Um Stromkosten zu sparen, schalten immer mehr Städte in NRW nachts ihre Straßenlaternen ab. Dabei wählen die Kommunen sehr unterschiedliche Wege. Hattingen etwa testet die dunklen Nächte nur in Gewerbegebieten, Duisburg dreht die Sicherungen aus Lampen an Straßen, die nur wenige Fußgänger nutzen. Anwohner und Wirtschaft sind nicht gerade begeistert.
Ruhrgebiet.
Weil die Kämmerer sparen müssen, bleiben in vielen Städten nachts Straßenlaternen ausgeschaltet. Die Verwaltungen wählen dabei höchst unterschiedliche Wege. Das Unbehagen von Bürgern und Unternehmen und Sicherheitsbedenken ob der Dunkelheit ist jedoch in allen Städten gleich.
Krefeld wollte der Vorreiter sein und begann im Juni 2012 damit, die Straßenlaternen an fünf Tagen in der Woche jeweils von 1.15 Uhr und 3.30 Uhr auszuknipsen. Um 225.000 Euro wollte die Verwaltung dadurch pro Jahr die Stromkosten senken. Fachleute hatten errechnet, dass jede Stunde mit 100.000 Euro zu Buche schlägt. Doch wer sparen will, muss erst einmal investieren. Und so steckte Krefeld erst einmal 249.000 Euro in die Umrüstung der Schalttechnik. Denn 22 Zebrastreifen im Stadtgebiet sollten nachts erleuchtet bleiben. Als aufwändig erwies sich auch die von der Straßenverkehrsordnung vorgeschriebene Kennzeichnung aller Laternenmasten mit roten Ringen. Sie signalisieren, dass die Lampen nachts nicht leuchten.
Rückzieher in Krefeld
Doch mit der schrittweisen Verdunkelungsaktion wuchs der Protest von Anwohnern. Im August 2012 zog Oberbürgermeister Gregor Kathstede die Reißleine, stoppte die Investitionen und verfügte, dass Krefelds nachts wieder flächendeckend hell erstrahlt. Eine Aktion, die der sich der CDU-Politiker eine heftige Schelte des Bundes der Steuerzahler in NRW einfing. „In Krefeld wurde Geld vergeudet“, sagt Sprecherin Andrea Defeld. „Dass nicht alle Bürger die Dunkelheit gut heißen werden, hätte die Stadt vorher wissen können.“ Dabei begrüßt der Bund der Steuerzahler die Nachabschaltung der Straßenbeleuchtung. „Das entlastet die Haushalte“, so Defeld.
Proteste wie in Krefeld gibt es auch in Hattingen. Dort testet die Stadt noch bis Juni die Nachtabschaltung der Lampen in drei Gewerbegebieten. Der dreimonatige Versuch ruft bereits die Industrie- und Handelskammer Mittleres Ruhrgebiet auf den Plan. „Wer wird denn die Verantwortung übernehmen, wenn irgendjemand zu Schaden kommt?“, fragt IHK-Geschäftsbereichsleiter Rouven Beeck. Ein Autohändler im nachtdunklen Hattinger Gewerbegebiet Ludwigstal meldet bereits einen Pkw-Diebstahl und nennt den Lampentest: „eine absolut lächerliche Nummer“.
IHK warnt vor Vandalismus und Diebstahl
Er ist nicht der einzige Skeptiker. Die IHK hat exemplarisch 122 Unternehmen, die im Gewerbegebiet Henrichshütte sitzen, befragt. „Mehr als die Hälfte äußerte massive Sorgen. Dabei spielte nicht nur die Furcht vor Vandalismus und Diebstahl eine Rolle“, so Beeck.
In Castrop-Rauxel läuft noch eine breite Diskussion über die Nachtabschaltung. Der EUV-Stadtbetrieb hat in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund ein Konzept aufgestellt, das interessante Zahlen enthält: Danach verbrauchen die 8400 Straßenlaternen in Castrop-Rauxel jährlich 2,1 Millionen Kilowattstunden Strom und produzieren 1260 Tonnen CO2-Kosten für die Stadt: rund eine Million Euro pro Jahr inklusive Wartung. 1287 Leuchten an wenig genutzten Wegen und an Straßenenden könnten nach dem vorliegenden Konzept abgebaut werden. Für die Umsetzung will sich Castrop-Rauxel bis 2016 Zeit lassen.
Duisburg dreht die Sicherungen heraus
In Duisburg bleibt es nachts auf ausgewählten Straßenabschnitten, auf denen kaum Fußgänger anzutreffen sind, bereits seit dem 29. April dunkel. Die Stadt spart sich aufwändige Umprogrammierungsarbeiten und ließ die Sicherungen aus zunächst 166 Straßenlaternen herausdrehen. Einspareffekt: 28 000 Euro pro Jahr.
In Dorsten macht sich indes Ernüchterung breit. Durch die Abschaltung von Laternen wollte die Stadt in diesem Jahr 30 000 Euro einsparen. Steigende Strompreise fressen den Effekt nach Berechnungen des Tiefbauamts allerdings nahezu auf. Unter dem Strich bleiben maximal 10 000 Euro übrig, hieß es jüngst im Bauausschuss.
Moers will stundenweise abschalten
In Moers sollen die Straßenlaternen ab 2014 von montags bis freitags jeweils zwischen ein Uhr und 3.30 Uhr im gesamten Stadtgebiet abgeschaltet werden. Ausnahme sollen Fußgänger-Überwege sein. Die Verwaltung erhofft sich von der Verdunkelungsaktion jährliche Einsparungen in Höhe von 86 000 Euro. Für die Umprogrammierung des Netzes und die Herausnahme der Fußgänger-Überwege muss sie allerdings nach Angaben eines Stadtsprechers einmalig rund 50 000 Euro in die Hand nehmen.
Dimmen will dagegen die Nachbarstadt Kamp-Lintfort ihre Nachtbeleuchtung. In Lampen mit mehreren Birnen soll eine herausgedreht werden.
Panne zum Start in Bad Berleburg
In Bad Berleburg sollen die Laternen von Mitternacht bis fünf Uhr in der Früh erlöschen. In den Ortsteilen Alertshausen und Wunderthausen wird das Stromsparprojekt derzeit getestet. Den Start im April musste der Versorger RWE allerdings erst einmal wegen technischer Probleme abbrechen. Im September soll die Testphase enden und ausgewertet werden. Auf die Ergebnisse aus Bad Berleburg warten auch Erndtebrück und Bad Laasphe, die ebensfalls über Sparmaßnahmen bei der Straßenbeleuchtung nachdenken.