Essen: Warum ich als Muslim GEGEN Corona-Lockerungen am Zuckerfest bin
Ein Kommentar
Eines vorweg: Ich bin selbst gläubiger Muslim. Für mich ist das Zuckerfest (13./14. Mai) ein Highlight, das ich mit Familie und Freunden feiere. Ich kann auch die Forderungen vieler Moslems im Ruhrgebiet (und darüber hinaus) verstehen. Sie wünschen sich, dass zum Zuckerfest die Kontaktbeschränkungen gelockert werden, um wenigstens (Groß-)Eltern, Kinder und Enkel zu sehen.
Viele Moslems fordern im Vorfeld des zweitwichtigsten islamischen Feiertags eine Lockerung der Kontaktbeschränkung.Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen hatte an die Muslime gerichtet gesagt: „Es ist nicht vorausschaubar, wie das Ende des Ramadan gestaltet sein wird. Wir müssen Tag für Tag die Entwicklung in der Pandemie im Blick halten.“ Auch in Oberhausen kann man auf eine Lockerung hoffen. Sie hänge von der 7-Tage-Inzidenz ab, so ein Stadtsprecher.
Aber: Auch wenn die 7-Tage-Inzidenzen sinken, wäre das ein falsches Signal.
Corona-Lockerung am Zuckerfest? Dagegen spricht viel
Dabei lasse ich mal das Argument von Virologen außen vor, die gerade in Familientreffen unterm Dach einen Pandemie-Treiber ausmachen.
Regeln, die man nicht kontrollieren kann, sollte man erst gar nicht einführen. Im Klartext: Wie sieht man den Bürgern an, ob sie Muslime sind oder nicht? Wie will das Ordnungsamt private (muslimische) Haushalte kontrollieren? Wie will man verhindern, dass eine Lockerung nicht missbraucht wird und doch die ganze Großfamilie gemeinsam im Wohnzimmer sitzt? Das alles ist schlicht nicht praktikabel.
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Das ist der Ramadan:
der Ramadan ist Fastenmonat der Muslime und neunter Monat des islamischen Mondkalenders
nach islamischer Auffassung wurde im Ramadan der Koran herabgesandt
das Fest des Fastenbrechens folgt im Anschluss an den Fastenmonat (Zuckerfest)
es ist nach dem Opferfest der zweithöchste islamische Feiertag
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Eine weitere, weit wichtigere Sache spricht ebenfalls gegen eine Zuckerfest-Lockerung für Muslime: der gesellschaftliche Zusammenhalt. Corona hat die Menschen ohnehin mürbe gemacht und gespalten. Egal ob Christ, Atheist, Moslem, Deutscher oder Mensch mit Migrationshintergrund. Die einen befürworten die politischen Maßnahmen, die anderen nicht, einige wollen sie sogar verschärfen, wiederum andere verspüren „Impfneid“ auf Menschen, die vor ihnen an der Reihe sind.
Wenn jetzt nur einem Teil unserer Gesellschaft erlaubt wird, sich an zwei Tagen nicht mehr an die strengen Kontaktbeschränkungen halten zu müssen, kann das neue Verwerfungen auslösen.
Von Lockerung an Weihnachten hatten ALLE was – und jetzt sollen nur wir Muslime profitieren?
Das Argument, die Christen hätten ja an Ostern und insbesondere an Weihnachten Lockerungen gehabt, ist nicht plausibel, denn schließlich haben wir ALLE, auch die Muslime, von ihnen profitiert – ob man die Feiertage wirklich feiert oder nicht.
Das wäre bei einer Zuckerfest-Lockerung nicht der Fall, ergo müssten Lockerungen für alle gelten.
Die Politik würde gut daran tun, uns Muslimen zum Zuckerfest keinen Honig um den Bart zu schmieren. Das beste wäre: Wir halten uns an „unseren“ Feiertagen an die Corona-Regeln, um dann umso schneller Lockerungen herbeizuführen. Und zwar für ALLE, für uns als EINE Gesellschaft.