Calgary.
Der Goldpreis ist mit 1600 Dollar pro Unze auf einem Rekordhoch – und im legendären Dawson City in Kanada suchen wieder Firmen und Abenteurer nach dem kostbaren Edelmetall. Wie Shawn Ryan, der am Yukon zum Multi-Millionär wurde.
Vor ein paar Jahren zog Shawn Ryan durch die Wälder Kanadas und sammelte Pilze. Er lebte in einer Wellblechhütte ohne Strom und fließend Wasser und musste jeden Cent zweimal umdrehen. Bis Ryan beschloss, sein Leben radikal zu ändern. Schließlich lebte er in Dawson City, jener alten Goldgräberstadt, in der es vor über 100 Jahren zum legendären Klondike-Goldrausch gekommen war.
Also besorgte sich Shawn Ryan einen Kredit der Regierung über 10.000 Dollar, kaufte sich Ausrüstung und begann zu suchen. Acht lange Jahre durchwühlte der Hobby-Geologe die geröllhaltigen Böden an den Mündungen von Yukon, Klondike und White River. „Ich ahnte, dass irgendwo noch tonnenweise Gold liegen muss“, sagte Ryan. Er buddelte tiefer, nahm mehr Bodenproben, steckte mehr Claims ab als andere Goldsucher. Die Geduld hat sich ausgezahlt.
Heute ist Shawn Ryan (48) Multimillionär. In den letzten acht Jahren fand er neue Gold-Vorkommen von schätzungsweise 500 Tonnen. Zweimal in Folge wurde er dafür zu Kanadas Goldsucher des Jahres gewählt. Einen Teil der Abbaurechte hat er mittlerweile verkauft, einen Teil verfolgt er mit Hilfe zahlungskräftiger Investoren selber weiter.
Zwei bis drei Tonnen Gold im Jahr werden derzeit im Yukon gehoben
Ryans Funde sind eine Sensation. Seit Ende des Goldrausches von 1896, den Jack London in seinem Roman „Lockruf des Goldes“ so eindrücklich beschrieb, galt die Gegend als annähernd leer geschürft. Zwar fanden Nostalgiker immer mal wieder größere und kleinere Nuggets. Doch nach größeren Vorkommen wurde kaum noch gesucht. Zwei bis drei Tonnen Gold im Jahr werden derzeit im Yukon gehoben, ein Bruchteil der Förderung in Kanada.
Das dürfte sich nun ändern. Die Funde von Ryans Firma „Ryanwood Explorations“ haben im Yukon einen neuen Goldrausch ausgelöst. Immer mehr Suchfirmen, Geologen und Prospektoren eilen in den Nordwesten Kanadas, um sich Claims zu sichern. Noch vor vier Jahren wurden um Dawson City nur 7500 neue Abbaurrechte abgesteckt – letztes Jahr schon 50.000. Im ganzen Yukon waren es 160.000 – so viele wie nie zuvor.
Die Arbeitslosigkeit ist gesunken, Jobs im Bergbau gibt es reichlich
Dieses Jahr erwartet Ryan bis zu 140 Mitbewerber. „Alle Firmen zusammen werden dieses Jahr über 250 Millionen Dollar in die Goldsuche investieren“, schätzt er. Letztes Jahr waren es laut der Yukon Chamber of Mines etwa 150 Millionen Dollar – fünf bis sechs Mal so viel wie zuvor in einem ganzen Jahrzehnt.
In Dawson City ist der Boom offensichtlich. Die Arbeitslosigkeit ist gesunken, Jobs im Bergbau gibt es reichlich. Jeden Tag fliegen Helikopter und Wasserflugzeuge von dem 2000-Einwohner-Ort in die Erkundungsgebiete. Grundstückspreise und Mieten steigen. Ein kleines Zimmer mit Bad auf dem Gang ist nicht mehr unter 700 Dollar zu bekommen.
Auch der weltgrößte Goldproduzent Newmont hat seine Augen auf den Yukon geworfen
In der Branche hat der neue Wettlauf um das Gold bereits zu millionenschweren Übernahmen geführt. Um nicht an Boden zu verlieren, hat sich auch Ryan Investoren an Bord geholt und die neue Firma „Ryan Gold“ gegründet. 65 Millionen Dollar will sie bis 2015 in die Suche stecken. „Jetzt geht es darum, sich möglichst viel Land in möglichst kurzer Zeit zu sichern“, sagt er. 85 000 Bodenproben will er dieses Jahr nehmen.
Ryan ist nicht allein. Das kanadische Bergbauunternehmen Kinross hat sich am White River eingekauft. Auch der weltgrößte Goldproduzent Newmont hat seine Augen auf den Yukon geworfen. Zwar hat noch kein neues Bergwerk geöffnet. Aber: „Ich rechne damit, dass wir in sechs bis sieben Jahren neue Goldminen im Yukon haben werden“, ist Ryan überzeugt. So lange dauert es, bis Machbarkeitsstudien verfasst, Kostenrechnungen aufgestellt und Umweltauflagen erfüllt sind.
Der steigende Goldpreis auf den Weltmärkten spielt den Prospektoren in die Hände. Hält dass Hoch an, dann lohnt sich das Geschäft so richtig. Einträglicher als Pilzesammeln ist es allemal.