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Wie das Essener Netzwerk gegen Salafismus vorbeugt

Wie das Essener Netzwerk gegen Salafismus vorbeugt

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Foto: WAZ
Breite Resonanz auf Veranstaltung mit der Religionspädagogin Lamya Kaddor. Awo-Experte Thomas Rüth: „Offenbar keine Essener Muslime im Dschihad“.

Essen. 

Es ist ein beängstigendes Phänomen, das oft ratlos macht: Junge, radikalisierte Muslime ziehen auch aus dem Ruhrgebiet nach Syrien in den so genannten „Heiligen Krieg“ und bezahlen ihren Fanatismus vielfach mit dem Leben. „Das geht uns an!“ – so ist eine Infoveranstaltung an diesem Montag für Lehrer, Sozialarbeiter und Polizisten überschrieben. Ein überaus treffender Titel: Denn statt der erwarteten 100 Teilnehmer finden knapp 250 den Weg in die Weststadthalle.

Wohl auch, weil mit der bekannten Religionspädagogin Lamya Kaddor eine ausgewiesene Salafismus-Expertin das komplexe Thema zu erhellen sucht. Die Islamkundlerin aus Dinslaken erlangte bundesweite Aufmerksamkeit, als bekannt wurde, dass fünf ihrer Lohberger Schüler in den Dschihad gezogen waren.Warum radikalisieren sich junge Muslime? Warum sind sie zum Töten bereit? „Sie finden den Salafismus so attraktiv, weil er Orientierung, Gemeinschaftsgefühl und Lebenssinn zu bieten scheint“, sagt sie. Hinzu komme neben dem Frustgefühl, zu den Ausgegrenzten und Diskriminierten zu zählen, eine diffuse Dschihad-Romantik („Handeln statt reden“): „Die meisten ziehen aus Rebellion nach Syrien.“

„Es gibt offenbar keine Leute aus Essen, die weg im Dschihad sind“

Awo-Experte Thomas Rüth vom „Jugendhilfe Netzwerk“ kennt den Alltag muslimischer Familien in Altenessen und Katernberg sehr genau. Seine Prognose klingt dramatisch: „Wenn Jugendliche erst in die Hände solcher Rattenfänger geraten sind, sind sie verloren.“ Allerdings fügt er – zumindest für diese Stadt – eine beruhigende Nachricht hinzu: „Es gibt offenbar keine Leute aus Essen, die weg im Dschihad sind.“

Rüth führt dies in erster Linie auf das funktionierende Essener Netzwerk aus Schulen, Polizei, Ämtern, Politik und Wohlfahrtsverbänden zurück. Auch mit Verstaltungen wie der in der Weststadthalle zählt Essen – gemeinsam mit Dortmund – zu den Vorreitern in Sachen Vorbeugung.

Schulleiter: Enthauptungsvideos bei Schülern im Umlauf

Die Teilnehmer der Salafismus-Konferenz vertreten Dutzende Einrichtungen und Organisationen – auch zahlreiche muslimische Teilnehmer sind anwesend. Eine türkischstämmige Kommissarin gibt die Frage besorgter Mütter wieder: „Woran erkenne ich, dass sich mein Kind radikalisiert?“ Lamya Kaddor antwortet: „Zum Beispiel wenn sie nicht mehr in die Disko rennen, sondern sie plötzlich fünf Mal am Tag beten.“

Torsten Marienfeld, Leiter der Nelli-Neumann-Förderschule in Katernberg, berichtet sorgenvoll von Schülern, bei denen Enthauptungsvideos im Umlauf sind. „Wir müssen verhindern, dass hier der Humus entsteht, auf dem Salafismus gedeiht.“ Um muslimische Eltern besser aufzuklären, ist eine Folgeveranstaltung geplant – erneut mit Lamya Kaddor.