Lange hat Mülheims Kämmerer Uwe Bonan weitergehende Wettverluste dementiert, nun sind sie da: Zu den bisher eingeräumten Wettverlusten gegen Commerzbank und West LB lassen sich nun zusätzliche Verluste von 4,4 Millionen Euro ausmachen. Der Gesamtschaden beläuft sich damit auf 15,26 Millionen Euro.
Mülheim.
4,4 Mio. Euro mehr Wettverluste als bisher eingeräumt – die Politik nahm diese äußerst verspätete Zwischenbilanz am Montag ungerührt zur Kenntnis. Dabei steckt in der neuen Verlustbilanz Brisanz.
Wie berichtet, hatte die Kämmerei Ende 2013 nach wiederholten Dementis doch eingestanden, dass die Verluste aus ihrer Wetterei gegen Commerzbank und West LB möglicherweise doch höher ausgefallen sein könnten als bis dato eingeräumt. Zuvor hatte Kämmerer Uwe Bonan auf wiederholte WAZ-Anfragen stets betont, dass die Stadt mit dem Abschluss sogenannter Festzinszahlerswaps lediglich Zinssicherungsgeschäfte getätigt habe – und zwar zu marktüblichen Konditionen. Davon, dass die Banken als Vertragspartner in diese Derivate Verluste aus Wetten eingepreist haben, von denen sich die Stadt dringend zu trennen hatte, könne überhaupt keine Rede sein. Zuletzt hatte Bonan WAZ-Fragen zu besagten Derivatgeschäften mehrfach unbeantwortet gelassen.
Mehr als 15 Mio. Euro verzockt
Nun steht fest: In diesen Geschäften, die erst peu à peu ans Tageslicht gekommen sind, stecken weitere gut 4,4 Mio. Euro Schaden. Laut Gutachten von Finanzmathematikern haben sich die Banken dabei nicht nur den frühzeitigen Ausstieg Mülheims aus verlustreichen Wetten bezahlen lassen. Die Gutachter stellen fest, dass sich die Stadt beim Ausstieg weitere Male hat über den Leisten ziehen lassen. So hätten die Banken die Stadt nicht darüber aufgeklärt, dass weitere Verlustrisiken einstrukturiert waren.
Richtig ist die Feststellung von Peter Beitz (FDP) schon: Die Stadt hat in der Aufbereitung des Wettdebakels einen guten Weg beschritten. Nun steht sie aber erst an der Stelle, wo eine Stadt wie Ennepetal, die bereits erfolgreich gegen die Banken geklagt hat, schon vor Jahren stand. Mülheim klagt auf vollen Schadenersatz. Die Aufbereitung ist alles andere als glatt gelaufen. Politik und Verwaltung haben sich äußerst schwerfällig fortbewegt. Transparenz: schwer zu erkämpfen. Am Ende üben Politik und Verwaltung den Schulterschluss – als wenn nichts gewesen wäre. Unerträglich! (Mirco Stodollick)
Mit den bisher eingeräumten Verlusten steht damit ein Gesamtschaden in Höhe von 15,26 Mio. Euro, den die Stadt bis heute verzockt hat. Unabhängig von der Frage, ob die Stadt vor Gericht vollen Schadenersatz geltend machen kann: Zwei verlustreiche Wetten laufen noch, eine risikoreiche Zehn-Jahres-Wette kann die West LB-Abwicklungsanstalt 2016 noch einseitig starten. Bonans vor Jahren geäußerte Überzeugung, das von ihm gewählte Ausstiegsszenario werde die Stadt auf keinen Fall jene 16,5 Mio. Euro kosten, die seinerzeit ein sofortiger Ausstieg gekostet hätte, ist mittlerweile von den Tatsachen widerlegt. Ohne Klageerfolg, darauf könnte man wetten, wird’s noch teurer.
Grüne und FDP wollen Gutachten einsehen
Die Politik machte all dies gestern nicht zum Thema. Lediglich Eva Weber (Grüne) deutete ihr Unverständnis an, warum nicht schon früher Finanzmathematiker eingeschaltet worden sind. Grüne und FDP wollen dieses Gutachten nun einsehen. Bisher ist es unter Verschluss. FDP-Fraktionschef Peter Beitz sieht aber auch Licht am Ende des Tunnels. „Bis heute sind wir eine guten Weg gegangen“, dankte er auch der Verwaltung für die Aufarbeitung des Wettdebakels hin zur Klage auf vollen Schadenersatz.