Selbstjustiz krimineller Clans: Lebenslügen und Verdrängung
Integrationspolitische Lebenslügen, Verdrängung und Hilflosigkeit in Politik, Justiz und bei der Polizei sieht Frank Stenglein auch nach der erneuten Eskalation der Gewalt unter libanesischen Kurden in Essen.
Hochkriminelle Subkultur ignoriert Gesetze und lacht über Strafen
Für keine andere Interview-Passage hat Reil von Verdrängungskünstlern in und außerhalb seiner Partei soviel Protest geerntet. Die Messerstechereien und Pistolenschüsse vom vergangenen Samstag in der City belegen aber: Der SPD-Mann hat eher noch untertrieben. In Essen gibt es in der großen libanesischen Community eine hochkriminelle, mitgliederstarke Subkultur, die nach eigenen Regeln lebt, Gesetze ignoriert, über Strafen lacht und reichlich Transfermittel kassiert, für die andere hart gearbeitet haben.
Das offizielle Essen nahm all das allenfalls verdruckst zur Kenntnis, und daran hat sich wenig geändert. Letztlich regiert die als Pragmatismus getarnte Resignation: „Was sollen wir machen?“, ist gelegentlich schulterzuckend zu hören. Das gilt nicht nur für die Stadtspitze. Auch in der Justiz und bei der Polizei, die dem Einfluss der Landespolitik unterliegen, ist die Mischung aus integrationspolitischen Lebenslügen, Verdrängung und purer Hilflosigkeit spürbar, die immer mehr Bürger auf die Palme bringt. Zu Recht.
Braucht es erst Tote auf der Straße, bevor in Essen einige aufwachen?
Denn wie lange soll eigentlich noch gewartet werden, bis härter durchgegriffen wird? Soll die nördliche Innenstadt erst veröden, in die derzeit zig Millionen Euro privates und öffentliches Kapital fließt? Braucht es erst Tote auf der Straße, bevor in Essen einige aufwachen? Und wann erleben wir eigentlich mal, dass die Nicht-Kriminellen in der libanesischen Community und ihre politischen Freunde in den Essener Parteien nach solchen Vorfällen mehr zu bieten haben als immer wieder dieselben Nebelkerzen und dieselbe Opfer-Erzählung?
Da wäre zum Beispiel der auch in dieser Zeitung mit (zu) viel Vorschusslorbeeren bedachte grüne Ratsherr Ahmad Omeirat. Nach dem Reil-Interview tat er schwer beleidigt, so als gäbe es für die Kritik gar keine Grundlage. Er kommt auch im aktuellen „Spiegel“ zu Wort, wo breit und unkritisch das Märchen von der ach so ungerechten Essener Aufnahmegesellschaft aufgetischt wird. Die schräge Logik geht so: Weil die Essener uns nie akzeptierten, die Ämter uns immer nur ausgrenzten, weil der Duldungsstatus an den Nerven zerrte und es zunächst keine Arbeitserlaubnis gab, braucht sich niemand über Kriminalität zu wundern. Nehmen wir an, all dies würde tatsächlich stimmen (es stimmt allenfalls teilweise): Wie viele Jahrzehnte wollen sich Repräsentanten der libanesischen Community noch hinter vermeintlichem Unrecht früherer Jahre verstecken? Und seit wann ist echte oder eingebildete Benachteiligung eine Entschuldigung für Straßen-Schießereien?
Selbstmitleidiges „Schuld sind immer die anderen“-Gerede
Ich glaube kein Wort von all dem selbstmitleidigen „Schuld sind immer die anderen“-Gerede. Viele haben sich einfach bequem in ihrem Opfer-Mythos eingerichtet, virtuos die Möglichkeiten nutzend, die der Sozial- und der Rechtsstaat bieten. Fakt ist: Essen hat großzügig geholfen und Asyl gewährt. Nichts wäre normaler gewesen, als dies mit Integration zu honorieren. Und nicht mit der Pflege archaischer Gepflogenheiten, die aus einem völlig inkompatiblen kulturellen Umfeld stammen. Anpassen muss sich vor allem der, der neu hinzukommt – anders kann es nicht sein. Eine Gesellschaft, die sich nicht traut, dies offensiv und selbstbewusst einzufordern, wird diese Anpassung zumeist nicht bekommen. Und genau hier liegt der Kern des Problems.