- Am Landgericht Essen wird derzeit der Fall von Firat I. verhandelt
- Er soll seine Frau durch einen Autounfall auf der A42 bei Gelsenkirchen ermordet haben
- Vor Gericht ist seinem Anwalt Mustafa Kaplan am Mittwoch der Kragen geplatzt
Essen.
Firat I. aus Rotterdam soll im Februar dieses Jahres mit seinem Auto bei Gelsenkirchen absichtlich auf einen Lkw aufgefahren sein. Bei dem Unfall starb seine Frau. Wollte er sie durch den Unfall töten? Das soll vor dem Essener Landgericht geklärt werden, am Mittwoch war ein weiterer Verhandlungstag in der Sache.
Zu Anfang war Baran K. als Zeuge gehört worden. Ein Verwandter Firats, der als Gastronom in Saarbrücken arbeitet. Er berichtete davon, dass Firat und seine Frau einen Neuanfang in Deutschland starten wollten. Was bedeutet dieser Neuanfang in dem Zusammenhang? „Ich habe gemerkt, dass sie keine Perspektive mehr haben. Sie haben beide Arbeit gesucht und nicht gefunden“, antwortet Baran K. auf die Frage des Vorsitzenden Richters.
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Firats Anwalt, Mustafa Kaplan vertritt auch den türkischen Präsidenten Erdogan in dessen Prozess gegen Satiriker Jan Böhmermann. Kaplan sieht hoch fokussiert und hellwach aus, während der Zeuge spricht. Ganz im Gegensatz zu seinem Mandanten, der größtenteils unbeteiligt und in gewisser Art und Weise verstört wirkt. Nur hin und wieder wandert sein Blick zu Besuchern, die offenbar Angehörige sind.
Auch die Aussage einer Freundin von Firats Frau wurde verlesen. Sie hatte ausgesagt, dass die Verstorbene ihrem Ehemann die Adresse des Frauenhauses gegeben hatte, in das sie vor ihm geflüchtet war. Auch die Freundin war dort untergebracht. Sie sagt, Firat habe in Telefonaten gegenüber seiner Frau mehrfach Todesdrohungen ausgestoßen. „Ich bringe dich oder auch mich um“, soll er demnach gesagt haben.
Kurz vor Schluss dann der Knaller
Kurz vor Schluss der Verhandlung eröffnet die Vertreterin der Staatsanwaltschaft dann in Form eines Beweisantrages eine Neuigkeit, mit der so nicht zu rechnen war. Sie sagt, dass aus den Niederlanden die Verbindungsdaten der Handys von Firat und dessen Frau übermittelt worden sind. Zwischen dem 28. Januar und 3. Februar gab es demnach eine Vielzahl von Anrufen des Angeklagten in Richtung seiner Frau.
Ebenfalls geht daraus hervor, dass er nach dem letzten Telefonat noch mehr als eine Stunde in Amsterdam unterwegs war. Und nicht wie er früher behauptet hatte, sofort mit seiner Frau zu einem Eheberater nach Deutschland gefahren ist. Ein schwerwiegender Beweis, der aus Sicht der Staatsanwaltschaft die mutmaßliche Unglaubwürdigkeit Firats unterstreichen soll.
Nur ein Wort: „Übersehen.“
„Wann ist das gekommen?“ fragt Verteidiger Mustafa Kaplan. „Vor sieben Wochen“, antwortet die Staatsanwältin. Kaplan legt nach: „Und warum ist das erst jetzt vorgelegt worden?“ „Übersehen“, antwortet sie in einem Wort.
Jetzt geht Kaplan auf die Barrikaden. Kurz vor Ende des Verfahrens dürfte das eine durchaus schlechte Nachricht für ihn sein, auf die er sich wohl langfristig besser hätte einstellen können. „Ich bin jetzt wirklich sauer“, sagt er. „Ich möchte auf diesen Antrag schriftlich Stellung nehmen, damit die Staatsanwaltschaft Essen mal erklärt, wie das passieren kann. Es kann nicht sein, dass uns die Staatsanwaltschaft zum Narren hält. Ich bitte darum, uns Zeit zu geben, das erst mal zu verdauen.“ Weiter geht es voraussichtlich am 14. Oktober. Wir werden berichten.