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Duisburg-Marxloh fühlt sich von der Politik alleingelassen

Duisburg-Marxloh fühlt sich von der Politik alleingelassen

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Foto: Funke Foto Services
Marxloh ist ein Ort gewordener Scherbenhaufen der Kommunalpolitik. Nächste Woche trifft die Kanzlerin 60 Bürger, um zu erfahren, wo Probleme liegen.

Duisburg. 

Aufgeräumt ist schon mal im großen Saal. Die Stühle sind gestapelt, die langen Tische an den Rand geschoben, nur von der letzten Veranstaltung liegen noch Textblätter herum: „Wir brauchen hier heut’ keinen Schlaf, Duisburg hey Helau.“ Eine gnädige Hand sollte vielleicht in den nächsten Tagen noch die Malerei verhängen, die die Stirnseite ziert: eine Art schunkelndes Rathaus. Denn hier im Hotel „Montan“ wird Angela Merkel sich am nächsten Dienstag die Sorgen von 60 Menschen anhören, im Zuge des Gesprächsprogramms „Gut leben in Deutschland.“

In Marxloh?

Ein neues Problem? Marxloh hat es schon

Marxloh, soviel steht fest, ist der Ort gewordene Scherbenhaufen der Duisburger Kommunalpolitik; kommt ein neues Problem auf, hat Marxloh es schon: Schrotthäuser, derart vollgestopft mit Roma, dass sie in großen Gruppen auf der Straße stehen. Jugendgewalt. Auseinandersetzungen unter Großfamilien und unter Nationalitäten.

Müll. Hinterhöfe voller Unrat, bis mal jemand ein Streichholz dran hält. „Manchmal sieht man auch einen Haufen auf der Straße. Und denkt: Das war kein Hund“, sagt ein Marxloher. Aufruhr gegen Polizisten, so dass deren Gewerkschaft mit auffälligem Eifer eine „No-go-Area“ an die Wand malt. So kann man die Schlaglichter aneinanderreihen, denn etwas anderes ist das nicht. Ja, man kann in eine Straße geraten, die man besser nicht genommen hätte. Aber: Die nächste Straße ist dann auch wieder halbwegs normales Ruhrgebiet.

Modeläden mit internationalem Publikum

„Wir brauchen mehr Polizei, keine Frage“, sagt Halil Özet, ein Geschäfts- und Kameramann, der sich seit vielen Jahren für Marxloh einsetzt. Und doch will er der Kanzlerin ein anderes Marxloh vorstellen, eines mit „Potenzial, Energie, Kreativität. Wir sind der Stadtteil in Duisburg mit der internationalen Kundschaft.“

Das bezieht sich auf die Weseler Straße, wo eine Vielzahl türkischer Brautmodengeschäfte wunderschöne Kleider ausstellt und Paare auch aus Holland, Belgien oder Frankreich anzieht. Dazwischen Beibootgewerbe: Fotostudios, Geschäfte für Bettwäsche und Dessous, zwei neue Juweliere – man fragt sich unwillkürlich, ob sie mehr Mut haben als Polizeigewerkschafter. Das Präsidium sagt es übrigens so: „In Duisburg fährt die Polizei in jede Straße, auch mit einem einzelnen Streifenwagen.“

Gottesmutter neben dem Warte-Container

Freilich scheint auf verflixte Weise alles in Marxloh seine Schattenseite zu haben, auch das Hochzeitsglück: Wenn die Brautleute kommen, freitags und vor allem samstags, dann kommen auch gut organisierte Bettler, weil hoch gestimmte Paare schneller geben.

Vor St. Peter steht neben der lebensgroßen Muttergottes ein Container, darin sitzen Kranke. Menschen vom Balkan ohne Krankenversicherung, 12 000 sollen im Ort sein, und die Ehrenamtler, die sie heilen, sind, nun ja, heillos überfordert. „Der Container ist das einzige, was die Stadt beiträgt“, sagt Pater Oliver. Einer, der es schwierig liebt. Vor Marxloh war er in Bruckhausen. „Leicht kann jeder.“

Zwei Stunden im Hotel

Auch Pater Oliver trifft die Kanzlerin und will darüber reden, dass „die Menschen in Marxloh sich alleingelassen fühlen“. Alle. Die vielen neuen Roma, die „ja nicht dumm sind und sich freuen würden, in einer Gammelwohnung zu sitzen“. Und die alteingesessenen Deutschen genauso, die mit der Menge und der Lebensart der Neuen nicht zurechtkommen.

Viele Deutschtürken ziehen ja jetzt weg. Aus Marxloh!

Von all dem wird Angela Merkel nichts sehen. Sie landet auf einem Sportplatz, fährt durch zwei normale Straßen zum Hotel, spricht zwei Stunden mit den Leuten, Vertretern von Vereinen und Initiativen. Hören wird sie, und, sagt der Pater, „entscheidend wird, dass sie vermitteln kann: Was ihr sagt, das interessiert mich.“ Claudia Zenner, die im Hotel „Montan“ gerade den Chef vertritt, wird nicht dabei sein. „Ich hab’ noch nie Angst gehabt in Marxloh“, sagt die 61-Jährige.