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A40 ist gesperrt – Wie Pendler trotzdem ans Ziel kommen

A40 ist gesperrt – So kommen Pendler trotzdem ans Ziel

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Berufsverkehr Foto: Matthias Graben/WAZ FotoPool
Die A40 ist in Essen die nächsten drei Monate komplett gesperrt. Mehrere zehntausend Fahrzeuge müssen täglich vom Ruhrschnellweg umgeleitet werden. In und um Essen droht noch mehr Stop als Go im Verkehr. Für Pendler heißt das Stau – oder umsteigen? Daten, Zahlen, Fakten.

Essen. 

Drei Monate Vollsperrung oder zwei Jahre lang Dauerbelastung? Für die Planer von Straßen.NRW und der Stadt Essen war das letztlich nur eine rhetorische Frage: Für drei Monate ist die A40 ab dem 7. Juli in Essen komplett gesperrt. „Eine große Herausforderung“, heißt es bei der Stadt Essen. Weil umfangreiche Sanierungsarbeiten an Ruhrschnellwegtunnel und drei Brücken auf einen Schlag erledigt werden sollen.

Die Auswirkungen für den Verkehr weiß im Vorfeld niemand abzuschätzen, denn die A40 wurde noch nie für solch eine lange Zeit komplett gesperrt. Gut 100.000 Autos pro Tag könnten die Essener Straßen zusätzlich belasten. Jede Menge Blech und Stillstand also. Könnte Umsteigen auf die Bahn für Pendler eine Alternative sein?

Die A40 ist eine Pendler-Autobahn

Die Voraussetzungen zumindest sind günstig: „Der Ruhrschnellweg ist vor allem eine Pendlerautobahn“, sagt Michael Schreckenberg, Stauforscher der Universität Duisburg-Essen. Die Autobahn werde kaum für den Durchgangsverkehr und längere Strecken genutzt, sondern eher auf kurzen Etappen befahren. Eine Chance für die Ruhrschiene: Parallel zur A40 verbinden gleich mehrere S-Bahn- und Regionalzug-Linien die Städte am Ruhrschnellweg.

Pendler-Daten zum Ruhrgebiet

8,3 Millionen Erwerbstätige in NRW pendeln jeden Tag über die Grenzen ihres Wohnortes hinweg zur Arbeit. Das Ruhrgebiet ist eine Pendler-Region. Beispiele aus der jüngsten Pendlerstatistik vom Landesamt für Statistik NRW: 46,8 Prozent der Beschäftigten in Essen kommen von außerhalb. In Duisburg liegt die Quote der „Einpendler“ bei 44,1 Prozent, in Dortmund bei 43,2 Prozent, in Bochum bei 43,6 Prozent. Noch höhere Pendlerquoten haben nur die Pendlerhauptstädte Düsseldorf (58,6 Prozent) und Bonn (54,8 Prozent).

Fast jeder zweite Arbeitnehmer in NRW lebt mehr als 20 Kilometer von der Arbeitsstätte entfernt. Laut Statistik werden sechs von zehn Arbeitswegen in NRW per Auto bewältigt. Zwölf Prozent der Beschäftigten nutzen dagegen öffentliche Verkehrsmittel für den Weg zum Job.

Pendlerströme im Ruhrgebiet – die tägliche Völkerwanderung 

Fast 138.000 Berufstätige in Essen kommenden jeden Tag von außerhalb in die Stadt. Die meisten (jeweils um die 11.000) starten von Bochum, Gelsenkirchen oder Mülheim/Ruhr, knapp 9000 von Duisburg aus. Statistiken zur Wahl der Verkehrsmittel sind nicht erhältlich.

Stichwort Verkehrsbelastung: 85.000 der Essener arbeiten wiederum außerhalb der Stadt, ähnliche viele sind es in Duisburg. In Mülheim gibt es – grob gerechnet – gut 15.000 potentielle A40-Nutzer (mit Arbeitsorten in Essen, Duisburg, Bochum oder Dortmund), in Bochum gut und gerne 25.000 Berufstätige mit Arbeitsorten im A40-Bezug-Bereich.

Wieviele Menschen täglich an den Bahnhöfen aussteigen

Die A40 ist die meist befahrene Autobahn im Ruhrgebiet. Bis zu 120.000 Fahrzeuge sind dort pro Tag unterwegs. Die Autobahnen 42 und 52 sind mit bis zu 90.000 Fahrzeugen bevölkert. An der Spitze in NRW liegt die A3 mit bis zu 160.000 Autos am Kölner Ring.

Auch die Ruhrschiene ist gut genutzt: In Richtung Westen sind zwischen Essen und Mülheim Hauptbahnhof täglich etwa 50.000 Fahrgäste unterwegs. In Gegenrichtung, zwischen Essen und Bochum fahren täglich etwa 40.000 Menschen mit dem Zug, teilt der VRR mit. Mit Abstand die meisten Bahnreisenden steigen am Essener Hauptbahnhof ein und aus: 92.000 Bahnreisende zählt die VRR-Statistik dort pro Tag. Am Hauptbahnhof Dortmund sind es 70.000, in Duisburg 61.000, Bochum zählt laut Statistik pro Tag gut 35.000 Bahnreisende, in Mülheim werden 18.000 gezählt und in Wattenscheid 5000. Genauer sind die Zahlen nicht aufgeschlüsselt.

Das Zug-Angebot

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr hatte es im Vorfeld der A40-Sperrung überlegt, letztlich aber nicht weiter verfolgt: Das Zug-Angebot wird zur großen A40-Sommerpause nicht verstärkt. „Es gäbe auch keine freien Kapazitäten auf den Trassen“, sagt VRR-Sprecher Johannes Bachteler auf WAZ-Anfrage: „Da sind uns die Hände gebunden“. Verschiedene RE-Linien wurden in diesem Jahr verstärkt und fahren inzwischen mit sechs Waggons. Erneuert wurde zudem der Fuhrpark der Linie S1, deren moderne Triebwagenzüge vom Typ ET422 mit „Doppeltraktion“ unterwegs sind, also zwei Zugteile haben.

Das Linien-Angebot

Zwei S-Bahnlinien folgen der A40 – ganz oder teilweise. Die S 1 verbindet Duisburg und Dortmund und verkehrt werktags alle 20 Minuten. Die Linie S3 verbindet Hattingen und Mülheim-Styrum, tagsüber ebenfalls alle 20 Minuten.

Zuglinien an Rhein- und Ruhr

Ergänzt wird die Liste durch insgesamt vier Regional-Express-Linien und eine Regionalbahn, die ähnlich dem Ruhrschnellweg verlaufen. Zwischen Dortmund und Duisburg fahren stündlich drei REs: Der RE1 (Aachen-Paderborn), der RE 6 (Düsseldorf-Minden), RE 11 (Mönchengladbach-Hamm). Auf einem Teilstück sind zudem die Linien RE 16 (Essen-Bochum-Witten-Siegen) und RB 40 (Essen-Bochum-Hagen) unterwegs.

Bahn-Fahrzeiten, Park & Ride-Angebot, Zug-Auslastung 

Beim Vergleich von Stadtmitte zu Stadtmitte muss die Bahn den Vergleich mit dem Auto kaum scheuen, schon gar nicht in der bestens angebundenen Ruhrschiene. Beispiele: Dortmund-Essen, jeweils Hauptbahnhof: Mit der Linie S1 dauert eine fahrplangemäße Verbindung 40 Minuten, mit dem Regionalexpress sind es 24 Minuten. Die Strecke Bochum-Mülheim/Ruhr ist in 18 Minuten (RE) bzw. in 29 Minuten (S-Bahn) geschafft. Zwischen Duisburg und Essen sind es zwischen zwölf und 18 Minuten Fahrzeit, je nach Zugart.

Fahrzeiten mit Umsteigen

Umsteigen verlängert die Fahrzeit. Extrem wird es, wo man auf unterschiedliche Verkehrsmitteln angewiesen ist. Beispiele, jeweils mit A40-Bezug: Dinslaken-Lohberg nach Essen-Philharmonie: Man muss drei bis viermal umsteigen, ist auf Bus, Regionalzug und U-Bahn angewiesen. Fahrtzeit: zwischen einer und eindreiviertel Stunde, wenn die Anschlüsse passen. Anderes Beispiel: Niedersprockhövel nach Essen-Hauptbahnhof: Mit dem Auto ist die Strecke in etwa 30 Minuten zu schaffen – ohne größere Staus, versteht sich. Mit Bus und Bahn bei ein- bis zweimal umsteigen braucht man mindestens eine Stunde.

Kombiniertes Fahren – Park & Ride-Plätze

Wer sagt denn, dass man stur nur auf ein Verkehrsmittel setzen muss? Fast alle Bahnhöfe in NRW sind mit Parkplätzen für Autos ausgestattet – „Park & Ride“ heißt das Motto. Auch hier gilt: Während der Sommerferien dürften Schienenneulinge den ein oder anderen Stellplatz für ihr Auto finden. Das Parkplatz-Angebot ist unterschiedlich zeigen die Zahlen des VRR, die aus dem Jahr 2008 sind. Beispiele: Von den zwölf Bochumer Bahnhöfen haben sechs ein „P&R“-Angebot mit zwischen 80 (Wattenscheid-Höntrop/Bochum Ehrenfeld) und 280 (Wattenscheid) Auto-Stellplätzen. In Dortmund gibt es an 15 von 30 Bahnhöfen Auto-Parkplätze – mit 10 bis 95 Stellplätzen. In Duisburg sind neun von 17 Bahnhöfen mit Parkplätzen versorgt. Das Angebot reicht von zehn bis 60 Stellplätzen. In Essen gibt es insgesamt 26 Bahnhöfe, davon haben 14 einen „Park & Ride“-Platz. Insgesamt sind dort 950 Autostellplätze, die meisten in Essen-Werden (200), Altenessen (130), Kupferdreh und Steele (je 120).

A40/Bahn – wann es besonders eng zugeht

Die Daten der Deutschen Bahn zeigen, dass Züge in den Ballungsräumen an Rhein und Ruhr wochentags zwischen 6 bis 9 Uhr und 15 bis 18 Uhr reichlich voll sind, mithin überquellen. Die Autobahn aber auch: Die A40 ist morgens zwischen 7 und 8.30 Uhr am höchsten belastet – pro Fahrspur und Stunde werden dort dann gut und gerne 2000 Autos gezählt. Am meisten befahren ist die A40 donnerstags. Und freitags zwischen 12 und 16 Uhr.

Nach Einschätzung von Lothar Ebbers, Experte vom Fahrgastverband ProBahn NRW dürfte in den Zügen der Ruhrschiene jedoch in den ersten Wochen der A40-Vollsperrung noch ausreichend Platz sein. Die NRW-Sommerferien sorgen für weniger Pendler und Schülerverkehr. Mit Blick auf die Linie S1 dürften die Semesterferien der Hochschulen die Enge in den Zügen ebenfalls verringern.

Auf die Ruhrschiene umsteigen – was es kostet 

Der Schlüssel zur Benutzung von Bus und Bahn heißt: Fahrkarte. Manche schreckt schon der bloße Anblick eines Ticketautomaten. Das muss kein Hindernis sein: Die Verkehrsunternehmen haben auch Kunden-Center, meist in den Hauptbahnhöfen und bieten im Online-Angebot und am Telefon Rat.

Mehrere Ticket-Kategorien gibt es im VRR: Kurzstrecken decken in der Regel drei bis vier innerstädtische Haltestellen ab bei Bus und Straßen- oder U-Bahn. Dazu kommen Einzel-Tickets, Vierfahrten-Tickets, spezielle Schülerangebote und eine große Auswahl an Monatsfahrkarten, teilweise im Abo. Insgesamt gibt es im VRR fünf Preisstufen: Sie reichen von A für einzelne Städte bis E für das gesamte VRR-Gebiet von Kleve bis Unna, Dorsten bis Langenfeld.

Ticket-Beispiele: Bochum-/Duisburg-Essen oder Heiligenhaus-Mülheim sind Preisstufe B; Dortmund-Essen ist Preisstufe C; Duisburg nach Dortmund ist Preisstufe D. Wesel-Unna ist Preisstufe E. Einzelne Städte sind jeweils Preisstufe A. Ein spezielles A40-Ticket gibt es nicht beim VRR. Wer in der Zeit der Riesenbaustelle auf Bus und Bahn umsteigt, kann zwischen Einzel-, Tages-, Vierfahrten und verschieden Monatstickets wählen. Preise für Monatskarten liegen zwischen 44,55 Euro für ein nicht übertragbares Ticket 1000 für eine (Groß-)Stadt, das erst ab 9 Uhr gültig ist und 238 Euro für ein übertragbares – also von bzw. mit mehreren Personen nutzbares – Ticket 2000 im kompletten VRR-Gebiet (Preisstufe E).