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Essen: Streit zwischen Querdenker-Lehrer und Schüler eskaliert – schlimme Befürchtung!

In Essen unterrichtet ein Lehrer an einem Gymnasium, der zu den Querdenkern gehören soll. Schüler haben nun eine große Befürchtung.

Essen: Querdenker-Lehrer unterrichtet Kinder jeglichen Alters.
© IMAGO / Arnulf Hettrich/ IMAGO / Kirchner-Media/ Montage DER WESTEN

Schüler der Frida-Levy-Schule demonstrieren für ein neues Gebäude

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Eigentlich sollte ein Lehrer Schülern am Berufskolleg Ratingen Mathe und Physik beibringen, doch stattdessen habe dieser plötzlich auch krude Querdenker-Thesen in den Unterricht einfließen lassen.

Als Klassensprecher wollte Jan-Niklas N. dagegen angehen – jetzt sehen sich beide bald vor Gericht wieder. Der beschuldigte Lehrer unterrichtet inzwischen an einem Gymnasium in Essen. Und der ehemalige Schüler hat deshalb eine große Sorge.

Lehrer entpuppt sich plötzlich als Querdenker

Wenn es am 4. November vor Gericht geht, ist nicht der Lehrer der Beschuldigte. Jan-Niklas N. muss sich wegen übler Nachrede verantworten. Dabei wollte er als Klassensprecher vor zwei Jahren nur Verantwortung übernehmen und den Querdenker-Aussagen seines Lehrers Einhalt gebieten. „T-Online“ hatet zuerst über den Fall berichtet.

Der heute 18-Jährige erinnert sich noch gut, wie alles begann: „Es fing damit an, dass er Rückfragen wegen der Masken gestellt hat. Ob es uns denn damit gut ginge. Er wollte uns auch einreden, dass die Masken nicht gut sind“, erzählt der ehemalige Schüler des Berufskollegs Ratingen gegenüber DER WESTEN.

Im Mathematik-Unterricht wurde es auch immer wieder politisch. Irgendwann habe der Lehrer im Unterricht als Quelle einmal auf den Verschwörungsideologen Ken Jebsen verwiesen. Das alles habe die Klasse für komisch befunden, sich zunächst aber keine großen Gedanken gemacht – bis plötzlich Videos auftauchten.  

„Ich habe ihn noch sehr lange verteidigt, dass es aktuell einfach eine Phase sei. Ein Klassenkamerad von mir hatte dann auf einmal Videos von Reden in Berlin auf den großen Querdenker-Demos gefunden“, so Jan-Nilas. DER WESTEN hat versucht mit dem Lehrer in Kontakt zu treten, jedoch keine Antwort erhalten.

Essen: Schüler in großer Sorge

Die Videos sind bei YouTube zu sehen und zeigen den Lehrer 2020 auf einer Querdenker-Versammlung in Berlin. Dort teilte er sich eine Bühne mit bekannten Gesichtern der Szene wie Attila Hildmann und Arthur Helios. Letzterer wurde wegen eines Hitlergrußes verurteilt und kündigte den Lehrer als Oberstudienrat und „Freund der ersten Stunde“ auf der Bühne an. Der Lehrer hielt danach Reden unter anderem über Corona, Lobbyismus, Macht und dem System.

„Wir fanden die Aussagen teilweise sehr schwierig und waren uns unsicher. Die gesamte Klasse hat sich dann entschlossen, dass wir uns an unsere Schulleitung wenden“, so Jan-Niklas N. Da der beschuldigte Lehrer zu diesem Zeitpunkt auch bereits an einem Gymnasium in Essen unterrichtete, ging eine E-Mail auch an diese Adresse.

DER WESTEN liegt die besagte E-Mail vor. Darin äußert Jan-Niklas N. stellvertretend für die ganze Oberstufen-Klasse große Sorgen, da der Lehrer an der anderen Schule auch jüngere Klassen unterrichte. Die Schüler befürchteten, dass jüngere Kinder die Aussagen des Lehrers nicht richtig einordnen und prüfen könnten. Deshalb die Bitte an die jeweilige Schulleitung, Kontakt zu dem Lehrer aufzunehmen und mögliche Konsequenzen zu prüfen.

Um seine Anschuldigungen mit Beweisen zu untermauern fügte Jan-Niklas N. das Videomaterial von den Kundgebungen hinzu und verwies auf die Mitgliedschaft zur Partei „Die Basis“. Dort wird der Lehrer in einer Pressemitteilung zwischenzeitig als Landesvorstands-Mitglied vorgestellt und sogar als Querdenker bezeichnet.

So reagierten die Schulen

„Meine Schulleitung ist direkt auf uns zugekommen. Unsere Schulleiterin hat dann versprochen sich mit ihm zusammenzusetzen und es gab auch eine allgemeine Veranstaltung zur Neutralitätspflicht“, berichtet der ehemalige Schüler. Zu einer direkten Konfrontation mit dem Lehrer sei es im Klassenraum ebenfalls gekommen. Doch der Lehrer habe die Anschuldigungen aus der E-Mail bestritten.  


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Auf Nachfrage dieser Redaktion, ob der Lehrer Konsequenzen zu fürchten hatte, verwies die Schulleitung des Gymnasiums in Essen an die zuständige Bezirksregierung Düsseldorf. Über mögliche Folgen für den Lehrer wurde sich nicht geäußert. Auch wollten wir wissen, warum man der eindringlichen Bitte des Schülers die Namen der Absender der E-Mail nicht weiterzuleiten, nicht nachkam. Die Schüler fürchteten damals so kurz vor dem Abitur um ihre Noten.  

„Ist das dienstliche Verhalten einer Lehrerin oder eines Lehrers oder eines sonstigen Beschäftigten an der Schule zu beanstanden, so ist der oder die Betroffene unverzüglich unter Darlegung des Sachverhaltes darauf hinzuweisen und zur Änderung des Verhaltens aufzufordern. Wird das Fehlverhalten nicht abgestellt oder besteht der Verdacht eines Dienstvergehens, meldet die Schulleiterin oder der Schulleiter dies der dienstaufsichtlich zuständigen Schulaufsichtsbehörde, bei Personal, das nicht im Landesdienst steht, dem Schulträger oder dem jeweiligen Arbeitgeber“, so eine Sprecherin der Bezirksregierung.

Da Jan-Niklas N. der Absender der E-Mail war, stellte der Lehrer gegen ihn eine Anzeige wegen übler Nachrede bei der Polizei. Kurz danach flatterte dann eine Unterlassungsklage rein. „Ich war erstmal geschockt, dass er diesen Schritt geht. Als ich dann gelesen habe, was er alles abstreitet und was ich nicht mehr sagen darf, da wusste ich, dass ich das so nicht unterschreiben kann. In meinen Augen hätte es auch gereicht, wenn er auf mich zugekommen wäre.“

Ein Versuch, den Streit im September 2021 vor einem Schiedsgericht beizulegen, scheiterte. Inzwischen hat Jan-Niklas N. sein Abitur abgeschlossen – jetzt hofft der 18-Jährige nach der Urteilsverkündung des Gerichts mit diesem Teil seiner Schullaufbahn auch endlich abschließen zu können.