Mini-Blockheizkraftwerke (Mikro-KWK) für Eigenheime gewinnen an Marktanteil. „Wir sind an der Schwelle zur Wirtschaftlichkeit“, sagt RWE. Eigentümer Josef Graé hat es geglaubt und lässt in seinem Keller Strom produzieren.
Waltrop.
Josef Graé ist rundum zufrieden. Im Keller seines Dreifamilienhauses in Waltrop surrt ein neues Kraftwerk. „Hört sich doch schön an, oder?“ Etwa zwei Jahre hat der Tierarzt das Thema Blockheizkraftwerk beziehungsweise Mikro-KWK (Kraft-Wärme-Koppelung) unter die Lupe genommen und sich immer wieder die Frage gestellt, ist das die zukunftsweisende Lösung, um das eigene Haus warm und hell zu bekommen? „Ich war sehr skeptisch, bis ich mich entschieden habe“, sagt Graé mit Blick auf das gut ein Meter hohe Blockheizkraftwerk – das aber gar nicht ihm, sondern dem Energieversorger RWE gehört.
Für die Dortmunder RWE-Tochter Effizienz ist es ein neuer Markt. Der Versorger arbeitet bei den Geräten mit einem namhaften und traditionsreichen Hersteller aus dem Ruhrgebiet zusammen und mit dem Kunden, der sich für ein fremdes Kraftwerk im eigenen Keller entscheiden mag. Der Vorteil für Graé: „Ich muss mich um nichts kümmern.“ 5000 Euro Investitionszuschuss hat der Waltroper zur Anlage dazugegeben und für die kommenden zehn Jahre einen „Rundum-Sorglos-Vertrag“ abgeschlossen. Erzeugt wird die Energie in der Regel in seinem Keller. Für jede bei ihm im Haus erzeugte Kilowattstunde (KWh) bekommt er einen Bonus von 0,5 Cent pro KWh. Nimmt Graé sie auch selbst ab, gibt es noch einmal einen Cent mehr Nachlass. Fällt das Minikraftwerk einmal aus, springt eine Brennwerttherme ein, damit es keine kalte Dusche gibt.
Kraft-Wärme-Koppelung werden bei Sanierung von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit zinsgünstigen Darlehen und seit 2011 einem Zuschuss in Höhe von 5 Prozent der Anschaffungskosten gefördert.
Das Prinzip eines Mikro-KWK: Das Kraftwerk kann mit verschiedenen Energien betrieben werden. Die Zukunft könnte der sehr effizienten Brennstoffzelle gehören. Im Beispiel wird der Motor mit Erdgas betrieben und erzeugt Strom, der selbst genutzt oder ins öffentliche Netz eingespeist werden kann. Die Abwärme wird für den Heizbetrieb genutzt.
Das besonders Reizvolle für den Energieversorger und Netzbetreiber RWE ist noch ein anderer Punkt. Graé hat einen 900 Liter Wasserspeicher im Keller. Ein richtig dickes Ding, das bis unter die Decke reicht und im Grunde für das Haus überdimensioniert ist.
Warmwasserspeicher als Netzpuffer
Im Speicher steckt Intelligenz in Form eines besonderen Wärmetauschers, der immer dann anspringt, wenn es im Netz zu „heiß“ wird und wie ein Tauchsieder warmes Wasser erzeugt. Wenn beispielsweise viel Wind- oder Photovoltaikstrom eingespeist wird und die Spannung im Netz grenzwertig wird, dient der Wasserspeicher in Graés Keller also als Puffer und entlastet so das Stromnetz.
Wann das ist, ist dem Hausbesitzer völlig wurscht, denn gesteuert wird das System von RWE. Wegen dieser intelligenten Anbindung an das öffentliche Stromnetz, ist neben dem KWK eine Menge Elektronik im Keller verbaut. Eine Controllingbox und natürlich ein intelligenter Zähler, der das Mikro-Kraftwerk nach Bedarf steuert – Smart Metering nennt sich das.
Alternative bei Modernisierung
Blockheizkraftwerke gibt es bereits seit Jahren auf dem Markt – mittlerweile auch ausgereift für den Privatkunden bis hin zum Einfamilienhausbesitzer. „Wir stehen jetzt an der Schwelle zur Wirtschaftlichkeit“, sagt Björn Gropengießer, bei RWE-Effizienz Projektleiter Mikro-KWK.
20 kleine Kraftwerke wie das von Josef Graé hat RWE in NRW nach eigenen Angaben bereits am Netz, 50 sollen es bis Ende des Jahres noch werden. Auch für 2013 sei diese Größenordnung vorgesehen.
Die ersten Anbieter wie die Hamburger Lichtblick sind bereits seit Jahren im Markt, aber flächendeckend durchgesetzt hat sich das Mikro-KWK noch nicht. RWE sieht es dank mittlerweile ausgereifter Technik als beste Modernisierungskomponente für den alten, ineffizienten Heizkessel. Bei einem Neubau mit deutlich geringerem Verbrauch biete sich eher eine Wärmepumpe an, es sei denn, es schließen sich mehrere Bauherren zusammen, um Kraft-Wärme-Koppelung zu nutzen. Läuft der Vertrag, im Fachjargon „Contracting“ zwischen RWE und Graé nach zehn Jahren aus, kann der Hausbesitzer bestimmen, wie es weiter geht. Abschalten und abbauen oder das heute noch fremde Kraftwerk im eigenen Keller ganz auf eigene Rechnung weiter betreiben – dann allerdings auch mit allen Wartungskosten, die aktuell bei rund 100 Euro im Monat liegen dürften.