Natürlich wäre es schön, wenn man Karstadt in Essen halten könnte. Aber wo soll der Konzern mit seiner Hauptverwaltung hin? Ein Kommentar.
Essen ist immer noch die Stadt der Konzerne und profitierte zuletzt sogar von Konzentrationsentscheidungen, überraschend etwa bei Eon, zuvor schon bei Thyssen-Krupp. Ansonsten aber sind Sorgen angesagt. Die Energieriesen ächzen unter der Energiewende, bei Hochtief oder Ferrostaal sind die besten Zeiten vorbei, und wie es um Karstadt steht, konnte nun wirklich niemandem entgehen. Die riesige Hauptverwaltung an der A 52 in Bredeney stammt aus den goldenen Zeiten, als Einkaufen gleichbedeutend war mit dem Besuch eines Kaufhauses, als Karstadt Herrscher der Innenstädte und Einkaufszentren war. Vorbei. Karstadt will sich kleiner setzen, was verständlich ist.
Natürlich wäre es schön, wenn man den Traditionskonzern in Essen halten könnte. Aber wo? Auf die Schnelle dürfte kein geeigneter Büroraum auf dem Markt sein, es sei denn dem neuen Eigentümer des alten Thyssen-Krupp-Hochhauses am Bismarckplatz, Hubert Schulte-Kemper, gelingt ein weiterer Coup. Im Moment erscheint das nicht als realistische Perspektive, obwohl ein solcher Altbau den finanziellen Möglichkeiten von Karstadt vielleicht ja doch entgegenkäme.
Wirtschaftsförderer will im Fall Karstadt „kreativ denken“
Wollte Karstadt neu bauen, würde sich nun rächen, dass Essen seit vielen Jahren so gut wie nichts mehr getan hat, um attraktive, ausreichend dimensionierte Gewerbe- und Büroflächen auszuweisen. Als Wirtschaftsförderer Dietmar Düdden vor einigen Monaten lautstark vor dem Engpass warnte, kam die Antwort prompt, aber anders als Düdden es sich wohl erhofft hatte: Die von der Planungsverwaltung erarbeitete Flächenliste wurde von der Politik als angeblich nicht durchsetzbar abgelehnt. Weil Wirtschaftsförderer trotzdem immer optimistisch sein müssen, will Düdden im Fall Karstadt „kreativ denken“. Klingt gut, verdeckt aber nur mühsam die große Ratlosigkeit.
Dass die Stadt mit der Fläche in Bredeney ein großes, neues Entwicklungsgebiet bekäme, ist die einzig gute Nachricht der Karstadt-Tragödie. Das gilt allerdings nur, wenn nicht erneut der Denkmalschutz zuschlägt. Essen hat schon jetzt genug zu tragen an solchen Stillstand-Verurteilungen – siehe die Lage an der Norbertstraße, wo die gewaltig dimensionierte, denkmalgeschützte Polizeischule aus den 1920er Jahren vor sich hindämmert.
Keine Frage, dass die Karstadt-Zentrale einen architektonischen Reiz hat als gelungenes Beispiel für die Brutalo-Moderne der späten 1960er Jahre. Aber irgendwo muss auch mal das Entwicklungsbedürfnis einer Stadt zu ihrem Recht kommen, zumal sich an der Theodor-Althoff womöglich realisieren ließe, was Essen beides dringend braucht: neues Wohnen und neues Gewerbe in einem intelligenten Mix, wie er im Univiertel zu besichtigen ist.