• Das Ordnungsamt rechnet mit 4000 illegalen Müllkippen in Essen
• Die Müllhalden werden immer unappetitlicher
• Die Täter sind nur schwer zu überführen

Essen. 

Ein Hund, tot. Verschachert neben alten Kisten und Hausmüll. Neben Glas- und Altpapiercontainern: „Das war das heftigste, was ich in 34 Jahren gesehen habe“, sagt Dirk Bockholt. Der 52-Jährige arbeitet für die Essener Entsorgungsbetriebe (EBE), zerrt gerade einen alten Nachtspeicher aus dem großen Müllhaufen an der Karnaper Straße im Essener Norden.

Es ist eine von 80 Glas- und Papiercontainer-Deponien, die von der EBE wöchentlich abgefahren werden müssen. Denn die Stadt hat ein Müllproblem. Möbel, Farbeimer, säckeweise Klamotten, verschimmelter Hausmüll, Bauschutt, Exkremente: Überall in Essen entstehen illegale Müllkippen. Und verschandeln das Stadtbild

Eine Stelle, an der immer wieder Müll abgeladen wird, ist die Karnaper Straße in Altenessen. Wir haben das EBE-Team bei ihrer Arbeit begleitet.

„Wir merken, dass sich das Problem mit illegalen Müllhalden in den letzten Jahren verschärft hat“, sagt Bettina Hellenkamp, Sprecherin der EBE. Das zeigt auch der Drei-Achsen-Müllwagen-Koloss, der sich langsam die kleine Seitenstraße nahe des Supermarkt-Discounters entlangschiebt: Bockholt: „Früher sind wir noch mit einem kleinen Müllwagen unterwegs gewesen. Das reicht heute nicht mehr.“

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Bockholt und seine Kollegen fahren die illegalen Müllkippen zwei- bis dreimal die Woche ab – zusätzlich zur regulären Müllabfuhr. Dazu kommen Müllsammelstellen, die von Essener Bürgern gemeldet werden.

Die illegalen Müllhalden sind im ganzen Stadtgebiet verteilt, einen besonders schlimmen Stadtteil gäbe es nicht, sagt Hellenkamp. Doch augenscheinlich ist es vor allem der Norden der Stadt, der in Sachen Müll aktuell die schlechteste Publicity bekommt. Vor zwei Wochen erst meldete sich die EBE mit einer emotionalen Pressemitteilung an die Öffentlichkeit.

Von Müllbergen so eklig, dass sich sogar erfahrene Müllmänner übergeben mussten, ist dort die Rede. Nur mit Schutzanzügen, Gummihandschuhen und Atemmasken hatten sich die Mitarbeiter der EBE einer Müllkippe auf der Karlstraße genähert. „Bis auf den Süden der Stadt sind ähnliche Müllkippen aber überall zu finden“, sagt Hellenkamp. Vor allem dort, wo Glas- und Papier-Container etwas abseits stehen.

Menschen fahren extra zu den abgelegenen Orten

Die Karnaper Straße ist ein Paradebeispiel. Tagsüber herrscht Betrieb, am Abend aber ist es hier menschenleer. Dann ist der Supermarkt dicht und auch die Werkstatt nebenan geschlossen. Hellenkamp: „Es sind ja meist gar nicht die Menschen, die in der Umgebung wohnen, die hier Müll abladen, sondern welche, die extra zu diesen abgelegenen Ort fahren.“

So auch hier. Eine alte Nachtspeicherheizung steht da. Und ein Eimer Farbe. Hausmüll, der langsam vor sich hinschimmelt: „Eigentlich müssten wir hier mit Schutzkleidung sauber machen. Allein schon wegen des Asbests in der alten Heizung“, sagt Bockholt.

Dann zieht er einen ungeöffneten Briefumschlag aus dem Müllberg. Adressat: Eine Bar in der Innenstadt. Dazu: alte Getränkekarten, Dekotafeln, auf denen noch die Cocktail-Happy-Hour beworben wird. „Hier ist der Fall wohl sehr eindeutig“, sagt Bockholt.

„Wir können den Müll nur wegräumen“

„Wir können den Müll nur wegräumen, alles was danach kommt, dafür ist die Stadt zuständig“, sagt die EBE-Sprecherin Hellenkamp.

Dort versucht man, den Verschmutzer ausfindig zu machen. „Wir leiten dann ein Bußgeldverfahren ein“, erklärt Jasmin Trilling. Wird der Täter überführt, kann das bis zu 1530 Euro kosten. 3600 Fälle von illegalen Müllkippen gab es im vergangenen Jahr. 2017 rechnet die Stadt mit über 4000 Fällen.

Allerdings erweist sich das Überführen der Müllsünder oft als schwierig. Trilling: „Eine Adresse auf einem Brief reicht einem Richter nicht aus. Wir müssen beweisen, dass derjenige den Müll auch tatsächlich abgelegt hat.“

Doch auf frischer Tat wird selten ein Täter ertappt. Denn meist sind diese in der Nacht unterwegs, so die Stadtsprecherin.