AfD-Beben in Gelsenkirchen! In der Pott-Stadt ist die Weidel-Partei die stärkste Kraft. Vor allem im Industrie-Stadtteil Scholven machten die Menschen ihr Kreuz bei der AfD. DER WESTEN hat sich am Morgen nach der Bundestagswahl in Gelsenkirchen-Scholven bei den Anwohnern umgehört.
Gelsenkirchen ist eine AfD-Hochburg – die einzige in ganz NRW! Satte 24,6 Prozent, also etwa jeder vierte Gelsenkirchener, entschied sich bei der Bundestagswahl für die 2013 gegründete Rechtsaußen-Partei. Knapp dahinter folgte mit 24,1 Prozent die SPD (wir berichteten).
AfD kann Stimmen in Gelsenkirchen mehr als verdoppeln
Eine böse Klatsche für die SPD, die in Gelsenkirchen eigentlich stets die stärkste Partei war. Immerhin konnte der Gelsenkirchener Kandidat der Sozialdemokraten, Markus Töns, mit 31 Prozent die meisten Erststimmen und somit das Direktmandat für den Bundestag holen. Doch das dürfte nur ein schwacher Trost für die SPD sein. Währenddessen knallten die Sektkorken bei der AfD, die in Gelsenkirchen ihre Stimmen im Vergleich zur letzten Bundestagswahl mehr als verdoppeln konnten!
„Wir haben genug Probleme und die AfD-Wähler sind wohl der Meinung, die anderen Parteien können die nicht lösen. Doch ich glaube, die AfD kann das nicht. Um Gottes Willen“, betont Brigitte Plewa gegenüber DER WESTEN. Die 69-Jährige lebt bereits seit 1977 in Gelsenkirchen-Scholven. Und in dem von Industrie geprägten Stadtteil sahnte die AfD so richtig ab: In Scholven holte die AfD satte 33,42 Prozent der Zweitstimmen (wir berichteten hier). Die wenigstens Stimmen aus Gelsenkirchen bekam die Alternative für Deutschland in Buer-Ost (14,21 Prozent).
Unzufriedenheit und Arbeitslosigkeit als Gründe
„Ich habe die AfD nicht gewählt. Die ist mir zu rechts, aber ich sage mal so: Scholven ist kein Stadtteil, der gerade blüht. Hier gibt es viele Arbeitslose. Ich glaube, dass hier so viele die AfD gewählt haben, liegt an der Unzufriedenheit“, erklärt Wolfgang Boldt (67), der gerade mit seinem Hund in Scholven einen Spaziergang unternimmt. Er selbst würde die AfD nie wählen.
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Doch seine Ansicht teilt nicht jeder. Henriette Rückert ist in Scholven geboren. Auch wenn die 73-Jährige selbst ihr Kreuz bei der CDU gemacht hat, kann sie die Menschen verstehen, die ihre Stimme an die AfD gegeben haben. „Weil die Zustände hier immer schlimmer werden. Gucken Sie sich um. Es ist traurig. Wir verkommen hier im Dreck. Es wird auch nicht viel gemacht. Ich habe nichts gegen Ausländer, aber bitte benehmt euch. Wenn ich in ein fremdes Land gehe, dann benehme ich mich auch“, betont sie gegenüber DER WESTEN. Aus ihrer Sicht sei Gelsenkirchen-Scholven ein „Schandfleck“.
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„Die sagen vieles, was mir auf dem Herzen liegt“
Ähnlich sieht das auch Petra Fröhlich. Die 61-Jährige ist am Morgen nach der Bundestagswahl gemeinsam mit Henriette Rückert und ihren Hunden unterwegs. „Ich habe die AfD gewählt. Ich bin nicht rechts, aber die sagen vieles, was mir auf dem Herzen liegt“, erzählt sie. In Scholven fühle sie sich schon lange nicht mehr wohl. „Ich möchte hier eigentlich auch wegziehen, aber mein Verlobter nicht, sonst wäre ich hier weg“, sagt die Gelsenkirchenerin.
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Für die Zukunft wünsche sich Fröhlich eine Koalition zwischen der CDU und der AfD. „Das wäre mal etwas anderes“, findet sie. Doch dieser Wunsch wird der Hunde-Besitzerin wohl verwehrt bleiben. Die CDU und Friedrich Merz haben eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen – und das, obwohl die CDU kürzlich erstmals mit Stimmen der AfD im Bundestag die Mehrheit suchte.
Wie die Essener Bürger kurz vor der Wahl dazu standen, dass Merz mit AfD-Unterstützung ein Gesetz durchsetzen wollte, liest du hier.