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Gruppenvergewaltigungen im Ruhrgebiet: „Habibi, ab in den Wald“ – erschütternde Bilder und Sprachnachrichten belasten Angeklagte

Gruppenvergewaltigungen im Ruhrgebiet: „Habibi, ab in den Wald“ – erschütternde Bilder und Sprachnachrichten belasten Angeklagte

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Foto: Peter Sieben

Essen. 

Irgendwas stimmt nicht mit dem Bild. Zu sehen sind ein Mädchen und mehrere junge Männer auf dem Rücksitz eines Autos.

Es könnte ein typischer Schnappschuss sein, wie ihn Jugendliche alle paar Minuten mit dem Handy aufnehmen – Aufnahmen von jungen Menschen, die lachen oder Grimassen schneiden.

Gruppenvergewaltigungen im Ruhrgebiet: Junge Frau schaut ausdruckslos

Doch auf dem Bild, das per Beamer an eine Wand im Gerichtssaal projiziert wird, lacht niemand. Das Gesicht des Mädchens, das eingezwängt neben den Männern sitzt, ist nur zum Teil zu erkennen. Die junge Frau schaut ernst, fast ausdruckslos. Einer der Jungen versucht, sein Gesicht mit seiner Kapuze zu verdecken.

Aufgenommen hat das Bild Joshua E. Er ist einer der fünf jungen Männer zwischen 17 und 23 Jahren, die sich seit dem 13. Juli vor dem Landgericht Essen im Prozess um Gruppenvergewaltigungen im Ruhrgebiet verantworten müssen: Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, Schülerinnen an entlegene Orte gelockt, ihnen die Handys abgenommen und sie zum Sex gezwungen zu haben.

Menschenverachtende Kommentare im Chatverlauf

Das Bild, das am Donnerstag vom Gericht in Augenschein genommen wurde, ist Teil eines Chatverlaufs der Whatsapp-Gruppe „Spinnen GE“. Laut Staatsanwaltschaft haben die fünf Angeklagten unter anderem diese Gruppe genutzt, um ihre Taten zu planen.

Die Kommentare unter dem Bild drehen sich um das Mädchen – ohne ins Detail zu gehen: Sie sind allesamt beleidigend und menschenverachtend.

Dass die Sätze nun laut verlesen wurden, war einigen der Angeklagten sichtlich peinlich. Mit rotem Gesicht verfolgte Joshua E. die Verlesung.

Angeklagte widersprechen sich: „Das ist gegen ihren Willen passiert“

Mehrere der Angeklagten hatten vor der Aufnahme des Bildes Oralverkehr mit dem Mädchen – keiner von ihnen bestreitet das. Laut Joshua E. und Gianni H. ist der Sex einvernehmlich passiert.

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Nur der 17-jährige Antonio H. sagt: „Sie hatte Oralverkehr mit allen, die dabei waren. Das ist gegen ihren Willen passiert.“ Joshua E. habe dem Mädchen das Handy abgenommen und ihr gedroht, sie allein zurückzulassen, wenn sie nicht mache, was er wolle.

Sprachnachricht: „Habibi, ab in den Wald“

Das sei die Wahrheit: „Warum sollte ich mich denn grundlos einer Straftat bezichtigen“, fragte Antonio H. rhetorisch. Auch der Vorsitzende Richter Rolf Uhlenbrock hakte in Richtung von Joshua E. und Antonios Bruder Gianni nach: „Warum sollte er das tun?“ Mehr als ein „ich weiß es nicht“ bekam er nicht als Antwort.

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Die Chatverläufe dürften die Angeklagten arg belasten. An einer Stelle etwa heißt es: „Richtig Skorpionwetter, können die nicht mehr nach Hause laufen, wegen Wetter.“ In einer Sprachnachricht aus dem Chat, die im Gerichtssaal abgespielt wird, ist Enrico F., der älteste Angeklagte, zu hören. Er sagt: „Habibi, ab in den Wald“ Das Gespräch ist laut Anklage ein Beleg dafür, dass die Mädchen genötigt wurden: Wenn du keinen Sex mit uns hast, setzen wir dich allein im Wald aus – weit weg von deinem Zuhause. „Skorpion machen“ stehe als Codewort für ebendiesen Trick.

Dass „Skorpion“ einfach nur ein Begriff für „alles mögliche“ sei, wie Gianni H. beteuerte, hinterfragte Rolf Uhlenbrock mehrfach: „Das verstehe ich jetzt nicht.“ Zufriedenstellende Antworten gab es auch dazu keine.