Erstmals verbot Polizeipräsidentin Stephania Fischer-Weinsziehr eine NPD-Demo am Jahrestag der Pogromnacht. Allein ihre Argumente reichten dem Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen nicht. Es gab dem Antrag des NPD-Kreisverbandes Essen statt. Nun geht es vors Oberverwaltungsgericht.
Essen.
Am Ende war die auf ein Verbot der Versammlung hinauslaufende Auflage des Polizeipräsidiums Essen nicht tragfähig begründet, erläutern die Richter.
Die Kammer stellte in dem Beschluss klar, dass allein der Umstand, dass eine dem rechtsextremen Spektrum angehörende Partei am 9. November in Essen eine Versammlung zum Thema „Mauerfall am 09.11.89 – In Gedenken an die Mauertoten“ abhält, noch keine derart gravierende Störung der öffentlichen Ordnung darstellt, dass eine Einschränkung der Grundrechte der Versammlungsfreiheit und Meinungsäußerungsfreiheit durch ein Verbot der Versammlung gerechtfertigt wäre.
Anhaltspunkte dafür, dass die Art der Durchführung der Versammlung dazu geeignet wäre, die Symbolkraft des Datums 9. November in einer Weise anzugreifen, dass dadurch grundlegende soziale oder ethische Anschauungen in erheblicher Weise verletzt werden, habe das Polizeipräsidium nicht hinreichend durch Tatsachen gestützt.
Grundrecht schützt auch rechtsextreme Aussagen
Die Kammer führte mit Blick auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus, dass eine von der NPD durchgeführte Versammlung am 9. November, der in Deutschland seit Langem mit den Verbrechen des Nationalsozialismus und insbesondere den Ereignissen, die am 9. November 1938 gerade auch in Essen stattgefunden haben, in Verbindung gebracht wird, von der Öffentlichkeit als nicht veranlasst und unangemessen oder gar als moralisch verwerflich angesehen werden mag. Hierdurch verliere die Versammlung aber nicht den Schutz der grundrechtlich gewährleisteten Versammlungs- und Meinungsfreiheit.
Dieses Grundrecht schützt grundsätzlich auch rechtsextreme Aussagen – solange sie nicht gegen Strafgesetze verstoßen – und darf nur aus verfassungsrechtlich tragfähigen Gründen eingeschränkt werden, deren Vorliegen hier nicht hinreichend belegt war. (Aktenzeichen: 14 L 1550/13).
Polizei will Beschluss überprüfen lassen
Die Essener Polizei kündigte an, den Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Münster überprüfen zu lassen.
Die Gegendemo des Essener Bündnisses „Essen stellt sich quer“ beginnt am 9. November, um 15 Uhr, mit einer Gedenkkundgebung am Borbecker Bahnhof (Marktplatz). Sein Kommen zugesagt hat NRW-Justizminister Thomas Kutschaty.