- Beim Kandidaten-Check des WDR nahmen fast alle AfD-Kandidaten nicht teil
- Auch Nachfragen anderer Redaktionen ignoriert die Partei einfach
- Politikwissenschaftler glaubt: Partei hat Angst, dass sich ihre Kandidaten blamieren
Essen.
Kein Video, kein Steckbrief, kein Foto. Nichts. Beim Online-Kandidaten-Check des WDR zur NRW-Landtagswahl schweigen fast alle AfD-Politiker: Lediglich sechs der 121 AfD-Kandidaten stellen sich den Fragen der Journalisten in kurzen Video-Interviews.
Bei allen anderen Parteien ist der Anteil derer, die am Kandidaten-Check teilgenommen haben, deutlich größer – meist haben jeweils sogar alle Kandidaten die Fragen beantwortet.
Guido Reil? Nein, nur ein Platzhalter-Männchen
Nicht so bei der AfD – das gilt auch für die Kandidaten aus dem Ruhrgebiet: Da, wo im Menü zum Beispiel das Konterfei vom Essener Kandidaten Guido Reil abgebildet sein könnte, ist nur ein leeres Platzhalter-Männchen zu sehen.
Daneben steht: „Die Landesgeschäftsstelle der AfD hat uns telefonisch erklärt, dass sie den AfD-Kandidaten empfiehlt, nicht am WDR-Kandidatencheck teilzunehmen.“
Warum es diese Empfehlung gibt? Auf eine entsprechende Nachfrage von DER WESTEN kam keine Reaktion. Im Vorfeld der Landtagswahl hüllt sich die Partei in Schweigen. Schon zuvor hatte die Essener AfD auf allgemeine Nachfragen unserer Redaktion schlichtweg überhaupt nicht reagiert – im Gegensatz zu anderen Parteien.
Zweifel, dass die eigenen Kandidaten der Situation gewachsen sind
Soll das eine Art von Wahlkampfstrategie sein? „Zunächst einmal ist es so, dass die AfD grundsätzlich Vorbehalte gegenüber Medien hat und deshalb sehr zurückhaltend ist“, sagt Martin Florack. Er ist Politikwissenschaftler an der Uni Duisburg-Essen.
„Ein weiterer Grund dürfte sein, dass die Geschäftsstelle womöglich Zweifel daran hat, dass manche ihrer Kandidaten einer solchen Interview-Situation gewachsen sind.“ Sprich: Die Partei hat Angst, dass die eigenen Kandidaten sich und die AfD am Ende nur blamieren.
„Angela Merkel macht das auch“
Die Parteispitze habe darüber hinaus gerade bei einer eher populistischen Partei wie der AfD ein sehr starkes Kontrollinteresse: „Es soll eine Linie wie aus einem Guss geben. Wenn Statements einzelner Kandidaten davon abweichen, stört das“, so Florack.
Ganz so einzigartig sei diese Strategie indes nicht: „Angela Merkel zum Beispiel macht das ja auch, indem sie sich zu bestimmten Themen gar nicht oder nur unbestimmt äußert.“
Nur: Verliert eine Partei nicht an Glaubwürdigkeit, wenn sich ihre Kandidaten vor einer wichtigen Wahl in der Öffentlichkeit Fragen verweigern? „Bei der AfD geht es nicht um Glaubwürdigkeit. Die Partei ist eine Projektionsfläche für alles mögliche“, glaubt Florack.
„Es geht nur um Protest“
Den potentiellen Wählern gehe es überhaupt nicht darum, dass die AfD-Politiker später mal gute parlamentarische Arbeit machen. „Es geht dabei einfach um Protest, und darum, den anderen Parteien eins auszuwischen.“
Dass die AfD in NRW besonders gute Chancen hat, glaubt Florack nicht. „Stark ist sie zum Beispiel in Sachsen-Anhalt, aber auch in Rheinland-Pfalz. In NRW ist sie besonders schwach.“
Das liege nicht unbedingt daran, dass in NRW besonders wenige Leute bereit seien, rechts zu wählen. „In NRW leben knapp 18 Millionen Menschen in ganz unterschiedlichen soziokulturellen Strukturen. In so einem Land als Partei einheitlich erfolgreich zu sein, ist einfach schwer.“
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