Talentschau und Schaufenster für die Kunst mit und ohne Stecker: Die Medienkunstmesse C.A.R. macht das Sanaa-Gebäude auf dem Welterbe Zeche Zollverein am Wochenende zum Ausstellungs-Raum für Entdecker.
Es mangelt ja nicht an Leuten, die heute „was mit Medien“ machen. Und könnte man, medientheoretisch betrachtet, nicht alles, was derzeit designgegrafikt und computeranimiert wird, als Medienkunst betrachten? Die hohen Decken und luftigen Gänge des imposanten Kunstkubus Sanaa auf Zollverein müssten dann kapitulieren vor all der Kreativität. Es ist aber immer noch Luft nach oben in diesem imposanten Schauraum der Künstler, der an diesem Wochenende wieder mehr als 100 Ausstellende von Deutschland bis Südkorea, von Belgien bis Rumänien beherbergt: Kunstproduzierende aus aller Welt. Dafür ist die Definitions-Grenze der Medienkunst nicht allzu eng gefasst. Kunst mit Stecker, wie sie klassisch als Medienkunst verstanden wird, findet sich nicht übermäßig auf den drei Etagen, Interaktives bleibt die Ausnahme, Fotografisches dagegen gibt es in reicher Zahl. Und international.
Doina Talmann hat mit Unterstützung des rumänischen Kulturinstituts erstmals neue rumänische Fotografie nach Zollverein bringen können. Die Arbeit „1.45! misst dabei exakt den Zeitraum, den der Betrachter benötigt, um die dazugehörigen Erläuterungen der drei Künstler zu lesen: Wahrnehmungs-Kunst im Wortsinne. Zeitlos schön dagegen die Fotoarbeiten der koreanischen Gallery On, die stille Baumlandschaften auf feinstem Seidenpapier zum Schweben bringen. Gleich im Eingangsbereich des architektonischen Ausstellungs-Juwels mit Schaufenster-Funktion haben auch Galerien der Umgebung ihre Künstler in Position gebracht. Ricarda Fox zeigt Fotografien von Reinhard Kiehl, für die Gelsenkirchener Galerie Kabuth hat der Belgier Peter Snijdr die Wirbelsäule zum strahlenden Lichtobjekt erklärt und die Galerie Klose gibt Kostproben ihres Ausstellungsprogramms mit Fotografien von Sung Won Hong oder Frank Hohmann und Arbeiten von Wolfgang Kleber zwischen Pariser Kirchenkuppelzauber und Dessauer Kandinsky-Treppen-Klassik.
Vor allem aber unterstreicht die Contemporary Art Ruhr ihre Bedeutung als Talentschau, als Tummelplatz für Trends, für das Sich-entwickelnde und Nichtetablierte, für Ruhekissen mit Musik und Gipsgussfresken. Mit dabei sind beispielsweise die Kunsthochschulen aus Münster und Leipzig. Und die Studierenden der Folkwang-Universität sind so frei, gleich die gesamte zweite Etage des Kunstkubus zu bespielen, mit zeichnerischen, spielerischen, konzeptionellen und comickünstlerischen Beiträgen.