberzustehen und in die Augen zu schauen.
Duisburg: Zwei Jahre nach dem Horror-Angriff im Fitnessstudio
Yasin Güler kam gerade aus einer Vorlesung an der Uni Duisburg, als er sich entschied, direkt vor Ort zu trainieren, anstatt in sein Stamm-Fitnessstudio in Oberhausen zu gehen. „Kurz nachdem ich mein T-Shirt in der Umkleidekabine ausgezogen hatte, hörte ich einen Hilfeschrei“, erinnert sich Yasin Güler. Instinktiv eilte der junge Mann zu Hilfe. Auf halbem Weg lief er dem Attentäter dabei direkt in die Arme. „Er hat mich nur kurz angeschaut. Ich habe nur kurz das Messer aufblitzen sehen und auf einmal steckte es in meinem Körper und ehe ich mich versah, war es auch schon wieder draußen“, erinnert sich Yasin Güler im Gespräch mit DER WESTEN.
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Aus der Wunde lief das Blut und im Affekt rannte der damals lebensgefährlich Verletzte los, in der Hoffnung, dass ihm jemand helfen würde. Doch nach wenigen Metern war der Blutverlust schon so groß, dass Yasin Güler bewusstlos zu Boden sackte. Drei weitere Menschen wurden an diesem Tag lebensbedrohlich verletzt, alle überlebten den islamistisch motivierten Angriff nur knapp.
Die Polizei stürmte das Fitnessstudio und schnappte den damals 25-jährigen Täter noch vor Ort. Für Yasin Güler folgten zwei Wochen im Koma, insgesamt fünf Monate im Krankenhaus und 14 Operationen. Noch heute erinnert ihn sein von Narben übersäter Oberkörper an die grauenvolle Tat. Und das alles nur, weil er in den Augen des Täters ein „Ungläubiger“ war, wie er vor Gericht selbst zugab.
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Yasin Güler: „Ich habe ihm vergeben!“
Vor Gericht blickte der Überlebende Ende 2023 dann das erste Mal wieder seinem Peiniger in die Augen. „Ich habe ihn gehasst, aber dann habe ich gesehen, was Hass aus einem Menschen machen kann. Der Hass hatte ihn zerfressen. Ich erinnere mich noch heute, wie er da saß und einfach nur leblos in eine Ecke blickte. Und er eigentlich gar nichts wahrgenommen hat, was die Menschen über ihn und seine Taten gesagt haben“, schildert Güler die Situation. In dem Moment habe er für sich eine Entscheidung getroffen. „Ich habe ihm vergeben!“ Erst danach habe auch sein richtiger Heilungsprozess begonnen.

Auch zwei Jahre nach der Tat hat der 23-Jährige mit den Folgen des Angriffs zu kämpfen. Sicher ist, dass Güler eines Tages auf eine Nierenspende angewiesen sein wird. Dennoch blickt er zuversichtlich in die Zukunft. Güler ist der festen Überzeugung, dass seine Vergebung notwendig war, um wieder auf die Beine zu kommen. Mit seiner Geschichte möchte er auch für andere ein Vorbild sein und hat deshalb sein Schicksal in einem Buch mit dem Titel „Vergeben statt vergelten“ niedergeschrieben.
Neben weiteren schockierenden sowie bewegenden Einzelheiten zur Tat schildert der junge Autor auch die für ihn lebensverändernden Folgen. Das Buch ist seit dem 27. März 2025 im Handel.