Während sich die meisten Menschen aktuell nach Wärme und Sonne sehnen, zieht es immer mehr Prominente und Sportler in die Kältekammer bei „Coolbox Recovery & Performance“ in Essen auf der Rüttenscheider Straße 16 (>>> hier mehr Einzelheiten). In der Kammer wird bei minus 85 Grad die Haut innerhalb weniger Minuten auf eine Temperatur von fünf Grad heruntergekühlt.
Doch warum sollte man sich so etwas freiwillig antun? Und wie fühlt sich das eigentlich in so einer Kältekammer an? DER-WESTEN-Reporter Stefan Schier hat den Selbsttest gemacht.
Essen: Vorteile der Kältekammer
Ich sitze im Wartebereich des Wellnesszentrums auf einer schwarzen Ledercouch. Viele Promis geben sich hier die Klinke in die Hand (>>> mehr dazu). Inhaber Tekin Özdemir (35) gibt mir ein Zeichen, dann gehen wir gemeinsam durch eine Tür. Im nächsten Raum befinden sich auf der linken Seite ein Flachbildfernseher und auf der rechten Seite die besagte Kältekammer.
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Die Kältekammer ist ein Kubus und wird bereits ordentlich vorgekühlt. Rechts an der Seite befindet sich eine Klappe, hinter der sich das Kühlsystem verbirgt. Von dort aus führen Schläuche in die Kältekammer und sorgen für die hohen Minustemperaturen. „Das Ziel ist es, den Kunden innerhalb von viereinhalb Minuten bei einer Temperatur von minus 85 Grad auf eine Hauttemperatur von fünf Grad herunterzukühlen. Das ist aber bei jedem unterschiedlich. Wir achten da genau drauf“, erklärt Inhaber Tekin Özdemir.
Der Vorgang soll nicht nur dem Immunsystem, sondern auch der Regeneration und Leistungssteigerung zugutekommen. Außerdem soll der Kälte-Schock entzündungshemmend wirken und Schwellungen sowie Wassereinlagerungen aus dem Körper nehmen, so der 35-Jährige.
Fast nackt in die Kältekammer
Bevor ich mich selbst von den Effekten überzeugen kann, muss ich mich bis auf Unterwäsche und Socken ausziehen. Anschließend setze ich ein Stirnband mit integrierten Kopfhörern auf – über Bluetooth und Spotify habe ich hier die Möglichkeit, während der Anwendung Musik zu hören. Weil alle meine Extremitäten während des Vorgangs geschützt werden müssen, gibt es noch dicke Socken und Handschuhe obendrauf – danach geht’s für mich hinein in den ultimativen Frost.
Ich öffne die Tür und kalter, weißer Dunst kommt mir entgegen. In der Kältekammer ist es dunkel, die Umgebung ist in einem kühlen blauen Farbton gehalten. Die Kälte gelangt von oben durch Schläuche in die Box.
Zu Beginn fühlt sich das noch angenehm an. Aber: Je länger man drinsteht und merkt, wie der Körper herunterkühlt, desto unangenehmer wird es. Da es das erste Mal für mich ist, kann ich diese Temperaturen nicht so recht einordnen und werde etwas unsicher. Macht mein Körper – insbesondere mein Herz – die Kälte ohne Probleme mit?
Ich konzentriere mich ich auf meine Atmung, denn die fällt mir deutlich schwerer als unter normalen Bedingungen. Außerdem bewege ich immer wieder meine Arme und hebe die Füße an – allerdings nur langsam. Schließlich soll man sich in der Kältekammer ständig ein bisschen bewegen, aber eben nicht zu viel. Zu schnelle Bewegungen der Arme und Beine würden zu einer starken lokalen Abkühlung führen.
Essen: Kältekammer birgt auch Gefahr
Nach viereinhalb Minuten bei minus 87 Grad ist meine Zeit in der Kältekammer vorbei – zum Glück! Schließlich bin ich froh, wieder im „Warmen“ zu sein. Schmerzen oder Platzangst und Panik hatte ich nicht, aber dafür Respekt vor der Kälte und den Auswirkungen auf meinen Körper.
Der hat das Ganze gut mitgemacht. Es gibt allerdings auch Menschen, die eine Kältekammer besser meiden oder einen Besuch vorab mit ihrem Arzt abklären sollten. Darunter fallen Personen mit fortgeschrittenen Durchblutungsproblemen (starke Durchblutungsstörung der Beine oder Arme), schlecht eingestelltem Bluthochdruck, akuten Nieren- und Blasenerkrankungen, verengten Herzkranzgefäßen, frisch angelegtem Bypass, gestörtem Kälteempfinden und bei Platzangst, betont die „Apotheken Umschau“.
Ich selbst fühle mich kurz nach der Kältekammer entwässert. Ein bisschen so wie nach einem Saunagang, nur eben in kalt. Auch eine halbe Stunde nach der Kältekammer fröstele ich immer noch etwas. Ob sich der Gang positiv auf das Immunsystem ausgewirkt hat, werde ich wohl erst in den nächsten Tagen merken. Positiv ist jedenfalls, dass man pro Session in der Kältekammer „zwischen 400 und 1000 Kalorien verbrennt“, schätzt Inhaber Özdemir.
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„Man fühlt sich wie nach drei Litern Kaffee“
Zurück im Wartebereich komme ich mit einer Kundin ins Gespräch, die ebenfalls kurz davor ist, in die Kältekammer zu gehen. Franziska Kraus (30) aus Essen ist Allgemeinmedizinerin und gerade in ihrer Mittagspause in der Coolbox. „Ich komme seit vier Wochen wöchentlich hierhin und bin begeistert. Es ist gesund für den Körper. Ich empfehle das auch meinen Patienten. Der Vorgang tut aber auch ein bisschen weh. Die Nase brennt, obwohl man eine Maske trägt. Danach fühlt man sich aber wie nach drei Litern Kaffee. Ich liebe es, danach Sport zu machen. Nach der Kältekammer ist der Muskelkater quasi weg“, erzählt die Medizinerin.
Als sie den Kälte-Schock hinter sich gebracht hat, ist für Franziska Kraus klar: „Ja, das war knackig.“ Da kann ich ihr wohl nur zustimmen. Auch wenn einige Promis und Sportler den Effekt auf ihren Körper offenbar feiern, muss ich persönlich es nicht regelmäßig machen. Interessant war die Erfahrung aber allemal.
Wer die Kältekammer selbst gerne mal ausprobieren möchte, kann das einmalig für 34 Euro machen. Es gibt aber auch ein Abo-Angebot. Hier kosten 20 Anwendungen 349 Euro, also 17,45 Euro pro Gang. „Oder man kann als Pärchen hineingehen, dann wird es günstiger“, erklärt Inhaber Tekin Özdemir.
Welcher Superstar gleich mehrere Kältekammern bei sich zu Hause stehen hat, liest du hier in einem weiteren Artikel zu diesem Thema.