- Stadt und Allbau unterzeichneten eine Vereinbarung für Gründung einer Wohnungsvermittlungsagentur
- Flüchtlinge sollen so günstiger untergebracht werden
- Mieterauswahl soll so gestaltet werden, dass sich keine Ghetto-Bildung und keine Überforderung der Alt-Mieter ergibt
Essen.
Die Unterbringung von Asylbewerbern in Wohnungen war bislang der große Schwachpunkt der Essener Flüchtlingspolitik. Während andere Städte stark auf dieses Instrument setzten, wurde in Essen die kostenintensive Anmietung von Zeltdörfern favorisiert. Demnächst soll alles anders werden: Die Stadt und die städtische Wohnungsgesellschaft Allbau unterzeichneten am Freitag eine Kooperationsvereinbarung für die Gründung einer Wohnungsvermittlungsagentur unter der Regie des Allbau.
„In den nächsten zwei Jahren sollen insgesamt 2000 Wohnungen zum neuen Zuhause für 4000 Menschen werden“, skizziert Sozialdezernent Peter Renzel das Ziel. Allein die potenzielle Ersparnis für die Stadt sei sehr groß. Ein Flüchtling in einer Wohnung, der von Hartz IV lebt, kostet die Stadt im Schnitt 700 Euro pro Monat, in den Zelt- und Container-Unterkünften sind es jedoch bis zu 2000 Euro. Funktioniere das Modell könne die theoretische Ersparnis sich auf bis zu 53 Millionen Euro belaufen.
Hoffnung auf bessere Integration
Die Stadt verbindet mit der Wohnungsoffensive aber auch die Hoffnung auf bessere Integration der neuen Stadtbewohner. „Ein entscheidendes Element gelungener Integration ist, den Asylsuchenden Wohnraum zu geben und sie in Wohnquartieren in stabilen Hausgemeinschaften zu verankern“, sagt Oberbürgermeister Thomas Kufen. Die Unterbringung in Wohnungen biete sich auch deshalb an, da der Anteil der Menschen mit positiver Aufenthaltsprognose steige. Diese Flüchtlinge müssen längerfristig keine Abschiebung in die Heimatländer befürchten. Sie bleiben und sollen normale Bürger werden.
Stadt und Allbau wollen mit der Agentur ihre Kräfte bündeln. „Die Vermittlung in private Wohnungen wird weiter Hauptaufgabe der Stadt sein“, sagt Renzel. Ab Start der Agentur gelten im Privatsegment innerhalb von zwei Jahren rund 700 vermietete Wohnungen als realistisches Ziel. Die Allbau AG soll vor allem ihre Kontakte zu den Essener Wohnungsbaugesellschaften nutzen und dort Wohnraum einwerben, kann aber natürlich auch die eigenen Bestände mit in die Vermittlungsarbeit nehmen. Auf diese Weise sollen in zwei Jahren rund 1300 Wohnungen von Wohnungsgesellschaften akquiriert werden.
Keine Ghetto-Bildung und keine Überforderung der Alt-Mieter
„Als Allbau AG sehen wir uns in der kommunalen Verantwortung, die Stadt Essen in der aktuellen Situation zu unterstützen und dabei sicherzustellen, dass über die Vermittlung von Flüchtlingen in Wohnungen Integration eine gute Grundlage erhalten kann“, so Vorstand Dirk Miklikowski. Das bedeutet im Klartext: Die Mieterauswahl soll so gestaltet werden, dass sich keine Ghetto-Bildung und möglichst auch keine Überforderung der Alt-Mieter ergibt. Dabei hat der Allbau den Ehrgeiz, die Umsetzungsgeschwindigkeit zu erhöhen. Die potenziellen Mieter werden zukünftig direkt in den jetzigen Asyl-Unterkünften ermittelt. Vier Teams, die jeweils durch Mitarbeiter der Stadt und des Allbau besetzt sind, sollen diese Aufgabe zugewiesen bekommen. Den Teams stünden dabei landessprachliche Übersetzer zur Seite. Natürlich hat all dies auch ein Preisschild: „Es müssen neue Leute beim Allbau eingestellt werden, die Stadt muss diese Kosten übernehmen“, so Renzel.
Eine Alternative sieht die Stadt nicht, die Zahlen verlangten schnelles Handeln: Ende 2015 waren in Essener Einrichtungen bereits rund 4200 Flüchtlinge untergebracht, aktuell sind es rund 4600. Jeden Monat erwartet die Stadt in diesem Jahr die Zuweisung von mindestens rund 700 neuen Asylbewerbern.