Der Essener Energiekonzern will die jahrzehntealten Anlagen nachrüsten und mit Ökostrom versorgen. Die Idee von RWE: Der Strom wird nicht zu starr festgelegten Zeiten in der Nacht verbraucht, sondern dann, wenn der Wind weht oder die Sonne scheint. Verbraucherschützer sprechen von einer „Mogelpackung“.
Essen.
Ihr Ruf ist reichlich ramponiert. Eigentlich sollten sie bald in vielen Wohnungen ausrangiert werden. Doch der Energiekonzern RWE arbeitet daran, die so gut wie totgesagten Nachtspeicheröfen wiederzubeleben. Der Versorger will die jahrzehntealten Heizungen sogar nutzen, um die Energiewende voranzutreiben. „Windheizung“ nennt RWE ein Nachtspeicher-Projekt, das bei 50 Kunden in Essen getestet wurde. Der ökologische Nutzen der Anlagen, die oft mit Atom und Asbest in Verbindung gebracht werden, soll wohl im Vordergrund stehen.
„Wir plädieren nicht für den Neubau von Stromspeicher-Heizungen, sondern für eine Nachrüstung der bestehenden Anlagen“, sagte Norbert Verweyen, Geschäftsführer der RWE-Effizienztochter. Die Geräte sollen mit moderner Technik ausgestattet werden und bevorzugt Ökostrom verbrauchen. Die Neuerung: „Der Strom wird nicht zu starr festgelegten Zeiten in der Nacht verbraucht, sondern dann, wenn der Wind weht oder die Sonne scheint.“ An den Heizungen werde eine Schaltbox angebracht, die Kontakt zur RWE-Zentrale hat. So gelangen Informationen zu Preis und Verfügbarkeit von Öko-Energie direkt in die Wohnungen der Verbraucher.
„Ein gewisser Preisvorteil“
„Die Technik funktioniert. Wenn sich das Projekt auch wirtschaftlich rechnet, gehen wir 2014 damit auf den Markt“, kündigte Verweyen an. Als Anreiz für die Kunden will RWE „einen gewissen Preisvorteil“ bieten: „Denkbar wäre ein Nachlass in Höhe von rund zehn Prozent zum regulären Nachtspeichertarif.“
Die Strombranche sucht händeringend nach Energiespeichern, um die schwankenden Strommengen aus Windkraftwerken nutzen zu können. „Zeitweise wissen wir nicht mehr, wohin mit dem Strom. Daher ist es so wichtig, dass es Energiespeicher gibt“, erklärte der RWE-Manager. „Nachtspeicher-Heizungen wären auch eine Alternative zu herkömmlichen Systemen wie Pumpspeicher-Kraftwerken.“
Manuel Frondel, Energieexperte des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) lobte den Ansatz von RWE. „Das kann durchaus eine Lösung sein, um überschüssigen Windstrom sinnvoll zu nutzen“, sagte er. In Dänemark gebe es bereits zahlreiche Haushalte, die mit Windstrom beheizt werden.
„Das ist eine Mogelpackung“
Udo Peters von der Verbraucherzentrale NRW äußerte sich dagegen kritisch zu den RWE-Plänen. Das Etikett „Windheizung“ kommentierte er mit den Worten: „Das ist eine Mogelpackung. Wo der Überschuss-Strom herkommt, kann RWE gar nicht wissen.“ Angesichts steigender Preise werde es „wirtschaftlich immer uninteressanter“, Nachtspeicher weiterzubetreiben.
Zum Jahreswechsel will RWE die Preise für Wärmestrom um bis zu 17 Prozent erhöhen. Wettbewerb in der Branche gibt es kaum. In den 70er-Jahren galten Nachtspeicher als zukunftsweisend, da sie den aus heimischer Kohle gewonnenen Strom nutzten, um für eine warme Wohnung zu sorgen. Mittlerweile sind Nachtspeicher die Dinosaurier unter den Heizungen. Nach aktueller Gesetzeslage müssten bis zum Jahr 2019 alle Nachtspeicher-Heizungen in Mehrfamilienhäusern – immerhin rund 20 Prozent der Anlagen in Deutschland – ausgebaut werden, sagte RWE-Manager Verweyen. „Angesichts der aktuellen Diskussion in der Energiewende über notwendige Speicher wäre es sinnvoll, das geplante Verbot für intelligente Speicherheizungen auf den Prüfstand zu stellen.“