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Die Angst vor dem großen Stromausfall wächst

Die Angst vor dem großen Stromausfall wächst

Im Bonner Wissenschaftszentrum diskutierten Fachleute der Energiebranche über die Wahrscheinlichkeit des großen Stromausfalls. Kranke blieben im Fall eines Blackouts unversorgt, es könnte Lebensmittelengpässe geben. Das sei „Panikmache“, heißt es indes beim Stromriesen Eon.

Bonn. 

Deutschlands Stromkunden haben heute wenig Probleme mit Blackouts. Stromausfälle addieren sich im Jahr auf die Länge einer Zigarette. In Zukunft könnte das anders sein. Zwölf Stunden? Einen Tag oder gar zwei?

„Die Versorgung wird instabiler“, stellt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz fest. Es hat Handzettel gedruckt, auf denen der Bevölkerung Hinweise für die Vorbeugung gegeben werden. „Ein großflächiger und lang anhaltender Stromausfall käme in Deutschland einer nationalen Katastrophe gleich“, heißt es in einem Bericht für den Bundestag, den Experten erstellt haben.

Nur 20 Prozent der jungen Leute hätten im Notfall ein Radio

Mit allen Folgen: Kranke blieben unversorgt, Lebensmittel kaum zu beschaffen. An Geld und nicht einmal an Diesel wäre heranzukommen, denn die Ausgabe beider Waren passiert elektronisch. Fehlendes Diesel hingegen hat wiederum Auswirkungen auf die Stromversorgung. Ohne diesen Stoff funktioniert kein Notstromaggregat.

Im Bonner Wissenschaftszen­trum kamen am Montag Fachleute der Energiebranche, von Stadtwerken, Universitäten und Behörden zusammen, um über die Wahrscheinlichkeit des großen Stromausfalls zu reden und über Möglichkeiten, dem entgegenzuwirken. Das werde höchste Zeit, sagte dort der österreichische Autor Marc Elsberg („Blackout“).

Der Plot seines Thrillers komme dem eines Liebesromans nahe, sagt er: „Man merkt erst, was man gehabt hat, wenn es nicht mehr da ist“. Strom nämlich. So hätten allenfalls 20 Prozent der jungen Leute ein batteriebetriebenes Radio zur Hand, wenn die notwendigen Infos weder über Festnetz noch übers Handy hereingeholt werden könnten. Der Vorrat in den Kühlschränken sei nach wenigen Stunden nicht mehr genießbar. „Kaum ein Dialysezentrum in Deutschland verfügt über ein Notstromaggregat“, erzählt er. Das gelte auch für Pflegeheime.

Eon warnt vor „Panikmache“

Wie groß ist die Gefahr tatsächlich? Noch ist das spekulativ. Mehrere Momente kommen zusammen: Der Klimawandel, der Unwetter mitbringt. Die plötzliche Energiewende, die derzeit dazu führt, dass „unsere Netze nicht mehr zur Kraftwerksstruktur passen“, wie Eon-Manager Hubert Schwingshandl durchaus einräumt. Und schon seit einiger Zeit warnt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz vor einer Koppelung all solcher Einflüsse: Ärger im Netz und ein Schneesturm, bei dem, wie im Winter 2005, die Masten knicken – nichts ginge mehr.

Eon-Mann Schwingshandl warnt vor einer „Panikmache“. Anders als Unger hält er das Netz immer noch für „stabil“. Aber die Indizien für Probleme nehmen rasant zu. Nicht nur der Blackout von München am 15. November dieses Jahres hat darauf hingedeutet, obwohl die Ursache immer noch nicht ganz geklärt ist.

90 Mal mussten die Versorger in Nordostdeutschland in diesem Jahr schon Strom-steuernd in die Einspeisung regenerativer Energien eingreifen, um einen Netzzusammenbruch zu verhindern. Und im Ruhrgebiet machen die Stadtwerke Duisburg eine einfache Rechnung auf. Früher, da habe man Überkapazitäten gehabt. Nach der Stilllegung eines Kraftwerks sei das anders. Jetzt müssten die Duisburger von außen Strom beziehen.

Was unausgesprochen heißt: Mit all den Unsicherheiten.