Essen.
Es klingt unglaublich. In Deutschland sollen tausende Autofahrer auf den Straßen unterwegs sein, die keine einzige Verkehrsregelung kennen. Die die Sprache in den Prüfungen gar nicht verstehen. Die ihre theoretische Prüfung nur bestanden haben, weil ihnen skrupellose Betrüger die Antworten zuflüsterten.
Ein lukratives Geschäft. Das will nun RTL-Moderator Burkhard Kress für das Magazin „Extra“ in einer einjährigen Recherche herausgefunden haben.
RTL-„Extra“: Mehrere Familien-Clans in das Geschäft involviert
Demnach sollen ganze Familien-Clans an dem illegalen Geschäft teilhaben. Ein Aussteiger verrät dem RTL-Reporter, dass er in seiner aktiven Zeit rund zehn Prüflinge pro Tag durch die theoretische Prüfung geschleust habe.
Rund 80.000 Euro hätte er pro Monat damit verdient. Mindestens sechs Clans würden in Deutschland illegale Führerscheinprüfungen anbieten.
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Doch wie soll das funktionieren? Mit ausgeklügelter Spionagetechnik. Die kann sich jeder im Netz besorgen. Der Reporter und seine Mitarbeiter besorgen sich ihre Technik im Ruhrgebiet. In Essen.
Der Verkäufer gibt offen zu, die Technik an Führerscheinbetrüger zu verkaufen. Witzelt darüber, wie gut die Betrüger im Geschäft seien. Für 400 Euro können die Reporter die komplette Technik bei ihm kaufen.
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Spionagekamera und Mini-Mikros
Im Anschluss machen die Reporter selbst den Test. Mit der Spionagekamera filmen sie den Bildschirm ab, übertragen die Bilder an eine Verbindungsperson. Der löst die Aufgaben, gibt die Lösungen per Smartphone an das Mini-Mikrofon im Ohr des Prüflings weiter.
Laut Kress sollen diese Leistungen von vielen Flüchtlingen und Ausländern in Anspruch genommen werden. Das liege laut RTL daran, dass sie die Sprache in den Fragen nicht verstehen würden. Auf der anderen Seite würden ihnen aber viele Fahrerjobs angeboten. Sie seien also auf den Führerschein angewiesen.
Zwischen 3000 und 5000 Euro muss der Prüfling für die illegale Hilfe bei der theoretischen Prüfung zahlen. Und sogar den Sehtest und die Erste-Hilfe-Ausbildung werden gefälscht. Wie die Betrüger anschließend ohne Kenntnisse die praktische Führerscheinprüfung bestehen sollen, wird in dem RTL-Bericht nicht erwähnt.
Live an Prüfung teilgenommen
Im Raum Krefeld nimmt das RTL-Team sogar live an einer Prüfung teil. Eine Gruppe Albaner will einen Mann durch die Prüfung schleusen. Er sei schon mehrfach durch die Prüfung gefallen, habe schlimme Prüfungsangst.
Sie verkabeln den Mann, parken ihren Wagen vor dem TÜV-Gebäude. Während der prüfungsängstliche Kunde seinen Test absolviert, lösen die Betrüger die Fragen, geben sie an ihren Kunden weiter. Alles klappt. Der Mann besteht die Prüfung ohne Probleme.
TÜV weiß von Betrügereien
Der TÜV weiß von den Betrügereien. In der Reportage kommt auch Arne Böhne vom TÜV-Rheinland zu Wort: „Wir haben jetzt seit fünf, sechs Jahren intensiver damit zu tun. Vorher war das noch nicht so, weil eben die technische Ausrüstung noch nicht für jedermann so einfach zu bekommen sei.“
Zudem sei es in den letzten Monaten auch immer wieder zu bedrohlichen Situationen für die Prüfer des TÜV gekommen. Beispielsweise, wenn eine Prüfung kurzfristig abgebrochen würde, weil die Prüfer einen Betrug vermuten würden.
Böhne: „Dann haben unsere Mitarbeiter in den letzten Monaten, seit anderthalb, zwei Jahren etwa, gehäuft mit bedrohlichen Situationen zu tun. Das ist ein echtes Thema, dass uns in der letzten Zeit auch echt beschäftigt.“
Juristisch ist das Thema heikel: Zwar seien solche Täuschungsmanöver verboten, jedoch nicht strafbar. Aufgeflogene Prüflinge bekämen nur eine mehrwöchige Sperre, danach könnten die die Prüfung wiederholen.