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Essen: Korea-Sekte breitet sich aus – was sie brandgefährlich macht

In Essen breitet sich eine gefährliche Sekte aus: „Shincheonji“-Mitglieder sprechen vor allem jüngere Menschen an, wollen sie vereinnahmen.

Essen Shincheonji
u00a9 Imago/Penta Press

Warum werden Fahndungsfotos so spät veröffentlicht?

Wenn die Polizei Fahndungsfotos veröffentlicht, sind oft Wochen seit der Tat vergangen. Wann darf die Polizei Fahndungsfotos veröffentlichen? Und warum dauert das so lange?

Sie treten äußerst freundlich auf, zuweilen sympathisch, bitten um Hilfe für ein Uni-Referat, machen Umfragen oder haben Fragen zu einem Buch. Manchmal geben sie vor, Freunde in einer neuen Stadt zu suchen – doch in Wahrheit sind sie Missionare in den Fußgängerpassagen von Essen, auf der Suche nach neuen Mitgliedern für eine gefährliche Korea-Sekte.

„Shincheonji“, zu deutsch „neuer Himmel und Erde“, heißt die pseudo-religiöse Gemeinschaft aus Korea. Ihr Ziel sind vor allem Studenten der Uni Duisburg-Essen, doch auch andere junge Menschen werden beobachtet und dann gezielt angesprochen. Die Masche hat es in sich: Sie knüpfen schnell einen persönlichen Kontakt, man kommt über die Bibel ins Gespräch, unter einem Vorwand werden dann weitere Treffen arrangiert. Viele Opfer begreifen erst nach einiger Zeit, was das eigentliche Ziel der vormals netten Person gewesen ist. Doch oft ist es dann schon zu spät…

Essen: Was ist diese gefährliche Korea-Sekte?

Ein Sekten-Experte aus Essen, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben will, bringt es gegenüber DER WESTEN auf den Punkt: „‚Shincheonji‘ ist intransparent, streng und autoritär. Diese Weltanschauungsgemeinschaft schafft es, Neumitglieder in immer zeitintensiveren Bibelkursen festzuhalten. Die Mitgliedschaft führt oft zum Bruch mit Familie und Freunden, auch zur Kündigung des Jobs oder zum Abbruch des Studiums. Man ordnet sich rund um die Uhr der Gemeinschaft unter.“

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Besonders wegen der Corona-Pandemie und der Lockdown-Phasen konnte die „Shincheonji“-Gemeinschaft wachsen, inzwischen ist Essen das NRW-Zentrum für ihre Tätigkeiten. Auch in Berlin und Frankfurt a.M. ist sie stark aktiv. Ist man einmal in der Sekte gefangen, ist es schwierig, wieder herauszukommen. Der Experte weiter: „Mitglieder, die sich distanzieren wollen, seien ‚auf ewig verloren‘, wenn sie gehen. Manche Aussteiger haben Angst und fühlen sich verfolgt.“

Sekten-Gründer bezeichnet sich als „verheißener Pastor“

Gründer ist der fast 92-jährige Lee Man-Hee, der nach eigener Aussage von einer jahrhundertealten Königsfamilie abstamme. Seiner Lehre nach würde die Endzeit bevorstehen, und nur die Mitglieder seiner Gemeinschaft würden den Weg ins Paradies finden. Er selbst sei der „verheißene Pastor“ und Heilsbringer der „Versiegelten“. In Südkorea ist die Bewegung dafür verantwortlich, dass sich etliche katholische, evangelische und freikirchliche Gemeinden mangels Mitglieder auflösten.

Essen Shincheonji
Der „Gottesdienst“ einer Shincheonji-Gemeinde in Südkorea. Durch dieses Zusammengehörigkeitsgefühl will man es Aussteigern so schwer wie möglich machen. Foto: Imago/Penta Press

„Shincheonji“ tritt unter vielen Namen auf, unter anderem als „Vereint in Jesus e.V.“, „International Peace Youth Group“, „International Women’s Peace Group“, „Heavenly Culture World Peace Restoration of Light“ oder „World Alliance of Religions for Peace“. Die Missionierungstätigkeit hat es aber noch darüber hinaus in sich: Ohne jede Scham unterwandern „Shincheonji“-Mitglieder Gemeinden anderer Kirchen, werben so immer mehr Leute ab.

Warum die Sekte in Essen mit „geheimdienstlichen Methoden“ spioniert

Laut des Experten erinnere die Beobachtung von neuen Mitgliedern an „geheimdienstliche Methoden“: „Man guckt, mit wem die Person spricht, was sie braucht. Intern wird sogar ein Punktesystem geführt, mit dem der Charakter beurteilt wird. Ist jemand von der Persönlichkeit beispielsweise zu dominant, passe er nicht in die Gemeinschaft, weil er letztlich zu schwer zu kontrollieren sein könnte.“


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Was können betroffene Familien und Freunde tun, wenn sie wissen, dass jemand Geliebtes in den Fängen der Sekte eingesperrt ist? Der Essener Experte: „Je kritischer das Umfeld ist, desto stärker ist das Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen Mitglied und ‚Shincheonji‘. Man darf keine ‚Gegengehirnwäsche‘ betreiben, das entfremdet nur noch weiter. Man muss den Kontakt halten und da sein, wenn der Betroffene vielleicht doch einen Ausweg oder Hilfe sucht.“