Mit digitalen Stromzählern wird viel Geld verdient. Verbraucher zahlen für Einbau und über die Stromrechnung – und profitieren kaum.
Berlin.
Der Zwangseinbau von digitalen Stromzählern wird die betroffenen Hausbesitzer teils richtig viel Geld kosten. Wenn umfangreiche Umbauarbeiten an der Hauselektronik nötig sind, kommen laut Quellen in der Branche schnell mehr als 1000 Euro zusammen. Am genauesten müsste das der Elektrohandwerks-Verband ZVEH wissen. Doch dort hieß es auf Anfrage, die Kosten seien pauschal nicht zu beziffern. Auch eine Durchschnittsangabe oder Schätzung wollte der Verband nicht treffen.
Die Einsilbigkeit verwundert wenig: Der Verband hatte, wie auch die Zählerhersteller und Teile der Energiebranche, für die Einführung Lobbyarbeit betrieben. Denn insgesamt winkt Umsatz im zweistelligen Milliardenbereich.
Zwangseinbau bei Verbrauch ab 6000 Kilowattstunden
Millionen Hausbesitzer und Haushalte müssen für den Einbau zahlen. Ab 2017 werden die Messstellenbetreiber bei Verbrauchern mit mehr als 10.000 Kilowattstunden Bedarf pro Jahr die digitalen Geräte installieren. Auch Besitzer von Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung über sieben Kilowatt sind dann betroffen. Das sind mehr als eine Million Fälle. Gleichsam müssen die Betreiber einer kleineren, aber neuen Grünstromanlage ein digitales Messsystem installiert bekommen; das wurde erst in letzter Minute in das Gesetz gebracht.
2020 folgt der Zwangseinbau bei allen Haushalten mit einem Verbrauch über 6000 Kilowattstunden, davon sind rund 2,5 Millionen Stromzähler betroffen. Derartige Strommengen werden in der Regel nur von Familien in einem größeren Haus erreicht. Ob auch bei kleineren Verbrauchern ein solches System installiert wird, entscheidet der Messstellenbetreiber. Gegen sein Votum können sich Verbraucher aber nicht wehren. In der Branche wird erwartet, dass dann Millionen weitere Haushalte dazukommen. Simple digitale Zähler ohne zusätzliche Funktionen, aber auch ohne hohe Kosten bekommen nach und nach alle Haushalte.
Dauerhafter Aufschlag auf Stromrechnung
Installation und Betrieb sind ein lukratives Geschäft. Die Kosten jenseits der selbst zu tragenden Umbauten im Haus, also für Gerät sowie Einrichtung und Betrieb des Zählers, bezahlen die Verbraucher allerdings über einen dauerhaften Aufschlag auf ihre Stromrechnung.
Bei einem Verbrauch zwischen jährlich 6000 und 10.000 Kilowattstunden sind das 100 Euro pro Jahr. Die Installationskosten, die ursprünglich auf alle Verbraucher umgelegt werden sollten und damit gleichmäßig und über einen längeren Zeitraum verteilt worden wären, kommen nun einmalig obendrauf und dürften gerade ärmere Hausbesitzer erheblich belasten.
Mehrwert für Verbraucher fraglich
Die Bundesregierung begründet die Einführung der intelligenten Messsysteme mit einer umstrittenen Kosten-Nutzen-Rechnung. Demnach haben Verbraucher einen Mehrwert durch die Geräte, weil sie ihren Stromverbrauch besser kontrollieren und neue, flexible Tarife wählen können. Der Nutzen ist jedoch umstritten, zahlreiche Pilotstudien stellen kaum Einsparungen nach Einbau der neuen Geräte fest. Der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Klaus Müller, kritisiert: „Es ist nach wie vor fraglich, ob sich diese Mehrkosten überhaupt über weniger Verbrauch und eine sinkende Stromrechnung kompensieren lassen.“
Auch die grüne Opposition im Bundestag ist alles andere als erfreut. „Obwohl das Gesetz schon seit Monaten vorliegt, beschließen Union und SPD jetzt kurz vor der Abstimmung noch einen Änderungsantrag, der für die Stromkunden weitreichende Folgen hat“, sagte Fraktionsvize Oliver Krischer. „Für uns ist klar, dass es keine ‚Zwangsbeglückung‘ mit Smart Metern für Haushalte geben darf“, sagte Krischer.
Eigentümer können sich nach Alternativen umschauen
Viele Hausbesitzer dürften die Zusatzkosten kalt erwischen. Drei Monate vorher muss der Messstellenbetreiber zwar darüber informieren, dass er den Einbau des digitalen Zählers plant. Ob dabei aber auch die möglichen Installationskosten schon transparent angekündigt werden, bleibt unklar. Empfehlenswert für Hausbesitzer ist es, sich nach einem alternativen Messstellenbetreiber umzuschauen, der Einbau und Betrieb häufig günstiger anbietet. Diese Möglichkeit sieht das Gesetz vor.