Der Bochumer Wohnungsriese Vonovia will die Deutsche Wohnen schlucken. Der Mieterbund warnt vor weiterem Konzentrationsprozess und Mieterhöhungen.
Bochum.
Der Branchenprimus Vonovia aus Bochum kündigte an, die Deutsche Wohnen in Berlin, die Nummer zwei im Land, übernehmen zu wollen. Stimmen die Aktionäre der Deutsche Wohnen am 28. Oktober dem Angebot zu, würde durch den 14 Milliarden Euro schweren Deal ein neuer Moloch mit einer halben Million Wohnungen entstehen.
Auf Seiten der Mieter löst die Übernahmeschlacht Unruhe aus. „Mieter profitieren in der Regel nicht von diesen Transaktionen“, sagte Silke Gottschalk, Geschäftsführerin des Mieterbundes NRW, dieser Redaktion. Schon nach der Fusion von Deutscher Annington und Gagfah sei es unlängst zu Mieterhöhungen gekommen.
Wohnungsriesen spielen Monopoly
Es ist das Monopoly-Spiel von Wohnungsriesen. Es geht um bis zu 14 Milliarden Euro, Hunderttausende Mieter in ganz Deutschland und die Vormachtstellung in der Immobilienbranche, die dank historisch niedriger Zinsen boomt.
„Der allgemeine Trend setzt sich fort. Es gibt immer weniger Wohnungsgesellschaften und die werden immer größer“, sagt Silke Gottschalk. Schon der Plan der Deutschen Wohnen in Berlin, die Düsseldorfer LEG zu schlucken, hat der Mieterschützerin wenig behagt. Das Angebot des Bochumer Marktführers Vonovia, die Nummer zwei Deutsche Wohnen zu übernehmen, lässt die Alarmsirenen beim Mieterbund indes noch lauter schrillen. Er befürchtet nicht nur steigende Mieten. „Entsteht hier ein Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung?“, fragt Gottschalk.
NRW-Markt steht im Fokus
Dreh- und Angelpunkt des Mietwohnungs-Monopoly ist NRW. Von ihrem Angebot an die LEG hat sich die in Berlin und Ostdeutschland starke Deutsche Wohnen versprochen, einen Fuß nach NRW zu setzen. Die Vorbereitungen für die Fusion sind weit gediehen, das Kartellamt hat bereits zugestimmt. Doch als Konzernchef Michael Zahn vor einigen Tagen Skepsis bei zahlreichen Investoren einräumte, denen der Deal mit der LEG erst noch zu erklären sei, witterte Vonovia Morgenluft. Mindestens 30 Prozent seiner Aktionäre, sagte Vorstandschef Rolf Buch am Mittwoch, stimmten mit denen der Deutsche Wohnen überein. Und so setzte er zu einem beispiellosen Störmanöver an, um die Fusion von Deutsche Wohnen und LEG zur Nummer zwei der Branche in letzter Minute zu verhindern.
„Der Preis für die LEG ist aus unserer Sicht zu teuer“, gibt sich Buch im Werben um die Anteilseigner der Deutsche Wohnen selbstbewusst. Das Ergebnis der Vonovia sei dreimal besser als das der LEG. Auf der „Plattform“ des Bochumer Konzerns könnten Aktionäre eine höhere Dividende erwarten. Dafür, fordert Buch, müssten sie die Übernahme der LEG ablehnen. Der Hintergrund ist klar: Mit ihren 110.000 Wohnungen ist die ehemalige Landesentwicklungsgesellschaft LEG zum allergrößten Teil in NRW vertreten, wo auch die Vonovia mit 125.000 Einheiten ein starkes Standbein hat.
„Die Investoren mögen keine zu starke Konzentration auf eine Region. In NRW sind wir ja schon sehr präsent. Deshalb geht es uns vor allem um ein ausgewogenes Portfolio“, sagt Vonovia-Vorstand Klaus Freiberg im Gespräch mit dieser Redakion. Bei ihren Zukäufen haben sich die Bochumer in jüngster Vergangenheit deshalb auf Bremen, Kiel, Hamburg und Süddeutschland konzentriert. Mit der Deutsche Wohnen unter dem Konzerndach würde sich dann auch der Markt im Osten mit dem boomenden Mietmarkt Berlin für sie öffnen.
Aktionäre der Deutsche Wohnen müssen zustimmen
Sollten die Aktionäre bei der Hauptversammlung am 28. Oktober dem Angebot der Vonovia folgen, würde an Rhein und Ruhr alles beim alten bleiben. „Die Mischung aus LEG, Vivawest, Vonovia und den großen kommunalen Anbietern hat sich in NRW bewährt und gut entwickelt. Bei den Investitionen tut sich einiges“, meint Vonovia-Vorstand Freiberg.
Bei der LEG wollte man sich am Mittwoch nicht zu dem Störmanöver aus Bochum äußern. In der Vergangenheit hatte der Vorstand immer wieder betont, dass die LEG in NRW und angrenzenden Gebieten allein, also ohne Partner wachsen könne und wolle. Diese Strategie, hieß es immer wieder, werde vom Kapitalmarkt begrüßt.
Zentrale soll im Ruhrgebiet bleiben
Mit Spannung blickt die Branche nun auf die Hauptversammlung der Deutsche Wohnen am 28. Oktober. Welcher Deal dann zum Zuge kommen wird, entscheiden die Aktionäre, die eine Mehrheit von 75 Prozent zustande bringen müssen.
Bei der Suche nach einem Standort für die neue Vonovia-Zentrale ist der Konzern noch nicht fündig geworden. „Wir wollen in Bochum bleiben, aber wenn wir hier keine passenden Angebote bekommen, sind Essen oder Gelsenkirchen auch Optionen“, sagte Vorstand Klaus Freiberg dieser Redaktion. Die Verwaltung in Bochum ist zu klein geworden. Auch nach der Übernahme der Deutsche Wohnen solle der Sitz des Dax-Konzerns im Revier bleiben.