Insgesamt 2570 Bürger zogen 2013 vor das Sozialgericht Gelsenkirchen, das auch für Gladbeck zuständig ist, um gegen vermeintlich falsche Leistungsbescheide der Jobcenter zu klagen. Ganze 45 Prozent der Beschwerden endeten positiv für die Hartz-IV-Empfänger.
Gelsenkirchen.
Die Jahresbilanz am Gelsenkirchener Sozialgericht, das auch für Gladbeck zuständig ist, ist immer auch ein Spiegelbild des Sozialgefüges in der Gesellschaft. Dass „Hartz IV„ für viele Menschen zum Alltag geworden ist, spüren auch die 24 Richterinnen und Richter. 2570 Arbeitsuchende klagten, weil sie die Leistungsbescheide für ihre Grundsicherung für falsch oder unvollständig hielten. In 688 Fällen mussten die Richter im Eilverfahren über die Berechtigung der Klage entscheiden.
Mit einer Quote von 45 Prozent verlässt fast jeder zweite Hartz-IV-Bezieher das Gericht als Gewinner. Gerichtspräsidentin Silvia Fleck, glaubt nicht, dass die hohe Erfolgsquote der Bezieher von Grundsicherung mit mangelnder Bearbeitungssorgfalt in den Jobcentern zusammenhängt. Die Rechtslage sei sehr kompliziert. Silvia Fleck: „Die Anstrengungen in den Jobcentern sind sehr groß. Wir führen Gespräche mit den Sachbearbeitern und machen gute Erfahrungen damit.“
Bei Rechtsstreitigkeiten, die Renten-, Krankenversicherung, Sozialhilfe, Asyl- oder das Schwerbehindertenrecht betreffen, waren 40 Prozent der Kläger erfolgreich. Das Verhältnis zwischen Klageeingängen und Personalbestand stimmt längst nicht mehr. Die Aussagen der Politiker, dass die Klagewelle wieder zurückgehen werde, habe sich nicht bestätigt, sagt Silvia Fleck. Im letzten Jahr musste das Gerichtspersonal 9134 Verfahren bearbeiten, 462 mehr als 2012. Mit 8640 Verfahren konnten die Richter drei Prozent weniger abschließen als in 2012. Die Zunahme der Streitigkeiten, die noch nicht erledigt sind, könnte sich weiter fortsetzen.
Immer weniger Richter müssen immer mehr Fälle bearbeiten
„Der personelle Engpass“, klagt Silvia Fleck, „war noch nie so deutlich zu spüren wie jetzt.“ Und wenn zwei Richterinnen im Mai im Mutterschutz seien und ein abgeordneter Amtsrichter wieder zurück gehe, werde der Druck aufs Personal weiter zunehmen. Silvia Fleck: „Dann fehlen uns 2,6 Richterstellen.“ Der Prozess wird sich weiter fortsetzen. Immer weniger Richter müssen immer mehr Fälle bearbeiten.
Die Folge: Der Bestand an unerledigten Klagen wird zunehmen, die Kläger müssen länger auf eine Entscheidung warten. „Das kann nicht in unserem Interesse sein“ beklagt Silvia Fleck die Personalsituation. Aktuell sieht die Präsidentin keine Möglichkeit, den schleichen Prozess aufzuhalten. Sie hofft auf Unterstützung aus Düsseldorf: „Wir können nur vortragen und jammern, das Ministerium ist gefordert.“ Dennoch fällt ihr Leistungszeugnis gut aus: Die durchschnittliche Prozessdauer liegt bei nur zehn Monaten und 69 Prozent der Klagen sind innerhalb eines Jahres abgeschlossen.