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Was der Milliarden-Deal mit Air Products für Evonik bedeutet

Was der Milliarden-Deal mit Air Products für Evonik bedeutet

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Foto: WAZ FotoPool
Umgerechnet rund 3,5 Milliarden Euro will sich der Essener Chemiekonzern Evonik den Kauf einer Sparte des US-Konzerns Air Products kosten lassen.

Essen. 

Die Erwartungen waren hoch. Schon seit Monaten hat sich das Management des Essener Chemiekonzerns Evonik nach geeigneten Übernahmezielen umgeschaut. Spekulationen zum Kauf der Konkurrenten DSM und Clariant machten die Runde, aber Ergebnisse gab es lange Zeit nicht. Nun sind Evonik-Chef Klaus Engel und Strategie-Vorstand Christian Kullmann fündig geworden. Wenige Tage vor der Hauptversammlung in der Essener Grugahalle kündigten sie die größte Firmenübernahme seit Gründung von Evonik an.

3,8 Milliarden US-Dollar in bar, umgerechnet rund 3,5 Milliarden Euro, will sich Evonik den Kauf einer Sparte des US-Konzerns Air Products kosten lassen – zur Hälfte bezahlt aus Eigenmitteln, zur Hälfte über Banken. Der Zukauf soll den Revierkonzern, der momentan seinen Schwerpunkt in Europa hat, vor allem in Amerika, aber auch in Asien verstärken. Außerdem will Evonik seine Abhängigkeit vom Geschäft mit Zusatzmitteln für Tiernahrung verringern.

Der Geschäftsbereich von Air Products, um den es bei der Übernahme geht, stellt mit 1100 Mitarbeitern Zusatzstoffe für Lacke, Beschichtungen und Industriereiniger her. Bei einem Umsatz von umgerechnet knapp einer Milliarde Euro erwirtschaftete die Sparte einen Gewinn von deutlich mehr als 200 Millionen Euro. Zum Vergleich: Evonik erzielte mit 33 500 Beschäftigten zuletzt einen Umsatz von 13,5 Milliarden Euro und ein operatives Ergebnis von knapp 2,5 Milliarden Euro.

„Strategisch und finanziell sehr lohnende Übernahme“

Bei einer Dienstreise in die USA machten Engel und Kullmann die Verträge mit Air Products unterschriftsreif. Der Evonik-Aufsichtsrat gab in einer außerordentlichen Sitzung grünes Licht für den milliardenschweren Zukauf. Die Übernahme soll den Evonik-Konzern in seiner Substanz stärken. Kullmann betonte, mit dem zusätzlichen Wachstumspotenzial in Amerika werde das Revierunternehmen, das aus den Konzernen RAG und Degussa entstanden ist, weniger abhängig von konjunkturellen Schwankungen in Europa. „Wir haben diesen Konzern auf Chemie konzentriert, an die Börse gebracht und mit kleinen und mittleren Zukäufen gestärkt“, sagte er. „Jetzt machen wir den nächsten Schritt mit einer größeren, aus unserer Sicht strategisch und finanziell sehr lohnenden Übernahme.“

Der Zukauf soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden und wirke sich voraussichtlich schon im nächsten Geschäftsjahr positiv auf das Ergebnis je Aktie aus. Evonik erwartet durch die Transaktion auch Steuervorteile in Höhe von umgerechnet rund 437 Millionen Euro. Zudem sollen jährlich Kostenvorteile von etwa 70 Millionen Euro entstehen – unter anderem in der Verwaltung in den USA. In Deutschland beschäftigt die betroffene Sparte von Air Products lediglich rund 50 Mitarbeiter.

„Mehr Stabilität, Wachstum und zukunftssichere Arbeitsplätze“

Bei den Arbeitnehmervertretern in Deutschland kommen die Expansionspläne für Evonik gut an. „Wir haben immer darauf gedrängt, dem Druck von Analysten auf schnelle Zukäufe nicht nachzugeben und stattdessen eine belastbare, gut abgewogene Entscheidung zu treffen“, schrieb Gesamtbetriebsratschef Ralf Hermann in einem Brief an die Mitarbeiter. „Wie es scheint, ist diese Akquisition geprägt von Realismus und Augenmaß. Wir begrüßen diesen wichtigen Schritt, der dem Konzern und seinen Mitarbeitern mehr Stabilität, Wachstum und zukunftssichere Arbeitsplätze verspricht.“

Strategie-Vorstand Kullmann, der auch das Ressort für Unternehmenskäufe führt, fädelte die Transaktion maßgeblich ein. Es zeichnet sich immer mehr ab, dass der 47-jährige Kullmann in absehbarer Zeit Klaus Engel, der kürzlich 60 Jahre alt geworden ist, als Evonik-Chef ablösen wird. Der Aufsichtsrat berief Kullmann nun zum stellvertretenden Vorsitzenden des Vorstands – mit sofortiger Wirkung.

Engel ließ bei dieser Gelegenheit durchblicken, dass ein reibungsloser Übergang zu erwarten ist. „Ich habe seinerzeit Christian Kullmann sehr für den Vorstand und nun als meinen Stellvertreter empfohlen“, betonte er. „Unseren erfolgreichen Kurs werden wir in gewohnter vertrauensvoller Zusammenarbeit fortsetzen.“