Das erst vor einem Jahr eröffnete Callcenter von Tectum im Businesspark Asterlagen ist nach Angaben von Mitarbeitern am Montag geschlossen worden. Die rund 170 Mitarbeiter bekamen die Kündigung zum 31. Mai am Sonntag – per Kurier nach Hause.
Duisburg.
Als die Callcenter-Firma Tectum vor einem Jahr im Businesspark Asterlagen einen neuen Standort eröffnete, war Tina M. froh, dass sie dort einen Job gefunden hatte. Sie verdiente rund 1700 Euro im Monat für ihre 42,5 Wochenstunden und rechnete jetzt insgeheim mit einer Beförderung. Als am Sonntag um 21 Uhr der Kurier an der Haustür klingelte und ihr einen Brief überreichte, fiel sie aus allen Wolken. In der Hand hielt sie ihre Kündigung. Betriebsbedingt, heißt es darin, zum 31. Mai. Der Standort werde geschlossen. Sie rief Kolleginnen an, sie alle hatte das gleiche Schicksal erreicht. Seit gestern, dem Tag der Arbeit, sind die knapp 200 Mitarbeiter bis zum Monatsende freigestellt.
Vor zwei Wochen die Arbeitszeit verkürzt
Besonders perfide: Erst vor rund zwei Wochen sind alle Arbeitnehmer von dem Unternehmen aufgefordert worden, ihre Stundenzahl zu reduzieren, berichtet Tina M., die ihren richtigen Namen lieber nicht in den Medien lesen will. Die Begründung für die Arbeitszeit-Reduzierung: Der Standort sei überbesetzt. Tina M. reduzierte ihre Arbeitszeit von 42,5 auf 35 Wochenstunden, verzichtete entsprechend auf Gehalt. Was nicht nur sie, sondern auch ihre Kollegen auf die Palme bringt: Die Firma Tectum spare sich damit in dem laufenden Monat der Freistellung jetzt rund 20 Prozent der Lohnkosten
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Der einzige Kunde am Standort Duisburg war die Telekom, für die Tectum den Kundenservice übernommen hatte. Der Vertrag kam im Vorjahr kurzfristig zustande, das Callcenter wurde in nur vier Wochen aufgebaut, Mitarbeiter für den schnellen Einstieg sogar mit MSV-Saisonfreikarten gelockt.
Tectum gehört der Private-Equity-Firma Quadriga Capital, ist rasant zum Callcenter-Branchenprimus im Ruhrgebiet mit 3000 Mitarbeitern und 100 Mio Euro Umsatz gewachsen.
War die Standort-Schließung also längst geplant und die Stundenreduzierung bewusst im Vorfeld durchgedrückt worden, um Kosten zu sparen? Auf diese und weitere Fragen gab es gestern keine Antwort. Am Tectum-Hauptsitz in Gelsenkirchen und auch bei der ausgelagerten Presseagentur nahm niemand den Hörer ab. Schon am Montag konnten die betroffenen Mitarbeiter niemanden bei der Personalabteilung erreichen. „Die sind wahrscheinlich gar nicht mehr ans Telefon gegangen, sobald sie eine Duisburger Vorwahl gesehen haben“, sagt Tina M.
Der von einem auf den anderen Tag geschlossene Tectum-Standort hatte gestern auch die ersten Gewerkschaftsfunktionäre auf der großen Maikundgebung im Landschaftspark erreicht. „So etwas habe ich in der Form auch noch nicht erlebt“, sagte Angelika Wagner, zweite Vorsitzende des DGB Niederrhein. „Das ist eine Riesen-Sauerei“, schimpfte Verdi-Chef Thomas Keuer. „Über die Einzelheiten muss sich Verdi jetzt noch informieren, dann wollen wir schnellstens aktiv werden“.
Wohl schon seit Monaten Probleme
Am Montag, dem letzten Arbeitstag für die Telefon- und auch die Führungskräfte in Duisburg, erschienen die Tectum-Chefs um Theo Reichert in Rheinhausen. Aufträge seien weggebrochen, hieß es bei der Mitarbeiterversammlung, die Schließung unausweichlich. „Rumgeduckst“ hätte die Geschäftsführung zu den zahlreichen Fragen, sagt Tina M. Was ist mit dem Urlaubsgeld, was mit den aufgezwungenen Minusstunden? Das werde im Einzelfall entschieden, hätten die Chefs gesagt und dabei beschämt von einem Fuß auf den anderen getreten.
Probleme bei den Abläufen in Duisburg gab es offenbar bereits seit Monaten. Erst im Februar soll die Führung ausgetauscht und das Konzept überarbeitet worden sein. „Eigentlich lief es seitdem besser“, sagt Tina M. Bis Sonntag.
Einer ihrer Kollegen war bereits am Montag beim Arbeitsamt. Als er erklärte, dass er im Callcenter gearbeitet hat und einen Job sucht, habe er als erstes den Rat erhalten: „ Gehen Sie ‘mal zu Tectum. Die suchen da immer welche“.