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Wie sich OB Paß und Kufen beim Kandidatenduell stritten

Wie sich OB Paß und Kufen beim Kandidatenduell stritten

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Foto: FUNKE Foto Services
Das einzige Duell zwischen OB Reinhard Paß und Herausforderer Thomas Kufen blieb inhaltlich blass. Der Auftritt zeigte aber, wie unterschiedlich die Kontrahenten sind.

Essen. 

Die Moderatoren kündigten es gleich zu Anfang an, und so kam es dann auch: Nur „antippen“ wollten sie die Reizthemen und Skandale der letzten Jahre, für allzu intensives Nachhaken erschien ihnen das Rededuell zwischen Oberbürgermeister Reinhard Paß (SPD) und CDU-OB-Kandidat Thomas Kufen wohl nicht als das richtige Forum. Wenn in der Sache folglich also nicht viel Neues kam, so bot sich den über 500 interessierten Bürgern bei „Essen kontrovers“ aber doch die Chance, Auftreten und Streitkultur jener beiden Politiker zu studieren, die die Oberbürgermeisterwahl am Ende unter sich ausmachen dürften.

Kufens Abgrenzungsstrategie gegenüber Paß ist seit Beginn des Wahlkampfs klar: „Ein Oberbürgermeister muss kommunizieren“, erklärt der 42-jährige Borbecker auch in der VHS. Mit regem Beifall zeigte das Publikum, dass dieser harmlos klingende Satz als das verstanden wurde, was er sein sollte: als Breitseite gegen Paß. Das Gespür fürs richtige Wort zur richtigen Zeit, das Überzeugen und Stiften von Loyalität zählen nach Meinung vieler Essener Akteure – darunter zahlreicher Sozialdemokraten – nicht zu den Stärken des OB.

Ein spöttischer Zug um Paß’ Mund: alles Gedöns, mag das heißen

Für Kufen hat das „weiche“ Thema Kommunikation zudem den Vorteil, dass er sich unbequeme konkrete Aussagen meint sparen zu können. In seiner Wahlkampfwelt werden fehlendes städtisches Geld und der Zwang zum Sparen oft einfach weggeredet – und zwar „gemeinsam mit allen Betroffenen“, was in den Köpfen weitere warme Bilder produzieren soll. Als Co-Moderator Ulrich Führmann nachfragt, wie er denn etwa beim Thema Sicherheit ein Mehr an Doppelstreifen finanzieren will, zieht Kufen sich auf den Instanzenweg zurück: „Die Stadtverwaltung muss dazu Vorschläge machen.“ Alles weitere folge dann schon, wenn er OB sei.

Nun ist geschickte Kommunikation wirklich eine wichtige OB-Tugend, die, wenn’s gut geht, Berge versetzen kann. Was der umgekehrte Fall anrichtet, wurde in diesen Tagen wieder klar, als Paß dem Essener Sport einen ruppigen offenen Brief zum Thema Sparpolitik schickte, der bei den Empfängern kalte Wut statt Einsicht produzierte. Paß verteidigte seinen Ton, wie er es als Techniker mit Abschluss Diplom-Ingenieurchemiker gelernt haben mag: mit Sachzwängen. „Wir brauchen aus Düsseldorf eine Genehmigung für den Haushalt, sonst kriegen wir die Gelder nicht frei. Wir BRAUCHEN es!“, ruft er laut beschwörend in den VHS-Saal. Und in dieser Lage erwarte er eben auch vom Sportbund „mehr Hilfe“, denn: „Kein OB, egal wer es ist, kann diese Realität ignorieren.“

Es ist dies der Kernsatz, mit dem Paß seinen Anspruch unterstreicht: Wenn der andere eh die selben finanziellen Bedingungen antrifft, dann könne er, Paß, doch auch gleich im Amt bleiben. Für den 59-Jährigen ist Politik eine nüchterne, fast naturwissenschaftliche Angelegenheit, ein Motor, mit Geld als Schmiermittel. Als Kufen wieder die „Kommunikation“ beschwört und dass man eben auch mit der Regierungspräsidentin reden müsse, schleicht sich ein spöttischer Zug um Paß’ Mund: alles Gedöns, mag das heißen.

Paß kanzelt Kufen nicht ohne Arroganz als „freien Künstler“ ab

Was ihn vom 42-jährigen Kufen unterscheide, sei eben seine lange, handfeste Berufserfahrung vor der OB-Zeit bei der Bergbautechnikfirma DMT, lässt Paß wissen. Den Landtagsabgeordneten und gelernten Bürokaufmann kanzelte er nicht ohne Arroganz als „freien Künstler“ ab, was Kufen mit dem Konter quittiert, nun verstehe er besser, warum Paß sich mit seiner Landtagskollegin, der Essener SPD-Vorsitzenden Britta Altenkamp so miserabel verstehe.

DemokratieAn solchen Stellen wurde ein Hauch von Generationenkonflikt deutlich. Hier der oft ironische, schlagfertige, mitunter auch allzu abgeklärt wirkende Jungpolitiker, dort der pragmatisch-rechtschaffene Sozialingenieur, der sich im Amt aufgerieben hat und seine Dünnhäutigkeit einige Mal in den Saal trägt. Als ihn Fragen erreichen, warum er sich nicht wie viele andere OB’s kostensparend bereits 2014 gemeinsam mit der Ratswahl zur Wiederwahl stellte, entfährt ihm der dröhnend selbstbewusste Satz: „Demokratiekosten kann ich immer rechtfertigen.“ Das empörte Hohnlachen ahndet der OB mit einem strengen: „Hören Sie doch zu!“, um hinzuzufügen: „Sie sind doch hier, um etwas zu erfahren, oder?“

Von den Moderatoren Führmann und Thomas Becker zu selten gebremst, kam Paß ungefähr doppelt so lang zu Wort wie Kufen. Es wirkte allerdings nicht so, als ob den Herausforderer dies sonderlich bekümmerte. Denn Paß verlor sich einige Male in recht langatmigen Strukturdebatten, während es Kufen – wie erwähnt – wohl gar nicht ratsam erschien, allzu sehr ins Detail zu gehen. Immerhin: Beim kurz angeschnittenen Thema EBE-Skandal und beim Komplex Stadttöchter ist es dann Kufen, der redet, während Paß hier einsilbig bleibt. „Weniger Geschäftsführer, mehr Kontrolle“, sei sein Ziel, meint der Herausforderer, der auch Selbstkritik übt: „Ich habe mich als Fraktionschef nicht früh genug um die Probleme bei der EBE gekümmert.“

Ein Fazit fällt nicht leicht. Doch als die Duellanten nach (zu langen) fast drei Stunden den inzwischen halbleeren Saal verließen, wollten nur sehr eingefleischte Freunde des OB einen Punktsieg für Reinhard Paß erkennen. Frank Stenglein

Die Essener OB-Kandidaten bei Abgeordnetenwatch