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Essener Tafel-Chef mit scharfer Bürgergeld-Kritik: „Es war ein Riesenfehler!“

Der Essener Tafel-Chef Jörg Sartor ist für klare und oft auch harte Worte bekannt. Jetzt wettert er gegen das Bürgergeld.

Jörg Sartor, Chef der Essener Tafel
© IMAGO/Funke Foto Services

Tafel Essen: So läuft es nach dem Ende des Ausländerstopps

Seit Mittwoch werden Ausländer wieder an der Essener Tafen angenommen. Für die meisten Bedürftigen ist das kein Problem. Sollte es erneut zu Problemen kommen, würden sie den Aufnahmestopp aber wieder einführen.

Essen steht vor einer großen Herausforderung: Die Tafel, die Woche für Woche bis zu 6000 Bedürftige mit Lebensmitteln unterstützt, sieht sich einem stetig wachsenden Andrang ausgesetzt. Die Organisation muss jetzt sogar einen drastischen Schritt gehen.

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Die Essener Tafel, die bisher aus einem historischen Wasserturm heraus operierte, sieht sich gezwungen, in eine größere Lagerhalle umzuziehen. Dieser Schritt verdeutlicht die Dringlichkeit der Lage und das Ausmaß der Bedürftigkeit in der Gesellschaft. Tafel-Chef Jörg Sartor schlägt Alarm – und wettert gegen die Entwicklung beim Bürgergeld.

Essen: Bürgergeld-Erhöhung „falsches Signal“

Sartor, der das soziale Geschehen in Essen seit rund 20 Jahren täglich hautnah erlebt, hat eine klare Meinung zur aktuellen Sozialpolitik und speziell zum Thema Bürgergeld. „So, wie es jetzt geregelt ist, ist das Bürgergeld einfach ungerecht,“ betont er im Gespräch mit der „Bild“. Seine Kritik richtet sich vor allem gegen die Entscheidungen der Ampel-Regierung, die seiner Meinung nach die Problematik in Essen und anderswo noch verschärft haben.

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Dem Essener Tafel-Chef sind die negativen Konsequenzen der jüngsten Bürgergeld-Erhöhung ein Dorn im Auge. „Es war ein Riesenfehler der Ampel-Regierung, das Bürgergeld um zwölf Prozent zu erhöhen. Ein komplett falsches Signal! Es hat dazu geführt, dass sich Arbeit zum Teil nicht mehr lohnt.“

Geringverdiener stehen schlechter da

Im Interview mit DER WESTEN hatte Sartor schon im Dezember 2023 klar Stellung bezogen: „Einige Geringverdiener haben weniger als Bürgergeld-Empfänger“. Der Essener Tafel-Chef führte aus: „Geringverdiener haben Kinder in der Tagespflege, müssen teilweise für ihren Job ein Auto haben, Sportangebote selbst zahlen und natürlich auch den Rundfunkbeitrag.“ Das alles werde bei Bürgergeld-Empfängern vom Staat übernommen, sodass diese unterm Strich mehr von ihrem Geld haben.

Jörg Sartor, Chef der Essener Tafel
Jörg Sartor, Chef der Essener Tafel Foto: IMAGO/Funke Foto Services

Die Problematik spitzt sich in den Augen von Jörg Sartor insbesondere im Hinblick auf die Lebensleistung zu. Er plädiert dafür, diejenigen, die über längere Zeit gearbeitet haben und dann von Arbeitslosigkeit betroffen sind, stärker zu unterstützen als diejenigen, die bisher kaum oder gar nicht erwerbstätig waren.

Im Klartext: Er fordert nicht nur eine Differenzierung bei den bereits in Deutschland lebenden Menschen, sondern auch bei neu ins Land kommenden Ausländern. „Es ist schwer nachvollziehbar, warum einer, der gerade über die Grenze gekommen ist, die gleichen Ansprüche haben soll wie ein anderer, der hier im Land lange geschuftet hat.“ Harte Worte, die sicherlich nicht überall gut ankommen. Und noch an einer weiteren Stelle legt Sartor den Finger in die Wunde: Zur Tafel in Essen kämen immer mehr alte Menschen, die sich mit ihrer Rente nicht über Wasser halten können.


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Der bevorstehende Umzug in eine größere Unterkunft soll es nun ermöglichen, dass die Essener Tafel noch mehr Hilfebedürftige versorgen kann. Doch dadurch würden nicht die grundsätzlichen Probleme gelöst, betont Sartor. Vielmehr bestehe politischer Handlungsbedarf.