Der OB muss beim Nahverkehr auf Druck der Bezirksregierung schnell Spar-Erfolge aufzeigen. Das erklärt die Ungeduld mit Duisburg. Stark ist Kufens Position jedoch nicht.
Essen.
Es ist eine alte Erfahrung: In der Politik soll man den Schwung des Neubeginns für Schwieriges nutzen. Zu Anfang lassen sich Sachzwänge, die nicht selten nur Denkfaulheit und Feigheit kaschieren, noch am ehesten zur Seite schieben.
So scheint auch Thomas Kufen zu kalkulieren. Mit seiner Attacke gegen Duisburg und seiner klar formulierten Festlegung, beim Öffentlichen Personennahverkehr im Ruhrgebiet endlich größere, effizientere Einheiten zu schaffen, hat sich der neue Oberbürgermeister gleich ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt. Kufen wird wissen, dass er sowohl hohe Erwartungen als auch den Widerstandsgeist der Strukturkonservativen weckt. An beidem kann man gründlich scheitern.
Fusionieren ist beinharte Arbeit
Einen mächtigen Verbündeten gibt es aber auch: Die Bezirksregierung als Aufsichtsbehörde sieht bei Bus und Bahn noch Spar-Chancen und setzt verschuldete Kommunen wie Essen stark unter Druck. Entweder sie schaffen es, auch über Fusionen Kosten zu senken, die dann aber mehr Substanz benötigen als nur gemeinsames Briefpapier; oder die Städte müssen rabiat die Leistungen kürzen.
Der OB will letzteres vermeiden und hat Recht damit. Abgesehen davon, dass es Kufen politisch schaden würde, wäre es unpopulär und eine Zumutung für die Evag-Kunden. Fusionieren allerdings ist beinharte Arbeit in den Apparaten, die selbstredend die Neigung haben, sich selbst zu erhalten, besser noch zu wachsen. Ihre Verbündeten sind neben Gewerkschaften und Betriebsräten vor allem die Politiker in den Aufsichtsräten, die sich mehr als Lobbyisten der Unternehmen und weniger als Anwalt der Bürger und der städtischen Etats verstehen.
Keine Schonfrist für Kufen?
Das gilt für die Evag, das gilt aber offenbar noch mehr für die Duisburger Verkehrsbetriebe, die seit Jahren auf der Bremse stehen. Das Via-Projekt, der Zusammenschluss der Essener, Mülheimer und Duisburger Verkehrsunternehmen, ist darüber nicht von der Stelle gekommen. Kufen will nach eigenen Worten „dieses Hängen und Würgen nicht mehr weiter mitmachen“. Notfalls werde man Via platzen lassen und sich Richtung Bochum und Gelsenkirchen orientieren, so Kufens Drohkulisse. Die dortige Bogestra kennt sich immerhin schon sehr lange aus mit dem Prinzip „ein Verkehrsbetrieb, mehrere Städte“.
Aber man soll sich nichts vormachen: Es sind komplexe Prozesse, die dann zeitraubend wieder von vorne beginnen müssten. Und Zeit hat der OB nicht, er ist fast zum Erfolg verdammt. Die Bezirksregierung will noch in diesem Jahr klare Spar-Beschlüsse sehen. Es scheint, als seien Kufen nicht mal die Schonfrist der berühmten 100 Tage vergönnt.